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Doch was in der eigenen Garage so unkompliziert möglich ist, gestaltet sich an öffentlichen Ladesäulen komplexer. Denn im Gegensatz zu Benzin- und Dieselpreisen an Tankstellen werden die Stromkosten an Ladesäulen nicht angezeigt. Frey lädt den BMW übers Smartphone und die App seines Stromanbieters EnBW. Diese zeigt an, welche Ladesäulen im Umkreis besetzt oder noch frei sind. An der öffentlichen Ladesäule am Haßfurter Norma-Parkplatz angekommen, scannt Frey mit dem Handy zunächst einen QR-Code an der Station.
Die Haßfurter Ladesäulen sind barrierefrei. Das heißt, jeder Stromanbieter kann auf die Ladestationen der Kreisstadt zugreifen und Autofahrer somit unabhängig von ihrem Anbieter jede Säule nutzen. Aber: "Was am Ende der Preis ist, ist momentan noch ein Wackelspiel. Man müsste vorher beim Ladesäulenbetreiber nachschauen, wie viel es kostet, wenn man als Fremder darauf zugreift."
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Die Betreiber der Ladesäulen - beispielsweise das Stadtwerk Haßfurt, die ÜZ Mainfranken oder Eon - können Roaming-Gebühren verlangen: Tankt ein E-Autofahrer beispielsweise über die Eon-App oder Ladekarte an einer Säule des Haßfurter Stadtwerks, fallen ähnlich wie beim Geldabheben an einem "falschen" Bankautomaten zusätzliche Kosten an. Das Stadtwerk Haßfurt verlangt daher beispielsweise pro Ladevorgang eine Gebühr in Höhe von 40 Cent.
Gratis-Zeiten für E-Fahrer sind vorbei
Dass Anbieter ihren Strom kostenlos zur Verfügung stellen, wird in Zukunft immer seltener vorkommen, glaubt Günter Lieberth, Energieberater am Umweltbildungszentrum in Oberschleichach. "Am Anfang hat man E-Pionieren kostenlos Strom gegeben. Jetzt ist es Standard über Handy oder Ladekarte", sagt Lieberth. "Bei den lokalen Anbietern muss man aber keine Wucherpreise erwarten."
Unzählige verschiedene Anbieter mit eigenen Ladekarten und Apps können im Elektro-Bezahlsystem schnell Verwirrung stiften. Zudem verlieren Ladekarten ihre Gültigkeit, wenn ein Anbieter seine Zuständigkeit an einen anderen verkauft, wie kürzlich die Telekom. "Es ist nicht praktikabel, wenn ich 25 Apps und drei Karten rumschleppe und auf einmal ist sie nicht mehr gültig", macht Frey deutlich, während er durch sein Mäppchen voller Ladekarten blättert.
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Dieses Problem will die Bundesnetzagentur nun anpacken: Preise an Ladestationen sollen transparenter und wie an anderen Tankstellen angezeigt werden. In Freys Augen ein längst fälliger Schritt. Eine Zahlungsmöglichkeit per EC- oder Prepaid-Karte direkt an der Ladestation könne er sich beispielsweise als Lösung vorstellen. "Das war ein Chaos, was die vergangenen sechs Jahre betrieben wurde, da durfte ja jeder machen, was er wollte. Das ist teilweise katastrophal."
Und dennoch: Die Fahreffizienz, der fehlende Lärm und CO2-Ausstoß machen Wilma und Jürgen Frey zu definitiven Pro-Elektrofahrern. Vermeintliche Gegenargumente, wie fehlende Recyclingmöglichkeiten von E-Akkus oder eine angeblich geringe Reichweite, können die beiden nicht nachvollziehen. "Die Frage ist ja, wie viel ein durchschnittlicher Mensch an einem Tag fährt", gibt Wilma Frey zu bedenken. "Die wenigsten fahren 300 Kilometer, außer Außendienstler. Und auch die machen mal Pause." Ehemann Jürgen pflichtet ihr bei: "Es gibt genügend Ladesäulen. Für den urbanen Nahverkehr reichen 200 bis 300 Kilometer Reichweite aus."
