Pensionierter Oberstleutnant hat das Kommando

2 Min
Bürgermeister Dietz beglückwünschte Norbert Lohneiß zur Wahl.
Bürgermeister Dietz beglückwünschte Norbert Lohneiß zur Wahl.
 

Als der Bürgermeister auf ihn zueilte, um ihm per Handschlag zu gratulierten, nahm er Haltung an. Die Hacken knallten zusammen. "Kein Wunder, der war ja lange bei der Bundeswehr", raunte der Tischnachbar über Norbert Lohneiß , der da aufgesprungen war. Er vertritt künftig Gleusdorf und Hemmendorf im Untermerzbacher Gemeinderat als Ortsspecher.

Der gebürtige Bamberger (Jahrgang 1953) hatte so eben eine "Kampfabstimmung" gewonnen: Es ging nicht um eine Parteizugehörigkeit, sondern die Ausgangsposition lautete Gleusdorf kontra Hemmendorf, deren Einwohner sich an unterschiedlichen Tischreihen positioniert hatten.

Aus beiden Dörfern hatte bei der Gemeinderatswahl keiner der Kandidaten den Sprung an den Ratstisch im Untermerzbacher Rathaus geschafft, weswegen am Dienstagabend in der alten Schule ein Ortssprecher gewählt werden sollte.

"Mir liegt eine Liste mit 75 Unterschriften von Leuten vor, die sich einen Ortssprecher wünschen", sagte Bürgermeister Helmut Dietz (SPD), der daran erinnerte, dass es trotz der fünf Kandidaten aus Hemmendorf und Gleusdorf auf den unterschiedlichen Listen bei keinem zum Mandat gereicht hatte. "Da sieht man mal, wie doof wir sind", klagte ein Gleusdorfer selbstkritisch.

 


Zuletzt waren Gleusdorf und Hemmendorf gar nicht mehr am Ratstisch vertreten gewesen, weswegen Dietz die Aufgaben eines Ortssprecher kurz streifte: "Er bringt die Angelegenheiten der Dörfer vor, darf Anträge stellen und mitdiskutieren, aber nicht abstimmen."


Zwei Kandidaten wollten nicht
Vier Vorschläge wurden von den 21 Wahlberechtigten gemacht, zwei winkten gleich ab. Somit blieben nur Michael Thomas aus Hemmendorf, der für die SPD kandidiert hatte, und Norbert Lohneiß aus Gleusdorf, der bei der Gemeinderatswahl nicht angetreten war. "Schön, dass wir zwei Kandidaten haben", freute sich der Bürgermeister. Mit 16:4 Stimmen wurde letztlich Lohneiß das Vertrauen ausgesprochen.

Der gebürtige Bamberger ist mit einer Gleusdorferin verheiratet, hat zwei Kinder und drei Enkel.

 

Die Familie lebt erst seit zwei Jahren wieder im Untermerzbacher Gemeindeteil, denn der Diplom-Betriebswirt ist viel herumgekommen in den vergangenen 40 Jahren.

Als Berufssoldat schied er vor zwei Jahren im Rang eines Oberstleutnants aus der Bundeswehr aus.
Der Nachschub-Experte studierte in Darmstadt an der Fachhochschule und war in unterschiedlichen Verwendungen in Nürnberg, Weiden, Ellwangen, in Bremen in der Nachschubschule des Heeres und als stellvertretender Bataillonskommandeur in Veitshöchheim eingesetzt, wobei eine Einheit auch in Ebern stationiert gewesen war. "Da waren wir dann auch einmal für drei Jahre wieder in Gleusdorf."


Bei Auslandseinsätzen
Weitere Einsätze folgten auf dem Balkan (IFOR/1996), an der Logistikschule in Bremen, in Heesedorf/Bremervörde und zuletzt in Wilhelmshaven im Logistikzentrum für sämtlichen Auslandseinsätze.

/>Solch große Aufgaben warten nicht auf den neuen Ortssprecher. Findet zumindest Bürgermeister Dietz: "Gleusdorf ist ja ist komplett runderneuert und zu einem wertvollen Ort geworden. Auch Hemmendorf ist ein schmucker Gemeindeteil, der durch das Brauhaus viele Besucher anzieht, nicht nur Wallfahrer."

Die Pflichtaufgaben der Gemeinde seien in beiden Orten erledigt. So seien in Hemmendorf die Pumpwerke der Kanalisation erst ausgetauscht worden. Dennoch bat Dietz: "Haltet Eure Dörfer im Auge, legt mit Hand an und geht auf Euren Ortssprecher zu."

Nicht ganz so problemfrei beurteilt der Bürgermeister die Gesamtsituation der Gemeinde: "Wir müssen mit dem Geld maßvoll umgehen, um die Pflichtaufgaben zu erfüllen." Dazu zähle auch die Mittelschule in Ebern und "mit der ist uns auch der Hallenbad-Neubau auf die Füße gefallen". Die Schulen aus den 1960er-Jahren seien zum Teil "abgelebt" und bedürften der Sanierung. "Bildung ist unsere erste Ressource, an der wir arbeiten müssen."
Auch ans Kanalnetz müsse Hand angelegt werden, damit keine größeren Folgeschäden auftreten.