Plötzlich ruft einer: "Massenstart!" Alle bringen ihre Copter zum Startplatz und melden "armed!", flugbereit. "Drei, zwei, eins, go!" Wie Riesenhornissen heben die Drohnen ab. Jeder Pilot versucht, sein Fluggerät möglichst schnell durch die Hindernisse zu steuern.
Zusammenstöße bleiben nicht aus. "Wenn der Copter nicht mehr flugfähig ist, muss man auf den Platz laufen und ihn holen - das ist der 'Walk of Shame'", erklärt Informatiker Benjamin Hertrich. "Reparaturen sind unser täglich Brot." Wilhelm Klein lacht und nickt. Der Technologie-Ethiker aus Castell hat die vergangenen Jahre in Hongkong verbracht und dort seinen "Doctor of Philosophy" gemacht. "In China gibt es schon eine richtige Racer-Szene", sagt der 30-Jährige, der im Reich der Mitte einen regelrechten Bastel-Spleen entwickelt hat. "Sachen zu modifizieren, gehört einfach dazu."
Das sieht Marvin Lang genauso. "Marv", der 32-jährige Bautechniker und Zimmermann aus Ochsenfurt, verbringt viele Tage und Nächte damit, seine Ausrüstung zu perfektionieren. "Ich hatte schon immer komische Hobbys", sagt er grinsend und zeigt seine Brille und die Fernsteuerung, Funke genannt. Mittels Wassertransfer-Druck hat er beides in Kunstwerke verwandelt, die einer neuen "Star-Trek"-Generation Ehre machen würden. Um auch die Technik zu optimieren, bastelt er Einzelteile zur Not selbst oder per 3D-Drucker.
Ob Wackler an der Hardware oder kleine Fehler in der Software: "Der Marv macht so lange rum, bis alles super läuft", sagt Wilhelm Klein. Im Gegensatz dazu könne man zwar auch "Ready to fly"-Copter kaufen. Viel besser sei es aber, sein Fluggerät selbst zu bauen. "Nur dann versteht man im Detail, wie alles funktioniert."
Medizinstudent André Karmatschek aus Helmstadt bestätigt das. Der 24-Jährige ist als Jugendlicher GoKart gefahren und hat gern Videospiele gezockt. Seine Auge-Hand-Koordination ist offenbar hervorragend, denn er fegt durch den Casteller Track, dass seine Kumpels nur so staunen. Vielleicht wird André heuer sogar einen Titel bei der Deutschen Meisterschaft holen.
Kein Leistungssport, sondern eine "Freizeitbeschäftigung mit Suchtpotenzial" ist Drone-Racing für Stefan Hartung. Der Rausch der Geschwindigkeit - bis zu 150 km/h können die Copter schaffen - sei nur das Eine. Ebenso schön sei, dass das Hobby ganz unterschiedliche Menschen zusammenbringe. "Schüler, Studenten, Arbeiter, Hochschulabsolventen - wir vertreten alle die gleiche Ethik. Mit Ausspionieren oder Grenzen missachten haben wir nichts am Hut und distanzieren uns von schwarzen Schafen, die einfach überall rumheizen." Rücksicht sei das A und O, ebenso wie eine extra Haftpflichtversicherung. "Die muss jeder Pilot haben. Nur sagt einem das kaum ein Copter-Verkäufer."
André Karmatschek und seine Racing-Freunde sind selbstverständlich versichert. André liebt den Rennsport. Manchmal genießt er es aber auch einfach nur, die Welt aus einer anderen Perspektive zu sehen. "Man kann sich wie ein Jet-Pilot fühlen und es gibt dabei keine direkte Gefahr für Leib und Leben. Das schätzen auch viele ehemalige Extremsportler am Drone-Racing." Gleichzeitig fliegen und in einem Campingstuhl sitzen - welcher andere Sport kann das bieten?
Deutsche Meisterschaft: Beim letzten Wertungsrennen 2018 starten die Piloten dieses Wochenende in Stettfeld (Haßberge). Infos: www.aircrasher.de/races