Die Spinnerei Neuhof hat Insolvenz angemeldet. Das Traditionsunternehmen aus Hof blickt auf eine mehr als 125-jährige Firmengeschichte zurück. Für die Beschäftigten stehen nun unruhige Zeiten an.
In Oberfranken steht ein geschichtsträchtiger Betrieb aktuell vor großen Herausforderungen. Die Spinnerei Neuhof GmbH & Co. KG befindet sich in wirtschaftlicher Schieflage. Das 1896 gegründete Unternehmen aus Hof hat am Dienstag (22. Mai 2023) einen Antrag auf ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung gestellt. Das Amtsgericht Hof hat dem Antrag entsprochen und die vorläufige Eigenverwaltung angeordnet. Zum vorläufigen Sachwalter wurde Gunther Neef von der Rechtsanwaltsgesellschaft "Neef Schwarz + Kollegen" bestellt. Wie die Kanzlei in einer Pressemitteilung schildert, kämpft die Spinnerei Neuhof schon seit Längerem mit Problemen.
Das Unternehmen stellt technische Garne und Zwirne aus synthetischen Stapelfasern her, die überwiegend in der Automobil-, Deko- und Bekleidungsindustrie eingesetzt werden sowie in der Transport- und Antriebstechnik Verwendung finden. Das Traditionsunternehmen der Textilindustrie in Hof, das laut eigenen Angaben seit 125 Jahren tief mit der Gemeinde und der Stadt Hof verwoben ist, will nun die Möglichkeiten eines Sanierungsverfahrens nutzen. Ziel sei die Herbeiführung einer finanzwirtschaftlichen Restrukturierung. Mit dem Schritt will sich der Betrieb zudem neu und wettbewerbsfähig für die Zukunft aufstellen.
Hof: Spinnerei Neuhof bricht Hauptkunde weg - Liquiditätssituation "erheblich belastet"
Laut Darstellung der Kanzlei befindet sich die Gesellschaft bereits seit 2016 in einem Restrukturierungsprozess. Ursache der wirtschaftlichen Schieflage waren seinerzeit im Wesentlichen der Kauf der Färberei Oberfranken sowie defizitäre Kontrakte mit Kunden, unter anderem in Italien. "Es wurden umfangreiche Sanierungsmaßnahmen durchgeführt und die wirtschaftliche Lage konnte dadurch zunächst stabilisiert werden", teilt die Rechtsanwaltsgesellschaft in ihrer Presseerklärung mit.
Die schwierigen Marktbedingungen resultieren demnach aus den Corona- und Ukraine-Krisen. Der hohe Wettbewerbsdruck wie auch die signifikant gestiegene Energiekosten hätten sukzessive "die Liquidität des Unternehmens aufgezehrt", heißt es wörtlich. Letztlich entscheidend für den nunmehrigen Schritt in die Eigenverwaltung sei der kurzfristige Einbruch des Marktsegments "Heimtextilien". Dieser gehe auf den Wegfall des Hauptkunden in diesem Bereich zurück. Diese hierdurch "erheblich belastete Liquiditätssituation" der Spinnerei habe den Schritt in die Eigenverwaltung erforderlich gemacht.
Als Sanierungsexperten stehen dem Unternehmen Marc Alexander Göb und Thomas Harman von "sgpartner" zur Seite. Sie unterstützen die Geschäftsführung des oberfränkischen Traditionsbetriebs als Generalhandlungsbevollmächtigte in dem gerichtlichen Sanierungsverfahren. Der vom Gericht eingesetzte vorläufige Sachwalter Gunther Neef überwache das Verfahren im Interesse der Wahrung der Gläubigerrechte. Er soll zudem den Erhalt des Unternehmens und der Arbeitsplätze ermöglichen.
Geschäftsbetrieb läuft trotz Insolvenzverfahren weiter - was wird aus den rund 150 Beschäftigten?
"Der Geschäftsbetrieb läuft vollumfänglich weiter", berichtet die Rechtsanwaltsgesellschaft "Neef Schwarz + Kollegen". "Insofern werden die Kunden genauso verlässlich wie vor der Einleitung des Sanierungsverfahrens beliefert werden." Die im Unternehmen beschäftigten rund 150 Mitarbeiter seien bereits im Rahmen einer Versammlung über die aktuelle Situation informiert worden. "Die Gehälter der Mitarbeiter sind durch das Insolvenzgeld im vorläufigen Verfahren für insgesamt drei Monate gesichert", teilt die Kanzlei mit.
Die Eigenverwaltung ist ein gerichtliches Sanierungsverfahren zum Erhalt von Unternehmen. Das Unternehmen führt unter Aufsicht eines Sachwalters und unterstützt durch erfahrene Sanierungsexperten die Gesellschaft selbst durch das Verfahren und trifft dabei alle operativen Entscheidungen weiter eigenverantwortlich. Bei einem Eigenverwaltungsverfahren bleibt die Geschäftsführung des Unternehmens im Amt und ist für das laufende Geschäft und die Restrukturierung verantwortlich. Ziel ist es, das Unternehmen nachhaltig zu sanieren und damit zukunfts- und wettbewerbsfähig neu aufzustellen.