In der Lichtstube werden Geschichten lebendig

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Tadellos - der aus einem Strauch gewachsene Besen ist über 50 Jahre alt. Ein schönes Stück aus dem Privatmuseum von Willi Sauer. Alle Fotos: Manfred Wagner
Tadellos - der aus einem Strauch gewachsene Besen ist über 50 Jahre alt. Ein schönes Stück aus dem Privatmuseum von Willi Sauer. Alle Fotos: Manfred Wagner
So wie alle Exponate aus dem Privatmuseum von Willi Sauer weisen auch diese Handsicheln starke Gebrauchsspuren auf. Foto: mw
So wie alle Exponate aus dem Privatmuseum von Willi Sauer weisen auch diese Handsicheln starke Gebrauchsspuren auf. Foto: mw
 
Wo man singt, da lass dich nieder! Christian Lübke begleitete auf der Gitarre die sangesfrohen Gäste. Foto: mw
Wo man singt, da lass dich nieder! Christian Lübke begleitete auf der Gitarre die sangesfrohen Gäste. Foto: mw
 
Unter der Regie von Georg Krebs kamen in froher Runde etwa 50 Holzhäuserinnen und Holzhäuser zum Lichtstubenabend, zu dem der örtliche Obst- und Gartenbauverein eingeladen hatte. Die Anekdoten aus dem früheren Dorfleben sorgten für humorvolle und gesellige Stunden im alten Rathaus. Foto: mw
Unter der Regie von Georg Krebs kamen in froher Runde etwa 50 Holzhäuserinnen und Holzhäuser zum Lichtstubenabend, zu dem der örtliche Obst- und Gartenbauverein eingeladen hatte. Die Anekdoten aus dem früheren Dorfleben sorgten für humorvolle und gesellige Stunden im alten Rathaus. Foto: mw
 
Willi Sauer zeigt beim Lichtstubenabend, was ein echter Gerbstrick ist. Die Schnüre waren früher beim Aufstellen der Getreidegarben unentbehrlich. Foto: mw
Willi Sauer zeigt beim Lichtstubenabend, was ein echter Gerbstrick ist. Die Schnüre waren früher beim Aufstellen der Getreidegarben unentbehrlich.  Foto: mw
 

In Königsberger Stadtteil Holzhausen gab es ein Singen und Erzählen beim Lichtstubenabend: Die Dorfbewohner trafen sich im alten Rathaus, und die Älteren erzählten, wie damals "die Säulich g'schlachtet, die Gretelsuppe gekocht und die Bratwurstmaß geholt wurde".

Früher wurden in Holzhausen die Kinder nicht bloß in den April, sondern am Schlachttag auch zum Bratwurstmaß-Holen geschickt. Wenn dann der Lausbub mit einem schweren Sack heimkam, in dem einige Backsteine steckten, und der Metzger lauthals zu lachen anfing, ging dem Buben ein Licht auf. Über diese und viele andere Anekdoten aus der guten alten Zeit schmunzelten zahlreiche Besucher beim Lichtstubenabend im historischen Rathaus.

Viele schwärmen noch heute in den höchsten Tönen davon: In der Winterszeit traf sich früher in vielen Dörfern der Region die unverheiratete Dorfjugend abends in der guten Stube einer aufgeschlossenen Bauersfamilie. Da wurde gestrickt und gehäkelt, gesponnen und gesungen, geplaudert und gelacht, gespielt und musiziert. Mit einem Wort, in der Lichtstube ging's meist recht lustig zu, und alle genossen die gemütliche Stimmung.

Lebendiger Ort der Begegnung

An diese schöne Tradition knüpfte am Wochenende der Obst- und Gartenbauverein Holzhausen an. Die bunte Schar der Gäste verwandelte das ehemalige Ratszimmer in einen lebendigen Ort der Begegnung mit viel Gesang und Heiterkeit. Unter der Regie von Georg Krebs erzählten die Senioren davon, wie gedroschen und geschlachtet wurde, wie man den Fasching und das Hochzeitsfest feierte. Zwischendurch sang man muntere Liedchen, auf der Gitarre begleitet durch Christian Lübke.

Höchst beliebt bei den Kindern war anno dazumal der Dreschtag - da gab es für alle die "Dorfwäch'n" - ein dick mit Butter und Marmelade bestrichenes frischgebackenes Bauernbrot. Am Schlachttag dagegen, der immer in der kalten Jahreszeit über die Bühne ging, stand deftige Hausmannskost im Vordergrund. Frühmorgens eine Brotsuppe, später die Schlachtschüssel und die Gretelsuppe.

Bei der Hochzeit wiederum schmauste man eine spezielle Suppe mit Schwimmerlich und Leberklößchen, und im Fasching stiegen die flinksten der Dorfburschen auf das sich wie wild drehende Teufelsrad.

Nicht alles war nur gut

Dass in der guten alten Zeit doch nicht alles nur gut war, wurde nicht verschwiegen. Die Alten berichteten von dem, was ihnen als Kind erzählt worden war. In ganz trockenen Jahren, in bittersten Zeiten, fuhren die Bauern mit Kühen in den Wald, um frisches Laub zu rupfen.

Recht anschaulich wurde es, als Willi Sauer einige Schätze aus seinem Privatmuseum herumzeigte. Ob den handgebundenen Besen, die historische Sichel, die Petroleumlaterne oder den Gerbstrick - in Sachen Ackerbau und Viehzucht macht dem ein Leben lang praktizierenden Landwirt so leicht niemand was vor. Heute noch ist der große Garten des 81-Jährigen top in Schuss.

Das gab es früher alles im Dorf

Mit einer lebhaften Schilderung dessen, was früher alles im Dorf zu finden war, setzte die 84-jährige Gertrud Wagner den gelungenen Schlusspunkt. Ob Schuster oder Schmied, ob Müller oder Bäcker, ob Kaufladen oder Wirtshaus, ob Schule oder Kirche - alles war da.

Und in den Gottesdienst ging damals jeder - bis auf einen. Der musste währenddessen mit einem Spieß bewaffnet durchs Dorf laufen und aufpassen, dass alles ruhig blieb.