Leidenschaft mit Brief und Siegel

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Raimund Schäfer in seiner Brennerei: Mit einer Spindel bestimmt er den Alkoholgehalt des Brandes. Foto: may
Raimund Schäfer in seiner Brennerei: Mit einer Spindel bestimmt er den Alkoholgehalt des Brandes. Foto: may
Sebastian Peisl, Präsident der Bayerischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau (links) und Ministerialrat Johann Stockinger (recht) überreichten die Urkunde an Raimund Schäfer. Foto: may
Sebastian Peisl, Präsident der Bayerischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau (links) und Ministerialrat Johann Stockinger (recht) überreichten die Urkunde an Raimund Schäfer. Foto: may
 

Seine Freude am Hochprozentigen hat Raimund Schäfer auf die Schulbank geführt. Für den Abschluss als geprüfter Brenner büffelte er die Theorie. Der Gleisenauer ist Pionier.

Schnapsbrennen - da mag man an unwegsame Gegenden in Amerika zur Zeit der Prohibition denken, an selbst gezimmerte Brennöfen, aus denen hochprozentiger Whiskey tropft, an das heimliche Brennen von Korn im verdunkelten Keller oder in einer umgebauten Milchkanne.

Um Schnapsbrennen drehen sich Männerfantasien durchaus. Im Landkreis Haßberge gibt es einige private Brenner, denen die Veredelung von Wein und Obst zu einem hochprozentigen Tropfen gelingt. Eine Urkunde dafür hat bislang nur einer.

Geprüfter Brenner

Zum fachgerechten Brennen gehören neben einer alkoholischen Basis, einer Destille und einer Genehmigung auch Köpfchen. Dieses Wissen hat - offiziell bescheinigt - Raimund Schäfer in Gleisenau.
Er ist der erste und einzige im Landkreis Haßberge, der die Abschlussprüfung im staatlichen anerkannten Ausbildungsberuf Brenner erfolgreich abgelegt hat und mit einer Urkunde vom bayerischen Landwirtschaftsministerium ausgezeichnet wurde.

Warum die Ausbildung zum Brenner? "Es war schon immer eine Leidenschaft von mir, aus heimischen Früchten und Wildobst edle Brände und Liköre herzustellen", erzählt er. Schäfer brennt in dem Ebelsbacher Gemeindeteil seit vielen Jahren, aber jetzt hat er auch den Berufsabschluss - mit 63 Jahren.

Zum Brennen gehört die graue Theorie. Ohne Maische, sprich, einer vergorenen Grundsubstanz, geht es nicht. Das kann Wein sein oder mit Hefe vergorenes Obst. Um einen Brand herstellen zu können, nimmt Raimund Schäfer nur Früchte, die einen bestimmten Zuckergehalt haben: alle Früchte wie Äpfel, Birnen, Mirabellen, Pfirsiche, Quitten, Zwetschgen und gelbe Pflaumen sowie Brombeeren, Himbeeren, Schlehen und Holunder.

Sensorik und Technologie

Die unterschiedlichsten Lehrgänge hat der "Schüler" besucht, um die theoretischen Grundlagen einmal von der Pike auf zu lernen. Er befasste sich mit Sensorik und der Technologie der Obst- und Getreidebrennerei. Dazu gehörte neben der Charakterisierung der verschiedenen Obstsorten auch die Definition der zugehörigen Merkmale und Merkmalausprägungen. Schäfer büffelte betriebliche Analytik, las nach über das Einmaischen, über die alkoholische Gärung, Destillation und Sensorik.

Und dann ging es auch noch um Themen wie die umweltschonende Erzeugung qualitativ hochwertiger Rohstoffe und die Herstellung von Likören, Bränden und Geist. Der Gleisenauer kennt sich jetzt voll aus mit betriebswirtschaftlichen Grundlagen, gesetzlichen Rahmenbedingungen, zollrechtlichen Vorgaben, Produktgestaltung und Vermarktung.

In der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim legte Raimund Schäfer mit 21 weiteren Kursteilnehmern die theoretische und Sensorik-Prüfung ab. Anschließend folgte die praktische Prüfung im Lehr- und Beispielbetrieb für Obstbau in Deuten kofen.

1992 hat Raimund Schäfer seine Winzerausbildung abgeschlossen. Seine Heckenwirtschaft lief auf Hochtouren, und so wagte er den Schritt, erwarb ein altes Anwesen in Gleisenau und nach dem Umbaumaßnahmen eröffnete er dort die "Weinscheune".