Wohnhaus wird ausgeschlachtet

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Der Eingang zum Amtsgericht Haßfurt.
Der Eingang zum Amtsgericht Haßfurt.

Das Amtsgericht in Haßfurt verhängte eine Bewährungsstrafe gegen eine 49-jährige Frau, weil sie ihr zwangsversteigertes Eigenheim ausgeräumt hatte. Der neue Besitzer "war restlos bedient".

Alles, was in einem Wohnhaus etwas wert und nicht niet- und nagelfest war, war ab- und ausgebaut worden. Kupferdachrinnen, Wendeltreppe, Einbauküche, Duschkabine, Satelliten-Empfangsgerät, Deckenleuchten, die gesamte Heizungsanlage inklusive Solarkollektoren und Heizungskessel, sogar Steckdosen - alles abmontiert und mitgenommen. Das Amtsgericht in Haßfurt sah es aufgrund einer Zeugenaussage als erwiesen an, dass die ehemalige 49-jährige Eigentümerin des Hauses dahintersteckt. Sie wurde daher wegen Unterschlagung zu einer zehnmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt.

Hoffnungslos überschuldet

Natürlich hatte die Aktion eine Vorgeschichte. Da die Angeklagte und ihr damaliger Ehemann hoffnungslos überschuldet waren, kam das Anwesen im September 2010 unter den Hammer.
Bei der Zwangsversteigerung bot ein Rechtsanwalt für die in einem Dorf am Rande der Haßberge liegende Immobilie 70 000 Euro und erhielt den Zuschlag. Der neue Eigentümer kannte seit Jahren die bisherigen Besitzer. Er duldete, dass diese weiterhin, quasi als Mieter, wohnen bleiben durften. Angedacht war gar, dass die alten Eigentümer das Objekt zurückkaufen, sobald sie wieder flüssig wären.

Kurze Zeit später änderte sich die Situation grundlegend, weil es zur Trennung der Eheleute kam. Im Mai 2011 zog der Ehemann weit weg in eine Stadt in Hessen, in dem Häuschen blieb die Ehefrau mit ihrer Tochter.
Der neue Hauseigentümer, also der Jurist, sagte im Zeugenstand aus, dass nie eine Miete oder wenigstens Nebenkosten bezahlt worden seien. Er strengte eine Räumungsklage an. Ergebnis: Mutter und Tochter zogen kurz vor Silvester 2011 aus.

Schöne Bescherung

Zu diesem Zeitpunkt muss die Demontage bereits ganz oder doch größtenteils abgeschlossen gewesen sein. Als der Jurist nämlich am 23. Januar 2012 erstmals "sein" Haus betrat, sah er die ganze Bescherung. Angesichts des "schändlichen Verhaltens war ich restlos bedient", bekannte er. Laut Gutachter liegt der angerichtete Schaden bei rund 40 000 Euro. Später hatte jemand sogar den Wasserhahn aufgedreht und eine riesige Überschwemmung verursacht - wohl ein Racheakt, vermutete der Geschädigte.

Ein als Zeuge geladener Nachbar sagte aus, dass er gesehen habe, wie zwei Arbeiter die Solarkollektoren abbauten und in einen weißen Kleintransporter verluden, der im Hof stand. Er schilderte weiter, dass die Ex-Eigentümerin gleichzeitig mit ihrem VW Golf anwesend war. Diese Feststellung brach der Beschuldigten - beweisrechtlich gesehen - das Genick, denn: Ganz offensichtlich hatte die Dame die "Ausschlachtung" des Hauses veranlasst oder zumindest geduldet.

Verteidiger Wolfgang Heinrich plädierte mit dem Hinweis, dass seiner Mandantin die Tat letztlich nur unterstellt werde, auf Freispruch. Dagegen verwies die Staatsanwältin Nora Reim auf vier Vorstrafen der sechsfachen Mutter und forderte eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und drei Monaten.

Argumentation

Richter Roland Wiltschka hielt zehn Monate für tat- und schuldangemessen. Nur die Verurteilte, führte er in seiner Begründung zum Urteil aus, hatte erstens Zugang und zweitens ein Interesse an der Aktion.