Die Klinik Kitzinger Land soll schöne, schwarze Zahlen schreiben. Doch ist die Klinikdienste-GmbH dafür der richtige Weg?
Ihre Kittel sind hell türkisfarben. Dadurch unterscheiden sich die Mitarbeiter der "Klinikdienste Kitzinger Land GmbH" von den weiß gekleideten Krankenschwestern und Pflegern. Das ausgebildete Pflegepersonal in Weiß wird nach TVöD (Tarifvertrag öffentlicher Dienst) bezahlt, die geringer qualifizierten Kräfte in Türkis nach einem niedrigeren Tarif. Die Patienten in der Klinik Kitzinger Land werden künftig immer öfter Türkis sehen.
So weit die nackten Fakten. Wenn es um den sensiblen Bereich Krankenhaus geht, sind aber auch viele Emotionen im Spiel. Diese führten in Kitzingen nicht nur zu einem anonymen Brief an Stadt- und Kreisräte, sondern auch zu einem offenen Brief der ödp-Kreistagsgruppe. Heidemarie Gold und ihre Kollegen bezweifeln, dass die Art und Weise, wie das Tochterunternehmen "Klinikdienste GmbH" seine Arbeitskräfte dem Mutterhaus - also der Klinik - überlässt, rechtmäßig ist. Sie fordern, das "Sparen auf dem Rücken des Personals" zu beenden und "wieder sozialverträgliche Beschäftigungsverhältnisse unter den Bedingungen des TVöD anzubieten".
Das jedoch lehnt der Vorstand der Klinik ab. Thilo Penzhorn sagt, er sehe keinerlei Rechtsbruch in der Arbeitnehmerüberlassung und ohnehin sei es höchste Zeit für Reformen, die die Arbeit im Krankenhaus effizienter machen - auch kosteneffizienter. Die Klinik habe 30 Jahre lang "Pflege nach einem anderen Konzept" betrieben. "Doch nun zwingt uns das System zur Sparsamkeit." Er versuche, ein modernes Management zu generieren; "ein Qualitätsmanagement", betont Penzhorn.
Am liebsten würde er alle patientenfernen Tätigkeiten in eine reine Service-GmbH auslagern. "Wenn die gut ausgebildeten Pflegekräfte von pflegefernen Leistungen entlastet sind, haben sie auch mehr Zeit für die pflegerische Kerntätigkeit." Penzhorns Ziel ist es, nur noch 70 Prozent examiniertes, also ausgebildetes Pflegepersonal zu haben und 30 Prozent Servicekräfte, die sich zum Beispiel um Krankentransport, Reinigung und andere Hilfsleistungen kümmern. Derzeit beträgt die Quote noch 85 zu 15. "Wir haben noch zu viele Pflegekräfte", resümiert Penzhorn. Es solle zwar keine Kündigungen geben, aber durch natürliche Fluktuation und das Nicht-Ersetzen von Ruheständlern sollen Pflegestellen eingespart werden.
Und durch neue Strukturen. Die "Klinikdienste Kitzinger Land GmbH" wurde 2007 als Tochtergesellschaft der Klinik Kitzinger Land gegründet, um - ganz legal - steuerliche Vorteile auszunutzen. Die Klinik selbst ist seither ein Kommunalunternehmen des Landkreises und schreibt schwarze Zahlen. Das tut nur die Hälfte aller deutschen Kliniken. Penzhorn freut sich: "Wir hatten 2013 ein Rekordergebnis, was die Patienten anging, und wir liegen auch finanziell ganz gut. Das Geld bleibt ja bei uns im Haus, wir sind nach wie vor gemeinnützig." Sowohl für medizinische Innovationen werde Geld gebraucht - "wir wollen eine führende Klinik bleiben" -, als auch für die laufende Sanierung des Hauses. "Hier haben wir einen erheblichen Eigenanteil zu leisten."
