Hugo Weiglein tritt nicht mehr für Kitzinger Stadtrat an

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Auf Schusters Rappen: Hugo Weiglein tauscht seine Anzug- gegen Wanderschuhe. Fotos: Diana Fuchs
Auf Schusters Rappen: Hugo Weiglein tauscht seine Anzug- gegen Wanderschuhe.  Fotos: Diana Fuchs
Da geht's lang: Statt politischen Wegen sucht Weiglein künftig landschaftlich schöne Pfade.
Da geht's lang: Statt politischen Wegen sucht Weiglein künftig landschaftlich schöne Pfade.
 
Mehr Zeit: Eva und Hugo Weiglein freuen sich auf den Ruhestand.
Mehr Zeit: Eva und Hugo Weiglein freuen sich auf den Ruhestand.
 
Fingerzeig: Hugo Weiglein im Kitzinger Stadtrat.
Fingerzeig: Hugo Weiglein im Kitzinger Stadtrat.
 
Prosit - auf die neue Freizeit.
Prosit - auf die neue Freizeit.
 
 
 

Es reicht. 24 Jahre als CSU-Stadtrat sind genug, findet Hugo Weiglein - und kandidiert nicht mehr. Statt auf lange Sitzungen freut er sich auf noch längere Wander-Touren. Im Interview verrät er, welchen Kollegen er Respekt zollt, wie man seiner Meinung nach auch im zersplitterten Kitzinger Stadtrat Mehrheiten finden kann - und warum er Oberbürgermeister Siegfried Müller einfach nur für einen "freundlichen Menschen" hält.

Herr Weiglein, wo werden Sie künftig Ihre Donnerstagabende verbringen?
Entweder daheim im Lese-Sessel oder im Garten - allerdings ist da meine Frau Eva der Chef. Vielleicht werde ich auch an der Frankfurt School sein, wo ich schon einige Zeit als Dozent arbeite. Und sicher werden Eva und ich viel unterwegs sein, sobald ich Mitte 2014 auch beruflich kürzer trete. Wir beide wandern sehr gern und freuen uns zum Beispiel schon riesig auf sechs Wochen Jakobsweg.

Ins Rathaus zieht es Sie also nicht mehr?
Sagen wir so: Nach 24 Jahren ist es Zeit, mal andere ranzulassen. Unter alten Eichen wächst nichts. Jetzt sind in der Kitzinger CSU junge Leute da, die bereit sind, sich einzubringen. Das freut mich und macht es mir leicht aufzuhören.

Die Jungen könnten aber bestimmt von Ihren vielfältigen Erfahrungen in der komplizierten Kitzinger Stadtpolitik profitieren.
Vielleicht. Vor allem aber müssen die Jungen selbst ihre Erfahrungen machen. Sie müssen selbst erkennen, wo das Gas und wo die Bremse ist - und wo die Kupplung.

Die Kupplung - die Verbindung der einzelnen Gänge, sprich Fraktionen - hängt in Kitzingen schon lange. Früher hat man leichter geschaltet, oder?
Ich erinnere mich sehr gern an die Zeit, als ich mit Dr. Erwin Rumpel zusammen angefangen habe, Stadtpolitik in Kitzingen zu machen. Damals lief alles auf Hochtouren - Nordtangente, Feuerwehrhaus, der Startschuss für den Mainkai... Wenn Rumpel morgens eine Idee hatte, bekam man mittags schon einen Vorschlag für deren Umsetzung.

Warum läuft das heute anders?
Die atmosphärischen Störungen im Stadtrat sind zu groß. Man muss denen dankbar sein, die nicht viel sagen und sich nicht von lauten Tönen beirren lassen, aber zielgerichtet eine Mehrheit suchen. Ohne Weitsicht gelingen bestimmte Sachen nicht!

Fehlt diese Weitsicht in Kitzingen?
Es ist einfach so: Man muss vorher mal mit den Menschen sprechen. Man muss Mehrheiten suchen, auch über Fraktionsgrenzen hinweg, sonst wird die Abstimmung zum Glücksspiel. Das ist gerade auch für den Oberbürgermeister eine Aufgabe.
Es ist ein echtes Problem, dass jetzt schon sehr lange keine vertrauensvolle Basis im Rat existiert. Der Stadtrat zerfällt in immer mehr Gruppen. Und je zersplitterter dieser Stadtrat ist, desto schwerer wird die Mehrheitsbildung.

