Kinder verbrennen oder verbrühen sich schneller, als Eltern schauen können. Die Freiwillige Feuerwehr Kitzingen informiert über mögliche Gefahren.
Es sollte ein richtig schöner Familien-Ausflug werden. Claudia Dittrich freute sich: Eine Shopping-Tour mit ihrer Schwester und den Kindern war angesagt, an jenem sonnigen Junimorgen im Jahr 2011.
"Die drei Kinder waren schon fertig angezogen", erinnert sich die Bürokauffrau aus dem Casteller Ortsteil Wüstenfelden. Die Tasche mit all den Sachen, die man für Kinder so braucht, stand gepackt im Flur. Die beiden großen Geschwister sprangen ausgelassen herum, die elf Monate alte Mia saß im Maxi-Cosi, bereit zur Abfahrt. "Ich bin dann nochmal schnell in die Küche gegangen, um irgendwas zu holen", berichtet die 37-Jährige. Was das genau war, weiß sie nicht mehr. Denn kaum hatte sie die Küche betreten, hörte sie Schreie. "Mia hat plötzlich gebrüllt wie am Spieß, ich bin sofort losgerannt." Auf den ersten Blick fiel Claudia Dittrich gar nichts Schlimmes auf.
"Aber als ich sie rausnehmen wollte, hab' ich gespürt, dass ihr Jäckchen nass und warm war."
Siedend heiß wird der Mutter klar: Mias Körper ist verbrüht. Der dreijähriger Bruder hatte die Thermosflasche aus der Wickeltasche geholt. Das noch fast kochende Wasser, mit dem unterwegs Mias Fläschchen zubereitet werden sollte, hatte die Kleine erwischt.
"Ich hab' das schreiende Kind mitsamt Body unter die Wasserleitung gehalten", schildert Claudia Dittrich die ersten Minuten nach dem Unfall. "Mias Haut war ganz rot."
Die junge Mutter versucht, ruhig zu bleiben. Mit Kühlakku, Brandsalbe und ihren brüllenden Kindern - "die Geschwister waren auch ganz durch den Wind" - düst sie zum nächsten Arzt. "Dort hat es mich fast umgehauen.
Ich hab' geheult, als ich Mias Körper gesehen habe: Vom Oberarm über die Brust bis zum Bauch eine einzige Brandblase."
Mia musste schnellstmöglich ins Krankenhaus. In der Missio-Kinderklinik nahm man ihr unter Narkose die verbrannte Haut ab. "Mia bekam zuerst einen Spezialverband, ihre Herzfrequenz und die Sauerstoffsättigung ihres Blutes wurden ständig kontrolliert." Zuerst dachten die Ärzte an eine Hautverpflanzung; dazu wird an anderen Körperstellen Eigenhaut entnommen und auf die verbrannte Stelle aufgebracht. "Bei Mia hätte das aber nicht so gut funktioniert, weil sie Neurodermitis und noch viel Milchschorf hatte." In der Uni-Kinderklinik, wo die Kleine weiter behandelt wurde, entschied man sich deshalb dafür, es mit einer thermischen Spezialbehandlung und Narben-Kompressionstherapie zu versuchen.
Im Klartext: Mia bekam spezielle Verbände und, als die Wunde nicht mehr nässte, eigens für sie angefertigte Kompressionskleidung. Über zwei Jahre lang musste sie diese hautenge Kleidung ständig tragen.
Mia ist heute eine fröhliche Dreijährige, die sich in den vergangenen Monaten so langsam von ihren "Zwangsjacken" verabschieden durfte. Lachend zeigt sie Besuchern die Modelle, die sie getragen hat: Von der winzigen, grauen Spezialweste fürs Baby bis hin zum rosafarbenen Kleinkindbody.
Dass Mia ein so unbeschwertes Kind geworden ist, freut auch ihren Kinderarzt Dr. Stephan Küntzer. Er sagt, Claudia Dittrich habe nach dem Unfall bestmöglich reagiert: "Ganz wichtig ist, die Stelle gleich zu kühlen; allerdings nicht unter 15 Grad Celsius, also mit lauwarmem Wasser." Gegen die Schmerzen könne man den Kindern Ibuprofen oder Paracetamol als Saft oder Zäpfchen geben.
Bei jeder größeren Brandverletzung gilt: "Immer zum Arzt!"
Bei kleineren Brandwunden empfiehlt Dr. Küntzer homöopathisch zunächst Belladonna, bei Blasenbildung auch Apis und bei leichten Schockzuständen Aconitum. "Blasen nicht eröffnen, da sie eine sterile Wundabdeckung gewährleisten!", mahnt der Kinderarzt. "Sollte die Wunde aufgehen, muss sie steril verbunden werden."
Aus heiterem Himmel Da Brandunfälle und Verbrühungen oft aus heiterem Himmel geschehen, nutzte auch die Kitzinger Feuerwehr den "Tag der brandverletzten Kinder" am Freitag, um Eltern und ihre Sprösslinge für das Thema zu sensibilisieren. Markus Ungerer und Holger Dubowy-Schleyer, Kommandant und Brandschutzfachmann der FFW, verteilten in den Kindergärten Info-Broschüren in vielen Sprachen.
"Gerade mit Kids kann natürlich immer etwas passieren, man kann leider nicht alles verhindern. Aber die groben Fehler kann man vermeiden", legt Ungerer Eltern und Erziehern ans Herz. "Flüssiganzünder beim Grillen ist zum Beispiel tabu."
Noch einmal zu Sr. Gertrud Familie Dittrich wird Mias Unfall sicher nie vergessen. Aber das akute Kapitel kann am Montag abgehakt werden: Nach zweieinhalb Jahren Behandlung findet dann Mias Abschlussuntersuchung statt. Ihre Eltern sind sehr dankbar dafür, dass heute nur noch eine Narbe am Schultergelenk an das Unglück erinnert. "Die Ärzte und Schwestern haben einen tollen Job gemacht", sagt Claudia Dittrich. "Und ich selbst weiß zwar, dass ich den Unfall nicht hätte verhindern können.
Aber ich bin jetzt doppelt vorsichtig."
Kerzen, Spiritus, Rauch: Heute ist Mahn-Tag
Verbrannt und verbrüht: Jedes Jahr müssen allein in Deutschland mehr als 30.000 Kinder unter 15 Jahren mit Verbrennungen und Verbrühungen ärztlich versorgt werden.
Hilfe: Um auf die Folgen von thermischen Verletzungen im Kindesalter, deren Behandlung, die Unfallgefahren und die Erste Hilfe aufmerksam zu machen, ruft "Paulinchen - die Initiative für brandverletzte Kinder e.V." jährlich am 7. Dezember zum bundesweiten "Tag des brandverletzten Kindes" auf. Info: www. tag-des-brandverletzten-kindes.de
Brandschutzerziehung: Die Kitzinger Feuerwehr bietet Schulen und Kindergärten seit Jahren an, sie bei der Brandschutzerziehung zu unterstützen.
Brandschutzfachmann Holger Dubowy-Schleyer und Kommandant Markus Ungerer wollen Lehrer, Eltern und Kinder für die "Fallen" sensibilisieren, die im Alltag lauern. "Wir sind Feinde von Verboten", sagt Ungerer. Altersgerecht - und gern auch im Feuerwehrhaus - sollen Kinder an Gefahren herangeführt werden.