Bilder zeigen: Gaffer werden immer dreister

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Bei einem schweren Verkehrsunfall auf der A 3 bei Schlüsselfeld am Freitag, 28.07.2017, sorgten schaulustige Verkehrsteilnehmer auf der Gegenfahrbahn für einen Stau.
Dreiste Gaffer beim tödlichen Unfall in Schlüsselfeld
Berthold Diem

Unglaubliche Bilder, die unser Fotograf beim tödlichen Unfall auf der A3 gemacht hat. Ein Lkw-Fahrer nahm bei laufendem Verkehr beide Hände vom Steuer, um zu fotografieren.

Dass Verkehrsunfälle Neugierige anlocken, ist kein neues Phänomen. Im Zeitalter von Smartphones aber scheint die Würde von Unfallopfern weniger geschützt denn je.

Hinzu kommt, dass Menschen, die mit ihrem Handy das Unfallgeschehen fotografieren, massiv in den Verkehr eingreifen – und dabei häufig auch die Rettungsdienste behindern. Die Politik will sogenannten Gaffern jetzt mit Strafanzeigen und höheren Bußgeldern begegnen.

Fürchterliche Bilder bot der Unfall am Freitag auf der A 3 zwischen den Anschlussstellen Schlüsselfeld (Lkr. Bamberg) und Geiselwind (Lkr. Kitzingen), bei dem ein Familienvater ums Leben kam. Seine Frau und sein Sohn schweben in Lebensgefahr. Schlimm aber auch die Szenen, die sich auf der Gegenfahrbahn in Richtung Süden abspielten. Jede Menge Schaulustige fotografierten und filmten beim Vorbeifahren die Unfallstelle, so dass sich der Verkehr bis in 15 Kilometer Länge zurückstaute.

Selbst Kinder halten mit dem Handy drauf

Fotograf Berthold Diem, der unter anderem auch für diese Redaktion arbeitet, hat das Treiben der Gaffer auf mehreren Bildern dokumentiert. Da sieht man Auto- und Lkw-Fahrer, die aus dem geöffneten Fenster heraus mit dem Handy das Unfallgeschehen ablichten und sich „daran ergötzen“, wie Diem sarkastisch bemerkt. Zudem hätten auch Frauen auf dem Beifahrersitz und selbst einige Kinder auf dem Rücksitz im Vorbeifahren mit dem Handy draufgehalten.

Als besonders dreist bewertet der Fotograf das Verhalten zweier Brummifahrer, die beim Vorbeifahren beide Hände vom Lenkrad ihres Lkw nahmen, „um ihr Smartphone beidhändig bedienen zu können“. Da müsse man froh sein, dass kein weiterer Unfall passiert ist.

Test mit mobilen Sichtschutzwänden

Derweil kündigte die Polizei an, sie werde prüfen, inwieweit gegen die Gaffer auf der A 3 ermittelt werden kann. Wie Diem berichtet, hätten die Beamten in ihrer Not an der Unfallstelle selbst ein Stativ mit einer Handykamera aufgebaut, die in den Gegenverkehr gerichtet war. So sollten weitere Schaulustige von ihrem Tun abgeschreckt werden. An der A 9 und der A 6 wollen die Autobahnmeistereien künftig bei schweren Unfällen den Einsatz mobiler Sichtschutzwände testen.

Die Behörden sind seit dem schrecklichen Busunglück mit 18 Toten Anfang Juli auf der A 9 bei Münchberg (Lkr. Hof) einmal mehr stark für das Thema sensibilisiert. Neugierige hätten mit ihrem „unverantwortlichen Verhalten“ nicht nur die schnelle Bildung einer Rettungsgasse blockiert, sondern auch den Zugang zur Unfallstelle, klagte Joachim Herrmann. Der bayerische Innen- und Verkehrsminister hat derweil angekündigt, die kürzlich erst verschärften strafrechtlichen Regelungen konsequent anzuwenden.

So kann ein Schaulustiger, der einen Unfallretter behindert, mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr bestraft werden. Wer durch das Verbreiten von Unfallbildern die Persönlichkeitsrechte von Opfern beeinträchtigt, dem droht ebenfalls Gefängnis.

13 Gaffer in Schweinfurt angezeigt

Nach dem tödlichen Unfall vergangenen Montag auf der Hahnenhügelbrücke in Schweinfurt zeigte die Polizei 13 Autofahrer an. Die Gaffer waren zum Teil eigens aus ihren Autos ausgestiegen, um das Geschehen zu fotografieren. Laut Polizei müssen sie nun mit einem Bußgeld von 60 Euro und einem Punkt in Flensburg rechnen.

Eng verknüpft mit der Gaffer-Thematik sind die Probleme bei der Bildung von Rettungsgassen, sobald der Verkehr sich auf Autobahnen und Straßen mit mindestens zwei Fahrstreifen nur noch im Schritttempo bewegt. Auch hier macht sich unter anderem Bayern für härtere Strafen stark. Noch im Herbst soll das Bußgeld bei einem Verstoß gegen die Rettungsgassenpflicht von 20 auf 200 Euro angehoben werden. Bei Behinderung drohen 240 Euro, bei Gefährdung 280 Euro und bei Sachbeschädigung 320 Euro Bußgeld, jeweils verbunden mit zwei Flensburg-Punkten und einem Monat Fahrverbot.