Eines wird jeder Unparteiische anerkennen: Sie selbst haben immer versucht, in der Sache zu streiten und nicht einzelne Personen anzugreifen.
Das habe ich versucht, ja. Wir verbrauchen durch unsere Stadtratspolitik zu viel Personal! Wenn man sich die Wechsel in den letzten Jahren anschaut, wird das ganz deutlich. Es ist einfach keine Art, Menschen öffentlich an den Pranger zu stellen - oftmals ganz ohne Hintergrund, dafür mit Hintergedanken. Es wäre doch viel sinnvoller, aufeinander zuzugehen, nachzufragen, Vertrauen aufzubauen - auch außerhalb der Sitzungen.

Trotz teilweise kontraproduktiver Sitzungen hat sich in Kitzingen in den letzten Jahren aber doch einiges zum Guten gewendet. Oder sehen Sie das anders?
Nein, das stimmt schon: Der Schallraum ist zu groß - aber das Ergebnis der Stadtpolitik ist durchaus sehenswert. Die 1250-Jahrfeier war für mich der erste Lackmustest für Kitzingen. Beim großen Festumzug damals ist Kitzingen quasi aufgestanden und hat gezeigt, was es kann und was in dieser Stadt letzten Endes steckt. Bei der Kleinen Gartenschau hat sich der Erfolg wiederholt. Die Konversion ist ein großes Stück weit gelöst. Kitzingen ist schön - gerade auch Dank Mitarbeitern wie Hilmar Hein und Stadtgärtner Johannes Lindner. Wenn diejenigen, die für das Gemeinwohl arbeiten, sich zusammentun, dann geht auch was. Ich hoffe, dass die Leute das bei der nächsten Wahl berücksichtigen.

Gibt es Kollegen, die Sie besonders beeindruckt haben - auf welche Art auch immer?
Zum Beispiel finde ich das, was Andrea Schmidt in der Siedlung geleistet hat, wie die sich einsetzt und die Bürger mitnimmt, sehr anerkennenswert. Und an Klaus Christof fasziniert mich die Energie, die er aufbringt, das muss ich sagen. Er hat auch gute Ideen, aber leider führt er oft Menschen vor.

Bitte vervollständigen Sie folgende Satzanfänge: Siegfried Müller ist....
...ein freundlicher Mensch, findet aber keine Mehrheiten für eine zielführende Politik.

Stefan Güntner wäre...
...ein junger, "unverbrauchter", neugieriger Oberbürgermeister.

Die Fraktionen im Stadtrat müssten ...
...
darauf bedacht sein, mehr das Gemeinwohl im Blick zu haben.

Die Zuhörer in den Ratssitzungen sind...
... geduldige Menschen.

Die Stadt Kitzingen hat...
...hervorragende Qualitäten, die nach außen hin noch wesentlich mehr kommuniziert werden können, wie das auf Neudeutsch heißt.

Wenn Sie zwei Wünsche frei hätten - einen für sich selbst und einen für die Stadt: Welche wären das?
Die Krönung für die Stadt wäre die "Entente florale"-Goldmedaille auf europäischer Ebene. Für mich selbst würde ich mir nur eins wünschen: Gesundheit.


Reiter, Wanderer, Politiker


Privat:
Hugo Weiglein ist auf einem landwirtschaftlichen Hof in Geesdorf aufgewachsen. Nach dem Abitur verbrachte er seine Bundeswehrzeit bei den Gebirgsjägern. Mit seiner Frau Eva, einer gebürtigen Berlinerin, lebt der Rechtsanwalt seit vielen Jahren in Kitzingen. Die beiden haben drei Töchter. Hugo Weiglein liebt die Bewegung in freier Natur, er wandert und reitet gern. Sobald er Zeit hat, liest er auch viel.

Politisch: Hugo Weiglein gehört seit 24 Jahren zum Kitzinger Stadtrat. Er war zudem viele Jahre lang Orts- und Fraktionsvorsitzender der Kitzinger CSU. Nun kandidiert er nicht mehr.