Wenn Kunst in der Kirche aneckt

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Das an die Wand projezierte Bild von den Luftballons und der Dornenkrone löste erheblichen Widerstand in der Kirchengemeinde aus. Künstler Gerhard Rießbeck (rechts) versuchte, sein Werk nochmals zu erklären.Foto: Gerhard Schmidt
Das an die Wand projezierte Bild von den Luftballons und der Dornenkrone löste erheblichen Widerstand in der Kirchengemeinde aus. Künstler Gerhard Rießbeck (rechts) versuchte, sein Werk nochmals zu erklären.Foto: Gerhard Schmidt
Die Gehrten des Dekanats zusammen mit den kirchlichen Vertretern des Dekanats Rügheim. Fotos: Schmidt
Die Gehrten des Dekanats zusammen mit den kirchlichen Vertretern des Dekanats Rügheim.  Fotos: Schmidt
 

Dass Kunst mutig sein muss, findet der Künstler Gerhard Rießbeck. Er war nach Ebern gekommen, um vor den evangelischen Gemeindemitgliedern über sein umstrittenes Werk und die Verbindung zwischen Kunst und Kirche zu sprechen.

"Kreuzigungen - Kunst zwischen Devotion und Provokation" nannte sich der Vortrag, den Künstler Gerhard Rießbeck aus Bad Windsheim hielt. Er schuf das umstrittene Kunstwerk in der Christuskirche Ebern im Rahmen der Aktion "Zwölf (W)Orte" im Kirchenkreis Bayreuth.

Dazu passte auch sein Werk, bei dem Luftballons im Kirchenraum durch ein Deckenbild mit einer Dornenkrone schweben. In seinem Vortrag brachte Rießbeck zum Ausdruck, dass man über Kunst nicht basisdemokratisch abstimmen sollte, wie in Ebern geschehen.

Mit einer Reihe von prägnanten Kreuzigungsdarstellungen aus der Kunstgeschichte veranschaulichte Rießbeck ein Spiegelbild der geistigen Strömungen ihrer Zeit. Wie der Künstler betonte, hätte die Kirche und die Kunst eine lange gemeinsame Geschichte, die in allen Jahrhunderten zu neuen zeitgemäßen Bildaussagen geführt hätte.


Kunst mit Botschaft

Gerade am Beispiel mit dem Umgang der Kreuzigung ließen sich die religiösen Bedürfnisse der jeweiligen Epoche gut ablesen. Aber seit der Reformation und Säkularisation bestehe besonders von Seiten des Protestantismus kein dauerhaftes Interesse an einer vitalen Kunst, erklärte Rießbeck.

Ihre eigenständige Aussagekraft würde nicht im gleichen Maße wie das Wort oder die Musik geschätzt. Er bedauerte, dass maßgebliche Werke der christlichen bildenden Kunst keinen Platz mehr im Kirchenraum, sondern nur im Museum finden. Dies sei eine "visuelle Bankrotterklärung", die weder der Kirche als Raum noch den Menschen in ihr nicht gut tut, sagte Rießbeck. Denn das Auge sei das wichtigste Sinnesorgan des Menschen, das mit anspruchsvoller Kost - durchaus auch mit provokativer Kost - gefüttert werden muss.

Die Kunstaktion "Zwölf (W)Orte" sei ein schöner Einfall in der evangelischen Kirche und richtig zum Reformationsgedanken gewesen. Reformation bedeute Erneuerung, die nie aufhören und still stehen dürfe. "Der Ast der bildenden Kunst in der protestantischen Kirche ist ungepflegt und schon weitgehend abgestorben", erklärte Rießbeck. Nur sei der Kunstaktion "Zwölf (W)Orte" nicht die nachhaltige Wirkung beschieden, die sie verdient hätte.
Der Festgottesdienst in der Christuskirche in Ebern wurde von Dekan Jürgen Blechschmidt und seinem Stellvertreter und Ortspfarrer Bernd Grosser gehalten, unterstützt von den Präsidenten und Dekanatssynodalen Gisela Schott und Gerhard Koch. Anschließend fanden sich die 120 geladenen Gäste im evangelischen Gemeindehaus zusammen, um beim Dekanatsempfang zur Reformation Ehrungen von 17 verdienten Mitarbeitern mitzuerleben.

Stellvertretender Landrat Oskar Ebert (FW) sagte in seinem Grußwort: "Wer sich mit Kunst auseinandersetzt, weiß, dass jedes Bild, Skulptur, Gedicht oder jede Geschichte beim jeweiligen Betrachter ganz unterschiedliche Assoziationen, Gefühle und Gedanken hervorrufen kann." So wie es auch beim Kunstwerk in der Eberner Christuskirche geschehen war.

Die Darstellung zum Thema "Leiden und Sterben Jesu" hätte für viel Zündstoff gesorgt. Letztendlich hätten sich die evangelischen Christen in einer demokratischen Abstimmung gegen das Kunstwerk entschieden. Nach Meinung von Ebert hätte Rießbeck Mut bewiesen, der möglicherweise auch Martin Luther imponiert hätte.
Ebert sei überzeugt, dass die Kirche die Kunst braucht, weil Bilder zur Vertiefung der Glaubensbotschaft einen wichtigen Beitrag leisten. Er griff die zurzeit aktuelle Flüchtlingspolitik auf. Ohne die ehrenamtlichen Helfer in den Kirchengemeinden könnte der Landkreis die Aufgabe nicht stemmen, sagte er.

Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD) verwies darauf, dass es nach dem Zweiten Weltkrieg die Katholiken in Ebern waren, die Flüchtlinge aufnahmen und damit die Gründung einer evangelischen Kirchengemeinde und den späteren Bau der Christuskirche ermöglichten. Zweiter Dekanatsrats-Vorsitzender der katholischen Mitchristen, Bürgermeister Ralf Nowak (ULB), bezeichnete den Glauben als eine unerschöpfliche Energiequelle, der gelebt werden müsse.