Der Landkreis Haßberge hat eine Lücke bei den Fachmedizinern geschlossen. Es gibt aber noch "Baustellen". Dazu ein Kommentar von Klaus Schmitt.
Gute Nachrichten in der Gesundheitsversorgung im Landkreis Haßberge sind in jüngster Vergangenheit selten geworden. Die Diskussion über das Millionendefizit der Haßberg-Kliniken hat alles überlagert. Die Folge aus den roten Zahlen ist, dass das Haus Hofheim zum 1. Juli geschlossen wurde und die Geburtshilfe am Haus Haßfurt in naher Zukunft aufgelöst werden muss.
Aber es gibt sie, die guten Nachrichten: Eine Lücke bei der Facharzt-Versorgung im Landkreis kann geschlossen werden. Die von der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB) für den Kreis Haßberge errechneten zwei Hautarzt-Stellen werden besetzt. In
Eltmann hat die aus Rumänien stammende Dermatologin Dr. Elena Popa (39 Jahre) am Montag ihre Praxis in der Zinkenstraße eröffnet und bis Mittwochabend nach eigenen Angaben bereits 70 Patienten behandelt. Und im September/ Oktober eröffnet der Hautarzt Dr. Boris Bauer (41), der zuletzt an der Uni-Klinik Würzburg tätig war, seine Praxis in der Hofheimer Straße in Haßfurt.
Seit einigen Monaten hatte der Landkreis überhaupt keinen Hautarzt, nachdem der einzige Dermatologe, Dr. Dieter Rosenzweig in Haßfurt, in den Ruhestand gegangen war. Die Patienten mussten sich während dieser Zeit an Hautärzte in den Nachbarlandkreisen wenden.
Dass es gelungen ist, die beiden Hautarztstellen zu besetzen, ist dem Landkreis so wichtig, dass Landrat Wilhelm Schneider (CSU) eigens eine Pressekonferenz zu diesem Thema angesetzt hatte. Am Mittwochabend stellten er und die Kassenärztliche Vereinigung die beiden Mediziner im Landratsamt in Haßfurt vor. Sie sind froh darüber, dass es gelungen ist, Dermatologen zu finden, die sich im Landkreis niederlassen. Es sei ein "seltener Fall", dass ein weißer Fleck "im überversorgten Bayern" entstanden war, gestand Dr. Gunther Karl von der KVB Unterfranken. Die KVB habe "alle Hebel in Bewegung gesetzt", um diese Lücke zu schließen. Das ist jetzt gelungen.
Der Landkreis würde sich freuen, wenn er weitere solche Erfolgsmeldungen verbreiten könnte. Und Erfolg braucht der Landkreis, wenn er die Gesundheitsversorgung seiner Bürger in Zukunft sicherstellen will.
Es gibt nämlich Fragen und einige "Baustellen". Zum Beispiel bei den Haus- und Allgemeinärzten. Es ist vor allem die Altersstruktur der Mediziner, die Sorge bereitet. Aktuell (die Zahlen der KVB stammen vom Januar 2017) sind im Landkreis Haßberge 57 Hausärzte tätig. Sie teilen sich auf zwei Versorgungsgebiete auf: Haßfurt und Ebern.
In Haßfurt wirken 36 Allgemeinärzte und in Ebern 21. Das bedeutet laut KVB für Ebern einen Versorgungsgrad von 126,5 Prozent und für Haßfurt von 97,7 Prozent. Wie Michael Heiligenthal von der KVB in Haßfurt bestätigte, sind aktuell vier Stellen in Haßfurt, das einen wesentlichen größeren Einzugsbereich hat wie Ebern, nicht besetzt. Ebern ist voll versorgt.
Die Zahlen klingen auf den ersten Blick gut. Das Problem ist die Altersstruktur. Das Durchschnittsalter aller 57 Hausärzte im Landkreis liegt bei 55 bis 56 Jahren. 23 der 57 Hausärzte sind bereits über 60 Jahre alt. Daraus leitet sich die Schlussfolgerung ab, dass in naher Zukunft viele Mediziner aufhören werden. Es stellt sich die entscheidende Frage: Gibt es genug Nachfolger?
