Kleine Delle mit großer Wirkung

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Amtsgericht Hassfurt. Foto: Symbolbild
Amtsgericht Hassfurt. Foto: Symbolbild

Das Amtsgericht in Haßfurt muss ein Verfahren wegen Unfallflucht zum dritten Mal ansetzen, weil zur zweiten Verhandlung vier Zeugen einfach nicht gekommen waren. Die Angeklagte lehnt eine Einstellung ab und fordert Urteil.

Das erlebt man auch nicht alle Tage bei Gericht: Vier Zeugen sind geladen - und keiner kommt zu dem Prozess am Amtsgericht in Haßfurt. Dass zu dem Verfahren wegen Fahrerflucht eine Sachverständige erschienen war, reichte dem Jugendrichter Martin Kober nicht. Er verhängte gegen drei der säumigen Zeugen ein Ordnungsgeld von jeweils 100 Euro und setzte einen neuen, den nunmehr dritten Gerichtstermin in dieser Strafsache fest.

Beim Einparken anderen angefahren?

Wie vor etwa zwei Monaten saß eine 20-jährige Angestellte neben ihrem Rechtsbeistand Tilman Fischer auf der Anklagebank. Laut Anklageschrift der Staatsanwaltschaft soll die Frau am 2. Juli letzten Jahres in Hofheim mit ihrem BMW ein anderes Auto beim Einparken angerempelt haben.


Gegen den ihr zugestellten Strafbefehl über 1250 Euro plus zwei Monate Fahrverbot hat sie Einspruch eingelegt, weil sie sich keiner Schuld bewusst ist.

Wie beim ersten Gerichtstermin betonte der Verteidiger, dass sich der Unfall nicht so abgespielt haben könne, wie von der Anklage behauptet. Das, so der Anwalt, gehe aus einem Gutachten hervor, das die Beschuldigte selbst in Auftrag gegeben hatte. Allerdings wurde die Expertise von keinem vereidigten, vom Gericht beauftragten Sachverständigen erstellt. Und genau ein solches neues Gutachten hatte der Gerichtsvorsitzende damals angeordnet.

Sachverständige zur Stelle

Im Gegensatz zu den Zeugen war die vereidigte Sachverständige pünktlich zur Stelle. Aber Klarheit konnte sie auch nicht schaffen. Zwar inspizierte sie die beiden Autos eingehend und stellte fest, dass das angerempelte Auto eine Delle davongetragen hatte und am BMW der Beschuldigten keine Unfallspuren erkennbar seien. Trotzdem konnte sie letzten Endes nicht ausschließen, dass der BMW den Aufprall doch verursacht haben könnte.

In dieser unbefriedigenden Situation eruierte der Richter, ob das Verfahren durch eine Einstellung wegen Geringfügigkeit beendet werden könne. Einer solchen Lösung wollte Staatsanwältin Isabel Schneider aber nur unter der Bedingung zustimmen, dass als Geldauflage 400 Euro festgesetzt werden. Dieser Verfahrensausgang hätte für die junge Frau bedeutet, dass sie nicht verurteilt worden wäre.

Obwohl der Rechtsanwalt seiner Mandantin empfahl, in den sauren Apfel zu beißen, ließ die sich nicht ins Bockshorn jagen und blieb bei ihrer Meinung. Da sie sich vollkommen unschuldig fühlt, sieht die Autofahrerin nicht ein, dass sie auch nur einen geringen Geldbetrag bezahlen soll. Sie will einen Freispruch.

Und so blieb dem Gericht nichts anderes übrig, als einen neuen Termin anzusetzen. Am 27. Januar werden alle Beteiligten erneut zu einer öffentlichen Verhandlung vorgeladen. Gegen drei der fehlenden Zeugen, den Geschädigten und zwei Anwohner, verhängte Kober ein Ordnungsgeld, ersatzweise drei Tage Ordnungshaft. Unerklärlich für alle Beteiligten war die Tatsache, dass auch eine als Zeugin geladene Polizistin unentschuldigt nicht erschienen war.