Neue Hausärzte braucht das Land

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Mit einem Famulatur-Programm, das im September erstmals angeboten wird und acht Nachwuchsmediziner in den Landkreis Haßberge gelockt hat, soll einem drohenden Hausärztemangel vorgebeugt werden. Foto: Archiv
Mit einem Famulatur-Programm, das im September erstmals angeboten wird und acht Nachwuchsmediziner in den Landkreis Haßberge gelockt hat, soll einem drohenden Hausärztemangel vorgebeugt werden. Foto: Archiv
Die betreuenden Ärzte und das Projektteam begrüßen die Famulanten im Landkreis Haßberge. Foto: Benjamin Herrmann/Gesundheitsregion plus
Die betreuenden Ärzte und das Projektteam begrüßen die Famulanten im Landkreis Haßberge.   Foto: Benjamin Herrmann/Gesundheitsregion plus
 
Benjamin Herrmann
Benjamin Herrmann
 

Erstmals absolvieren acht Medizinstudenten aus ganz Deutschland ihr vierwöchiges Pflichtpraktikum im Landkreis Haßberge.

Prophylaxe ist im Gesundheitswesen die beste Lösung. Das gilt nicht nur für die Krankheitsvorsorge, sondern beispielsweise auch für die Vorsorge vor einem Ärztemangel. Derzeit braucht man sich, wie aus einer Mitteilung des Landratsamtes in Haßfurt hervorgeht, als Patient im Landkreis Haßberge keine Sorgen um die ärztliche Versorgung zu machen. Aktuell sind noch ausreichend Hausärzte berufstätig. Dies könnte sich jedoch in den nächsten zehn bis 15 Jahren ändern, wenn nicht genügend Nachfolger für die in den Ruhestand gehenden Hausärzte gefunden werden.


Immer mehr Alte und Kranke

Das Gesundheitswesen steht vor besonderen Herausforderungen: Die Alterung der Bevölkerung, unter anderem ein Verdienst der Medizin, hat den Effekt, dass der Bedarf an medizinischem Personal steigt, da viele Krankheiten erst ab einem bestimmten Alter auftreten. Oft haben ältere Patienten nicht nur eine Erkrankung, sondern leiden also an mehreren verschiedenen Krankheiten gleichzeitig.
Mit diesen Entwicklungen hat laut Mitteilung aus dem Landratsamt Haßberge besonders der hausärztliche Bereich zu kämpfen. Und: Die behandelnden Hausärzte werden selbst immer älter. Das Durchschnittsalter der bayerischen Hausärzte beträgt derzeit 56 bis 57 Jahre. 35 Prozent sind sogar bereits 60 Jahre oder älter.
Vor Ort sieht es da vergleichsweise günstig aus. Das Durchschnittsalter der Hausärzte im Landkreis Haßberge betrug laut kassenärztlicher Vereinigung Bayern (KVB) zum Jahresbeginn rund 55 Jahre. Und die KVB hat eine hausärztliche Versorgungsquote von 98,5 gemeldet, für den Bereich Ebern sogar von 126,5 Prozent. Für den Moment also beruhigend.
Dem gegenüber steht jedoch, dass es in vielen Fällen am Nachwuchs fehlt, der die frei werdenden Praxen eines Tages übernehmen will. Das gilt insbesondere für Standorte in der Peripherie, wo statistisch gesehen besonders viele alte Patienten zu versorgen und relativ große Strecken bei Hausbesuchen zurückzulegen sind.


Ansprechpartner Nummer eins

Eigentlich ist der Hausarzt einer der zentralsten und wichtigsten Akteure der Gesundheitsversorgung. Er ist erster Ansprechpartner bei gesundheitlichen Beschwerden und begleitet oftmals ganze Familien und das zum Teil sogar über mehrere Generationen hinweg. Gründe für das mangelnde Interesse liegen unter anderem in der vergleichsweise niedrigeren Vergütung, dem persönlichen unternehmerischen Risiko - Hausärzte sind letztlich selbstständige Unternehmer -, aber vor allem auch an der hohen Arbeitsbelastung. Arbeitszeiten von zwölf oder mehr Stunden täglich sind bei einem Hausarzt keine Seltenheit. In ländlichen Gebieten sind diese Arbeitsbedingungen zumeist noch stärker ausgeprägt. Fehlt dann zudem noch die entsprechende Infrastruktur oder ein attraktives Freizeit- beziehungsweise Kulturangebot, sinkt die Motivation, Landarzt zu sein, zusehends.


Famulatur bei Niedergelassenen

Im Landkreis Haßberge findet daher unter dem Leitgedanken der "Gesundheitsregion plus" erstmals ein Projekt statt, welches angehende Mediziner für den Beruf des Hausarztes und vor allem auch für den Landkreis begeistern will.
Unter dem Titel "Main Sommer 2017" absolvieren acht Medizinstudenten aus ganz Deutschland im September ihre Famulatur bei niedergelassenen Hausärzten der Region. Die Famulatur ist ein vierwöchiges Pflichtpraktikum während des Medizinstudiums und soll den Studenten Einblicke in den Berufsalltag eines Hausarztes ermöglichen.
"Natürlich wird eine einmalige Durchführung des Projektes keine Lösung des zu erwartenden Hausärztemangels bewirken. Wir hoffen auf einen Langzeiteffekt und vor allem darauf, dass sich unter Nachwuchsärzten herumspricht, wie schön es in den Haßbergen ist", erklärt Benjamin Herrmann, der Geschäftsstellenleiter der "Gesundheitsregion plus".
Im Zuge des Projektes, das vom bayerischen Hausärzteverband finanziell unterstützt wird, sollen den teilnehmenden Studenten, über die normale Famulatur hinaus, zusätzliche praxisnahe Inhalte vermittelt werden. Das Rote Kreuz Haßfurt beispielsweise organisiert ein Notfalltraining und an den Haßberg-Kliniken bieten sich den Studenten mehrmals wöchentlich Workshops, bei denen sie zum Beispiel chirurgische Nahttechniken erlernen können.
Die Studenten sind gemeinsam in Haßfurt untergebracht und lernen den Angaben zufolge bei Freizeitaktivitäten die schönsten Seiten des Kreises als Gruppe kennen. Das soll zur Begeisterung anstecken. red/eki