Beim Jauch rät er noch gerne mit

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Noch mit 85 Jahren kann Joachim Habelitz aus dem Stand eine 20-minütige Büttenrede auswendig hersagen. Foto: Berthold
Noch mit 85 Jahren kann Joachim Habelitz aus dem Stand eine 20-minütige Büttenrede auswendig hersagen.  Foto: Berthold

Mit seinen 85 Jahren kann er seinem liebsten Hobby - dem Wandern - nicht mehr so frönen, wir früher. Mit seinem Gedächtnis macht Joachim Habelitz dafür so manchem Jungspund noch etwas vor.

"Meine Beine wollen nicht mehr richtig und die Augen werden schlechter, aber beim Günther Jauch rate ich gerne mit", erzählt Joachim Habelitz den Gästen, die ihn an seinem 85. Geburtstag,in seiner gemütlichen Wohnung in der Schießhausstraße in Wiesentheid besuchten. Ohne zu zögern kann er die Jahreszahlen seines Lebenslaufs aufsagen, der 1927 in Coburg begann.
Als Sohn eines Forstbeamten wuchs er im südlichen Thüringer Wald auf. 1938 kam die Familie nach Wiesentheid, als der Vater als Leiter ans örtliche Forstamt berufen wurde.
Die Oberschule in Kitzingen musste Joachim Habelitz abbrechen, als er 1943, knapp 16-jährig, zur schweren Flack nach Schweinfurt eingezogen wurde, wo er die Angriffe auf die Stadt miterlebte. Im Herbst 1944 kam er über viele Stationen bis nach Dresden und wurde dort gegen die rote Armee eingesetzt. Er geriet in Gefangenschaft, konnte sich aber in Tschechien selbst befreien.
Mit Bus, Bahn und zu Fuß kam er bis nach Bamberg, sprang dort auf einen Güterzug und als er am Morgen aufwachte, erkannte er die zerbombte Stadt Würzburg nur an der Steinburg, die unversehrt geblieben war. Zu Fuß kehrte er zurück nach Wiesentheid.
Einige Zeit arbeitete der Heimkehrer als Waldarbeiter, bevor er 1947 sein Abitur nachholte. Er machte seinen forstlichen Abschluss und war bei der Holz verarbeitenden Firma Dern in Wiesentheid beschäftigt. Hier lernte er seine Ehefrau Margarete kennen, die aus Kitzingen evakuiert worden war. 1958 heirateten sie. Zwei Töchter haben das Familienglück komplettiert.
Die Familie übersiedelte dann in den Bayerischen Wald, wo Habelitz ein staatliches Sägewerk leitete. Aus Zufall kehrten sie wieder zurück nach Unterfranken, wo Habelitz für Bodenerkundungen im bayerischen Staatswald vom Spessart bis Fladungen eingesetzt war. "Es war schön, den ganzen Tag im Wald zu verbringen. Wir liefen oft 20 bis 25 Kilometer am Tag zu Fuß", erinnert er sich gerne. Bis zu seiner Pensionierung 1989 war er als Forstdirektor am Forstamt Würzburg tätig.
Leider verstarb seine Frau 1976 viel zu früh und er musste die beiden gerade 14 und 16 Jahre alten Töchter Birgitta und Sybilla fortan alleine großziehen.
Trotzdem blieb dem naturverbundenen Mann noch Zeit für Hobbys. Als Wanderer war er mit dem Steigerwaldklub unterwegs, den er einige Jahre als Vorsitzender leitete. Heute ist er dort Ehrenmitglied, ebenso wie im Hauptverein. Bei den alljährlichen Faschingsabenden des Klubs trat er gerne als Büttenredner auf. "Die Büttenreden kann ich heute noch - zwanzig Minuten auswendig - kein Problem", freut er sich über sein gutes Gedächtnis, das ihn nicht im Stich lässt.

Selbst gemalte Bilder

Die Wände seines Wohnzimmers zieren selbstgemalte Bilder mit Motiven aus der näheren und weiteren Heimat in Öl und Aquarell, auch Porträts hat er mehrfach gemalt. "Ich hatte immer die Kamera dabei, wenn ich unterwegs war. Und fiel mir ein Motiv auf, hab ich's gleich festgehalten." Doch inzwischen machen die Augen des Pensionärs leider nicht mehr so mit. Am Computer vertreibt er sich gerne die Zeit mit Patiencen oder geht auf Moorhuhnjagd.
Seiner Verbundenheit mit dem Wald ist Habelitz treu geblieben. So hat er die Baumpatenschaften für vier Bäume in der Gemeinde übernommen, zum Beispiel pflanzte er den Ginkobaum vor dem Altenheim.
Die Tochter Brigitta Mandel wohnt im selben Haus und unterstützt ihn tatkräftig. So hat er auch die Möglichkeit, drei seiner vier Enkeltöchter täglich zu sehen. Die älteste der Enkelinnen hat ihm mit der dreijährigen Urenkeltochter Aaliyah einen weiteren Sonnenschein geschenkt. "Bei uns gibt es traditionell nur Mädchen", sagt Joachim Habelitz und lacht schelmisch.