"Wir sind nicht der Vorhof zur Hölle"
Der 51-Jährige, der seit gut 14 Monaten Klinikvorstand in Kitzingen ist, sieht sein Unternehmen
- "und nichts anderes ist eine Klinik" - auf dem richtigen Weg. Er findet, dass Heidemarie Gold in ihrem offenen Brief die Realität verzerrt. Tatsächlich befinde sich gerade einiges im Umbruch: "Wir eruieren, welche Prozesse man effektiver und effizienter machen könnte." Wenn sich Gewohntes ändert, führe das bei manchen Menschen einfach zu Unmut. Es gebe aber im Prinzip gar keinen Grund zum Klagen. "Wir sind hier nicht der Vorhof zur Hölle."
Penzhorn untermauert seine Worte mit Zahlen: Während im bundesdeutschen Durchschnitt zehn Patienten auf eine Pflegekraft kommen, seien es in Kitzingen nur neun. "Erst ab einem Wert von 15:1 spricht man von gefährlicher Pflege, also von Gefahr für die Patienten. Von solchen Szenarien sind wir meilenweit entfernt." Auch in der Nacht seien die Stationen keineswegs unterbesetzt. Eine Krankenpflegekraft könne nachts die Verantwortung für bis zu 32 Patienten tragen - das sei deutsche Durchschnittsnorm; in Kitzingen kämen derzeit im Schnitt 20 Patienten auf eine Schwester. "Auch hier müssen wir noch anpassen."
Früher hätten examinierte Pflegekräfte Nachttöpfe ausgeleert, Wasser ausgegeben, Auffüllarbeiten erledigt und Patientenbetten durch die Gegend geschoben. Solch "pflegeferne" Tätigkeiten erledigen derzeit insgesamt 50 Mitarbeiter der Klinikdienste-GmbH, die sich 29 Vollzeitstellen teilen.
Die Auslagerung bestimmter Arbeiten auf "billigere" Kräfte sei wirtschaftlich unumgänglich, betont Penzhorn. Viele andere Krankenhäuser hätten das schon längst getan. Er und seine Kollegen seien dabei, "mit bestem Wissen und Gewissen neue Strukturen zu schaffen, mit denen die Patienten sicher und gut betreut werden".
Gegen "ganz normale Stresstage" sei freilich kein Kraut gewachsen. Von einer dauerhaften Überlastung des Pflegepersonals könne jedoch keine Rede sein. "Das, was wir momentan tun, dient ja auch dem Zweck, sowohl Über- als auch Unterlastung zu vermeiden."
Ein Zwei-Klassen-Personal, wie von Heidemarie Gold kritisiert, sieht der Vorstand nicht: "Unterschiedliche Leistungen werden unterschiedlich bezahlt. Das ist doch überall so."
INFO Wer, wie, was: Die Klinikdienste-GmbH
Tochtergesellschaft: Die "Klinikdienste Kitzinger Land GmbH" wurde 2007 als Tochtergesellschaft der Klinik Kitzinger Land gegründet. Das Krankenhaus wurde damals ein Kommunalunternehmen des Landkreises. Vor der Gründung der GmbH war der Vertrag mit der damaligen Reinigungsfirma ausgelaufen. Deren gut 20 Mitarbeiter wurden in der Klinikdienste-GmbH übernommen.
Service-Leistungen: Als wenig später die Caféteria in Eigenregie betrieben werden sollte, wurde das Personal dafür ebenfalls über die Klinikdienste-GmbH angestellt. Nach und nach kamen weitere Bereiche hinzu (Hol-/ Bringdienst, Serviceleistungen).
Kosten: Der Einsatz der Klinikdienste-Mitarbeiter senkt die Personalkosten. Beispiel: Mit den rund 47.000 Euro, die eine Krankenschwester pro Jahr kostet, können zwei bis zweieinhalb Servicekräfte beschäftigt werden. Während das alteingesessene Team nach TVöD bezahlt wird, sind die Konditionen für die GmbH-Mitarbeiter schlechter; ihnen liegt der DGB-Tarifvertrag für Zeitarbeit/ Bundesarbeitsgemeinschaft der Personaldienstleister zugrunde. "Alle verdienen über Mindestlohn", betont Klinikvorstand Thilo Penzhorn.
Aktuell: 50 Mitarbeiter, der Großteil Frauen, sind mittlerweile bei der Klinikdienste-GmbH angestellt. Die Allermeisten haben einen Teilzeit-Job, putzen, arbeiten in der Caféteria, helfen auf Station oder beim Krankentransport.