Vermutlich nicht. Der Kreis Haßberge hat wie viele ländliche Regionen das Problem, dass ein Hausärztemangel droht. Dieses Problem könne nicht im Kreis Haßberge gelöst werden, meint der Landrat. Dazu braucht es die Politik, und die hat schon reagiert. Mit welchem Erfolg, lässt sich derzeit nicht absehen.
Aber: Der Landkreis selbst kann etwas tun. Über die Famulatur möchte der Landkreis einen Fuß in die Tür bekommen. Die Famulatur ist ein viermonatiges Praktikum, das Medizinstudenten durchlaufen müssen.
Vier Wochen von diesen vier Monaten müssen die Studenten in einer Allgemein- oder Hausarztpraxis absolvieren, wie der Gesetzgeber 2015 festgeschrieben hat. Dieses Vier-Wochen-Praktikum will der Landkreis nutzen, um Medizinstudenten zu gewinnen und eine erste Verbindung zum Kreis herzustellen. Sie sollen den Landkreis schon einmal kennenlernen, und vielleicht finden sie Gefallen und lassen sich nieder, so lautet die Hoffnung. Es gebe Interesse, erklärte der Landrat zu der Famulatur-Aktion; die ersten Studenten seien schon da, sagte er.
KVB will helfen
Ferner, so ein weiterer Ansatzpunkt, soll es Workshops geben für Ärzte, die aktuell nicht im Dienst sind, aber wieder einsteigen (sollen). Und: Die KVB will helfen. Es gebe Förderungen "für schwach versorgte Gebiete", erläuterte Gunther Karl.
Aber sowohl der Landkreis wie auch die KVB wissen, dass es "ein langwieriger Prozess ist" (Michael Heiligenthal), Hausärzte zu finden. Das hat auch viel mit der Vergangenheit zu tun, als Hausärzte abgeschreckt wurden: durch Honorareinschränkungen und Regressforderungen. Da habe sich inzwischen einiges getan, sagten die KVB-Vertreter in Haßfurt. Heiligenthal: "Die gefühlte Angst (vor Regressen, d. Red.) ist größer als die tatsächliche. Es hat sich immer rentiert, sich niederzulassen, auch als Hausarzt."
Noch eine "Baustelle" tut sich derzeit auf: Die orthopädische/ chirurgische Praxis in Eltmann ist aktuell nicht mit eigenen Medizinern besetzt. Einstmals arbeiteten hier drei Mediziner, und jetzt bieten zwei Ärzte aus Haßfurt Sprechstunden an. Die Eltmanner Praxis ist eine Filiale des Medizinischen Versorgungszentrums Haßfurt. Landrat Wilhelm Schneider kennt die Problematik in Eltmann und weiß, dass es schwer ist, eine Lösung zu finden. "Wir brauchen Ärzte, aber das ist nicht so einfach."
Kommentar:
Sensible Thematik
Medizinisch-laienhaft und bildlich könnte man sagen: Dem Landrat ist ein großer Stein vom Herzen gefallen. Er hat eine Beschwerde weniger, seit bekannt ist, dass sich zwei Hautärzte im Landkreis niederlassen und damit den "weißen Fleck" tilgen. Eine Sorge weniger für den Landrat und den Landkreis - und vor allem ein wichtiges Angebot mehr für die Menschen in den 26 Städten und Gemeinden.
Eines ist sicher: Kein Thema bewegt Menschen mehr als ihre Gesundheit. Natürlich müssen sie selbst auch etwas dafür tun, dass sie sich gesund erhalten. Aber mindestens genauso wichtig ist eine angemessene medizinische Versorgung. Qualität und Quantität müssen passen. Politiker, die für die medizinische Sicherheit sorgen müssen, sollten wissen, dass die Menschen auf dem Gebiet keine Einschränkung hinnehmen. Sonst gibt es mehr als Magengrummeln.