Am schulfreien Buß- und Bettag brachten Behördenmitarbeiter ihre Kinder mit auf Arbeit. Die hatten aber Besseres vor, als am Schreibtisch zu sitzen.
Da schau an: der Kugelschreiber entpuppt sich als gefährliche Waffe. Das gibt Ärger. Elias hat heute schulfrei, also besucht er das Amtsgericht in Haßfurt, um dort einer öffentlichen Verhandlung beizuwohnen. So erzählt er es dem Wachtmeister Alexander Laubinger, der den Knaben am Eingang empfängt. Dort heißt es: Einlasskontrolle!
Elias packt seine Sachen in die Plastikbox vor ihm. Auf den ersten Blick scheint alles in Ordnung. Aber: In einem Telefonbuch ist ein faltbares Keramikmesser versteckt. Aha, noch ein Messer, getarnt im Gürtel! Und da, die dritte Klinge: sie lässt sich aus dem Kugelschreiber herausziehen, klein, scharf und gefährlich. Wachtmeister Laubinger wird Elias jetzt festsetzen und die Polizei verständigen.
Alles ist freilich gestellt, um zu demonstrieren, was am Amtsgericht so alles passieren kann, wenn man die Besucher und ihre mitgebrachten Gegenstände nicht genau unter die Lupe nimmt. An diesem Mittwoch war "Kinder-Mitbringtag" im Landratsamt Haßberge und im Amtsgericht Haßfurt: Weil der Buß- und Bettag schulfrei, aber für Arbeitnehmer kein Feiertag ist, konnten Eltern, die bei diesen beiden Behörden arbeiten, ihre Kinder mit auf Arbeit nehmen. Mit Programm für den Nachwuchs: Besuche bei der Haßfurter Feuerwehr, bei einer kleinen Bäckerei oder ein Blick hinter die Kulissen des Amtsgerichts waren die Möglichkeiten.
Elias hat im Amtsgericht vor der Gruppe von Schülern den "Bösewicht" gemimt, die ganzen getarnten Messer hat das Amtsgericht in die untersuchte Tasche gelegt, um zu zeigen, was schon alles versucht wurde, um Waffen in den Gerichtssaal zu schmuggeln. Ein Kugelschreiber ist gar als Schusswaffe gebaut, Alexander Laubinger zeigt es den staunenden Schülern: Man kann das Schreibgerät mit einer Kugel laden und abfeuern. Klar, dass er das nicht demonstriert, aber die Kinder begreifen schnell: Mit all den gezeigten Gegenständen ist nicht zu spaßen.
Holger Ebert, der Direktor des Amtsgerichts, erklärt den Kindern, dass jeder, der ins Amtsgericht will, durch die Einlasskontrolle muss. Jeder? "Wir haben ungefähr 50 Mitarbeiter", sagt Ebert. Die werden nicht jeden Tag kontrolliert, "wir kennen uns alle untereinander". Ohnehin sei es bei dem Job von Wachtmeister Alexander Laubinger wichtig, Menschen richtig einschätzen zu können: Wie aggressiv ist mein Gegenüber, verhält es sich verdächtig? Einige Kinder schlüpften danach selbst in die Rolle des Wachtmeisters und des Besuchers und probten die Einlasskontrolle.
Zum Staunen war der "Mitbringtag" auch andernorts für die Schüler: Am Vormittag waren die 23 Jungen und Mädchen zu Besuch bei der Haßfurter Feuerwehr. Kommandant Martin Volpert zeigte die Ausrüstung und Fahrzeuge, und noch besser: Die Kinder durften selbst mal ausprobieren. Reinklettern in ein voll ausgerüstetes "Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug 20" (kurz: HLF 20)? Gerne, nur zu! Mal mit der Drehleiter hoch hinaus oder eine Feuerwehrspritze bedienen? Bitte doch! Das gefiel den Kindern, die Gelegenheit bekommt man nicht jeden Tag.
Organisiert hatte den Mitbringtag Christine Stühler, die Gleichstellungsbeauftragte im Landratsamt in Haßfurt, unterstützt wurde sie dabei von Christa Kräml, Rechtspflegerin am Amtsgericht. Beide sind Mütter und wissen, dass der Buß- und Bettag als einzelner schulfreier Tag manche Eltern mit schulpflichtigen Kindern vor Probleme stellt. "Bei der Gleichstellungsarbeit ist auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein großes Thema", erklärt Stühler. Mit dem Angebot zum Buß- und Bettag wolle man den Mitarbeitern eine Möglichkeit bieten, die Kinder unkompliziert betreuen zu lassen. Ob das denn auch ankommt beim Nachwuchs? Christa Kräml hat ihre drei Kinder Moritz (7), Ariane (10) und Maximilian (14) mitgebracht, alle sind gespannt auf den Tag, wenngleich der Älteste der Mama zu verstehen gibt, dass er es auch gut und gerne alleine daheim ausgehalten hätte. Sein Schwester Ariane antwortet auf die Frage, wie denn das "Sturmfrei-Programm" zuhause ausgeschaut hätte: "Fernsehschauen." Später dann, als sie die bei der Feuerwehr Fahrzeuge und Ausrüstung bestaunt, wird klar: Eine solche Alternative zum Fernseher darf es gern sein.