Bert Grebner erklärt die Wildschweinplage

3 Min
Hmmm, lecker: Dieser Keiler ist kein Kostverächter. Zwischen Eicheln und Mais gönnt er sich auch mal einen Apfel. Foto: Michael Ochsenkühn/ pixelio.de
Hmmm, lecker: Dieser Keiler ist kein Kostverächter. Zwischen Eicheln und Mais gönnt er sich auch mal einen Apfel.  Foto: Michael Ochsenkühn/ pixelio.de
Sonnige Zeiten im November: Jäger und Landwirt Bert Grebner hat Rückzugsraum für viele Tierarten angelegt. Eine Augenweide - und gleichzeitig gut für die Artenvielfalt. Foto: Diana Fuchs
Sonnige Zeiten im November: Jäger und Landwirt Bert Grebner hat Rückzugsraum für viele Tierarten angelegt. Eine Augenweide - und gleichzeitig gut für die Artenvielfalt.  Foto: Diana Fuchs
 
 
Das Ende des Keilers: Jürgen Düsterwald erlegte nach 40 Stunden auf dem Ansitz das kapitale Wildschwein. Foto: Gerd Schaar
Das Ende des Keilers: Jürgen Düsterwald erlegte nach 40 Stunden auf dem Ansitz das kapitale Wildschwein.  Foto: Gerd Schaar
 
Derzeit sagt so manch einer: Nur ein totes Wildschwein ist ein gutes Wildschwein.
Derzeit sagt so manch einer: Nur ein totes Wildschwein ist ein gutes Wildschwein.
 

Der Wildschweinplage Herr zu werden, gelingt nur, wenn Jäger und Bauern zusammenarbeiten.

Es ist eine saublöde Sache. Seit Jahren steigen die Schäden, die das Schwarzwild auf den Feldern verursacht - und ebenfalls seit Jahren werden die Maisäcker immer größer und das Klima immer milder. Die Schwarzkittel können sich ungeniert satt fressen - und vermehren. Und noch mehr fressen. Und sich noch stärker vermehren. Ein Teufelskreis hat begonnen.

Was tun? Bert Grebner aus Järkendorf ist Landwirt und Jäger in einem. Er kennt beide Seiten der Medaille und weiß: Gegenseitige Schuldzuweisungen haben keinen Sinn. "Bauern und Jäger müssen besser zusammenarbeiten. Sonst lachen die Säue uns aus. Die sind nämlich richtig schlau."

Der 58-Jährige ist ein echter Naturmensch. Er arbeitet als einer der letzten Holzrücker mit einem Pferd, ist ehrenamtlicher Naturschutzwart, BBV-Obmann und Wildschadensschätzer.
Wenn er manchmal Phrasen vom "blutrünstigen Jäger" oder profitgierigen Bauern liest, dann schüttelt es ihn. "Die Wahrheit sieht ganz anders aus."
In Järkendorf hat Grebner schon seit 30 Jahren eine Jagd. Ebenfalls seit Jahrzehnten hegt und pflegt er die Flur, legt Rückzugshecken und -wiesen für alle möglichen Tierarten an und setzt Schutzprogramme in die Tat um. Grebner sagt: "Vor 20 oder 25 Jahren war das Schwarzwild noch überhaupt kein Problem." Damals waren die Wildschweine vorwiegend im Steigerwald unterwegs. "Mittlerweile sind sie überall."

Da es fast jedes Jahr viele Eicheln - also eine Eichelmast - gibt, ist die Frischlingssterblichkeit viel geringer als früher. "Der überdurchschnittliche Maisanbau tut sein Übriges", berichtet Grebner. Während früher der Mais vor allem zum Verfüttern diente, werden heute immer größere Felder für Biogasanlagen angelegt. "Und je größer die Fläche, desto wohler fühlt sich die Sau."

Eine Teilschuld haben aber auch die Jäger, ist sich der Järkendorfer sicher. "Wenn die Leitbache weggeschossen wird, setzt ein unregelmäßiges Rauschen ein." Das heißt, die Rotte hat keine Leitfigur mehr, die Gruppe bleibt nicht beisammen, die Begattung beginnt zu früh und ungeregelt.
Um des Problems Herr zu werden, müssten sowohl die Bauern als auch die Landwirte ihren Teil beitragen: "Die Bauern müssten deutlich größere Schneisen zum Wald einhalten. Es gibt zum Beispiel EU-geförderte Blühstreifenprogramme. Die sollte man ausnutzen", fordert Grebner. Dann hätten es die Jäger leichter, die fresslustigen Besucher zu erlegen.