Auto-Akku bergabwärts aufladen
Eine gute Vorbereitung auf Langstrecken sei zwar notwendig, aber mit entsprechenden Apps, die Ladestationen im Umkreis anzeigen, gut planbar. Die Freys haben mit ihrem Elektroauto sogar einen Ausflug an den Gardasee unternommen. Den Brenner hinunter konnte der Akku von selbst wieder an Reichweite laden. Autohersteller bieten zudem lange Garantien auf Akkus, die mittlerweile bis zu 20 Jahre halten können. Auch die Förderung beim Kauf eines Elektroautos wurde kürzlich auf 9000 Euro aufgestockt.
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E-Autos seien in der Anschaffung zwar teuer, aber nach dem ersten Kundendienst ihres BMWs habe sich bestätigt, wie gering der Verschleiß der Fahrzeugteile ist. Der Kreis Haßberge sei zudem gut mit Ladestationen ausgestattet, einzig an Schnell-Ladesäulen mangele es derzeit noch. Und eine Sache gibt es, die den Elektroliebhabern fehlt: Eine größere Bandbreite an E-Modellen zu erschwinglichen Preisen. "Tesla hat zwar viel für die Elektromobilität getan, aber ich würde mir wünschen, dass die Autohersteller was Vernünftiges für vernünftiges Geld bauen würden", sagt Jürgen Frey. Er persönliche träume nämlich von einem E-Camper in seiner Garage.
2 Stunden beträgt die durchschnittliche Ladedauer in Oberschleichach, in Zeil eine Stunde und 40 Minuten. Zu 90 Prozent werden die Akkus nur nach- und nicht komplett aufgeladen.
94 Elektrofahrzeuge sind derzeit im Kreis Haßberge zugelassen: 52 reine E-Autos sowie 36 extern aufladbare Hybrid-Benziner und sechs Hybrid-Diesel. Ende 2019 waren es 150.
5600 Kilowattstunden wurden 2019 an den Zeiler Ladestationen gemessen, 2018 waren es noch 6000. In Oberschleichach waren es im vergangenen Jahr 720 kWh, im Jahr zuvor 411.
Zahlen und Fakten zu E-Ladestationen im Kreis Haßberge
Standorte Im Landkreis Haßberge wird kein offizielles Verzeichnis über die vorhandenen E-Ladestationen geführt. Städte, Kommunen oder Energieversorger kümmern sich selbst um die Standortwahl. Energieberater Günter Lieberth hat zuletzt 33 Ladestationen mit insgesamt 74 gleichzeitig nutzbaren Ladepunkten gezählt. "Die Verteilung ist immer noch stark überwiegend im Maintal, was auf das jahrelange Engagement der drei regionalen Energieversorger in ihren Netzgebieten zurückzuführen ist." Allein das Stadtwerk Haßfurt betreibt aktuell 14 Ladestationen mit 35 Ladepunkten. Die Ladestationen sind online einsehbar unter www.goingelectric.de/stromtankstellen, www.ladeatlas.elektromobilitaet-bayern.de oder www.lemnet.org/de/map.
Beste Lage Die öffentliche Nutzbarkeit, Größe sowie die Lage zwischen Bahnhof und Stadtmitte und der Anschluss für Wohnmobile waren ausschlaggebend für die Installation der Ladestationen am Zeiler Altstadtparkplatz, erklärt Stadtwerksleiter Jürgen Klose. "Wir brauchen einen Standort, wo die Leute länger stehen und in der Nähe Zeit verbringen können, wie im Restaurant oder Supermarkt." Auch Schwimmbad- oder Kinoparkplätze eignen sich. Entscheidend ist auch, wo sich der nächste größere Stromanschluss befindet. Die Ladestation auf dem Parkplatz gegenüber des Ubiz in Oberschleichach (ÜZ) wird häufig von Kursteilnehmern genutzt.
Ladevorgänge Im Jahr 2019 verzeichneten die Stadtwerke 439 Ladevorgänge am Altstadtparkplatz, 2018 waren es 463. Klose führt den Rückgang darauf zurück, dass mehr Elektrofahrer eigene Ladesäulen zuhause nutzen. In Oberschleichach sind die Ladevorgänge von 38 auf 65 angestiegen.
Fairnessregel Unter E-Fahrern gilt der Ehrenkodex, mit vollem Akku keinen Ladeplatz zu blockieren. Ein Problem sei laut Lieberth, dass Verbrennungsmotoren häufig E-Parkplätze besetzen. Das kostet 50 Euro Strafe.