"Jo" Reuther ist seit 40 Jahren Taxifahrer

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Lenkrad und Fahrzeugcockpit sind seit mehr als 40 Jahren der Arbeitsplatz von Walter Reuther. Foto: G. Bauer
Lenkrad und Fahrzeugcockpit sind seit mehr als 40 Jahren der Arbeitsplatz von Walter Reuther.  Foto: G. Bauer

"Jo" Reuther fährt Taxi. Und das seit 40 Jahren. Er hat die wilden Zeiten miterlebt, als schwarze und weiße Amerikaner nicht zusammen in sein Auto stiegen. Heute ist es ruhiger geworden. Auch an Heiligabend.

Das Taxi von Walter "Jo" Reuther ist auch am Heiligabend unterwegs. An besonderen Tagen, wie den Weihnachtsfeiertagen, sind er und seine Kollegen immer für die Kunden da. Reuther schon seit 40 Jahren.

Nach dem Abitur kam Reuther zunächst zur Bundeswehr. Dann wurde er überraschend von einem Fahrerkollegen gefragt, ob er dessen bestehendes Taxiunternehmen übernehmen wolle. Reuther überlegte nicht lange und sagte zu. "Es war damals eine sehr lukrative Zeit", erinnert er sich. Die Zeiten haben sich geändert. Auch das Taxigeschäft hat viele Veränderungen mitgemacht.

Eine speziell Kitzinger Entwicklung hat Reuther hautnah miterlebt. In den 70er Jahren gehörten die Amerikaner zu den potenten Kunden. Die meisten waren zur Zeit des Vietnamkrieges nur kurze Zeit in Deutschland und hatten keine Zivilfahrzeuge dabei. Sie waren auch Dank des für sie sehr günstigen Dollar-Wechselkurses ein wahrer Glücksfall.

Nie gemeinsam in ein Taxi

Allerdings war auch damals nicht alles eitel Sonnenschein. Wie die meisten seiner Kollegen weiß Reuther von den damaligen Rasseproblemen zu erzählen, als schwarze und weiße Amerikaner trotz Taxi-Knappheit niemals in das gleiche Taxi einstiegen oder die gleichen Gaststätten besuchten. "Das war damals nicht ganz ungefährlich", erzählt er. Allerdings hat sich diese Aufregung längst gelegt. Die Zeiten sind viel ruhiger geworden. Auch für die Taxifahrer in Kitzingen.

Dennoch: Mit dem Abzug der Amerikaner kam es - entgegen der landläufigen Meinung - zu keinem großen Einbruch im Taxigeschäft, berichtet Reuther. Die Amerikaner, die zunächst von einem hohen Dollarkurs profitierten und von den billigen Transportmöglichkeiten eher überwältigt waren, mussten gegen Ende ihrer Zeit in Kitzingen erfahren, dass ihr Dollar wegen Kursverfalls nicht mehr viel wert war. "Und bei den Soldaten herrschte eher Geldknappheit." Sie überlegten genau, ob sie sich eine Taxifahrt überhaupt leisten konnten.

Da Amerikaner aus Kitzingen zuletzt jeweils für ein Jahr in Kuwait oder im Irak stationiert wurden und nur die Wacheinheiten blieben, hatten die Kitzinger Taxiunternehmer zwei Jahre Zeit, um sich an das nachlassende Geschäft zu gewöhnen. "Von einstmals 33 Taxen in Kitzingen blieben bis heute 22", erzählt Reuther. Ein Grund sei das Ausscheiden älterer Fahrer. Allerdings bewege sich die Stadt im Rahmen der Faustregel, wonach ein Taxi für rund 1000 Einwohner bereitstehe. Damit entspreche die Zahl der Fahrzeuge in etwa der Einwohnerzahl.

Einschneidende Veränderungen

Zu den einschneidenden Veränderungen zählt Reuther das so genannte Kostendämpfungsgesetz im Gesundheitswesen, das zu Beginn der 80er Jahre eingeführt wurde. Danach durften Kranke nur noch mit ansteckenden Krankheiten oder im Liegendtransport mit Sanitätsfahrzeugen befördert werden. Alle anderen sollten das Taxi nehmen.

Für die Taxiunternehmer bedeutete das die Abkehr vom reinen Bargeschäft. Kranke, die regelmäßig gefahren wurden, beispielsweise zur Dialyse, wurden gegen Monatsrechnung transportiert. Dafür kamen die Krankenkassen, die Knappschaft, die Rentenversicherung oder andere Versicherungen auf.

Neben den Krankenfahrten mit Versicherungen als Kostenträger kamen mit dem Linientaxi und dem Anrufsammeltaxi in den letzten Jahren weitere Transportaufgaben hinzu, wenngleich die großen Fahrten wie das Abholen ziviler US-Fahrzeuge in Bremerhaven der Vergangenheit angehören. Allenfalls Abholungen nach Autopannen oder Fahrten zu Reha-Aufenthalten gebe es außerhalb der Routine, denn auch spontane Fahrten zu den US-Standorten Giebelstadt und Schweinfurt seien Vergangenheit. Auf Krankenfahrten haben sich zudem örtliche Taxi-Unternehmen im Landkreis eingerichtet, ebenso Unternehmen, die Reisende gezielt zu Flughäfen transportieren. Doch "Jo" Reuther kann sich auf seine Stammkunden verlassen - auch an Weihnachten. Per Funk wird er angefragt und gibt Gas. Feiertagsruhe kennt der Taxifahrer nicht.