"Eine wunderbare Wildart"

Allerdings sagt er auch: "Wildschweine sind hochintelligent, eine wunderbare Wildart." Die Tiere wüssten genau, wo Gefahr droht. "Das fasziniert mich." Der Naturschutzwart legt großen Wert auf Tierschutz - auch bei der Jagd: "Bei organisierten Jagden braucht es gute Durchgehtreiber, die das Schwarzwild hochmachen und den Schützen zutreiben." Revierübergreifend, versteht sich.
Bei kleinen Einzeljagden ist der Erfolg meist gering - zu clever sind die wilden Schweine. "Zusammen mit den Jagdgenossen und den Landwirten haben die Jäger des Bayerischen Jagdverbandes BJV von November bis Januar zwei große Schwarzwildjagden mit jeweils 15 teilnehmenden Revieren im Steigerwald und drei kleinere Bewegungsjagden im Raum Mainbernheim, Willanzheim und im Raum Kitzingen sowie Großlangheim organisiert", stellt Dr. Klaus Damme fest. Der 1. Vorsitzende der BJV-Kreisgruppe Kitzingen betont, dass dabei ausschließlich Schwarzwild bejagt wird und "Hahn in Ruh" für andere Schalenwildarten gilt. "Durch diese Einschränkung erhoffen wir uns einen besseren Schulterschluss von Eigenjagd-, Gemeinschaftsjagd und Staatsjagdrevieren und einen besseren Erfolg in der Schwarzwildstrecke durch die aktive Beunruhigung der Schwarzwildrotten gleichzeitig in mehreren Revieren." Bert Grebner meint dazu: "Wir müssen zumindest den Zuwachs wegbringen."
Der niedrige Wildpreis ist diesem Ziel nicht gerade zuträglich. "Manchmal gibt es nur einen Euro pro Kilo. Und das, obwohl Wild unser hochwertigstes Lebensmittel ist." Grebner schüttelt den Kopf. "Für mich ist das schwer zu verstehen, dass jemand lieber abgepacktes Fleisch im Supermarkt kauft, anstatt sich etwas Gutes aus der Region zu holen." Der Järkendorfer deutet auf den nahen Wald: "Die Tiere waren da draußen immer an der frischen Luft und haben das Beste gegessen."

Fonds für Wildschäden?

Apropos Preis: 24,7 Cent bekommt ein Bauer derzeit als Widerherstellungswert für jeden Quadratmeter Mais, der von Wildsäuen niedergemacht wurde. Das ist mehr als auf dem freien Markt. Für manchen mag das ein Argument sein. Das Problem, das dabei entsteht, ist klar: "Manche Reviere will jetzt schon kein Jäger mehr pachten, weil hohe Wiederherstellungszahlungen zu befürchten sind."
Ohne einen Jagd-Verantwortlichen verschlimmert sich die Problematik aber ruckzuck - da ist Bert Grebner sicher. Er hat deshalb eine Idee entwickelt: "Wir dürfen die Jagdpächter nicht allein lassen. Am besten wäre es, einen Fonds anzulegen, in den die Betreiber von Biogasanlagen pro Hektar einen bestimmten Betrag einzahlen. Besonders von Wildschäden betroffene Reviere würden dann Gelder aus dem Fonds erhalten." Noch hat er mit diesem Vorschlag aber nicht alle Kollegen auf seiner Seite.
Es gelte, gemeinsam alle Förderprogramme auszunutzen, die der Artenvielfalt und damit auch dem natürlichen Ausgleich der Wildarten dienen. Natur- und Tierschutz müssten Hand in Hand gehen, findet Grebner.
"Wir müssen vermeiden, dass landwirtschaftliche Flächen noch größer werden. Gleichzeitig müssen wir bei der Bejagung Wert darauf legen, dass die Leitbachen am Leben bleiben, damit das Ökosystem nicht durcheinanderkommt." Das klappt natürlich nur, wenn Jäger und Bauern an einem Strang ziehen.
Tun sie dies nicht, werden sich die Schwarzkittel weiter an reichlich Nahrung und sanften Wintern erfreuen und sich munter vermehren. Wildschweine sind eben schlau. Wer von uns würde schon Wärme und Schokolade ablehnen?