Das "Zeilberger Integrationsprojekt" hilft Menschen, die aus der Bahn geworfen wurden, wieder selbstbestimmt leben und arbeiten zu können.
Den Zeilberg bei
Maroldsweisach mit seinem Steinbruch kennen viele. Vermutlich auch den Biergarten auf dem Zeilberg mit seinem süffigen Dunkelbier. Weniger sind möglicherweise mit dem vertraut, was im "Haus auf dem Zeilberg" vom Diakonischen Werk Bamberg-Forchheim mit psychischen Problemen getan wird. Für ihr "Zeilberger Integrationsprojekt" (ZIP) wurden die Verantwortlichen um Leiterin Andrea Wolfer bei der Jahresschluss-Sitzung des Gemeinderates Maroldsweisach von Bürgermeister Wolfram Thein ausgezeichnet.
Das "Zuverdienstprojekt" wurde im Jahr 2001 gestartet und das Projekt "Arbeitsreif" im Jahr 2013, zunächst mit ehrenamtlichem Engagement der Mitarbeiter, wie die Leiterin, Andrea Wolfer, erklärt. "Geschäftsfelder", in denen sich psychisch auffällige und kranke Menschen betätigen können, sind die Bereiche Garten- und Waldarbeit, Gastronomie, Wohnungsauflösungen, Secondhand-Laden und Holzbearbeitung in eigener Werkstatt. Mehr als 30 betroffene Menschen sind als Zusatzverdienstmitarbeiter tätig, davon neun im Projekt "Arbeitsreif." Seit Februar ist die Einrichtung in Zusammenarbeit mit dem Integrationsamt der Regierung von Unterfranken in der Lage, die ersten beiden geschützten sozialversicherungspflichtigen Halbtagsarbeitsplätze zu schaffen. Die Menschen dort haben Persönlichkeits- und reaktive Anpassungsstörungen, Depressionen oder chronische psychische Erkrankungen.
Zwei Menschen, die sich auf dem Haus auf dem Zeilberg wohlfühlen, sind Maximilian Eisele und Yvonne Jahnke, die beide aus dem Landkreis Haßberge kommen. Sie sind bei Olaf Betz anzutreffen, der auf dem Zeilberg für Arbeit und Beschäftigung mit den psychisch kranken Mitarbeitern zuständig ist. "Wir haben derzeit 32 Menschen aus der gesamten Region in unserem Projekt, gut die Hälfte im Betreuten Wohnen", sagt Betz.
Maximilian Eisele ist 32 Jahre und seit 2014 auf dem Zeilberg. "Mein Berufswunsch war es, Medizinischer Bademeister zu werden. Aber ich wurde durch private Probleme aus der Bahn geworfen, wurde krank, bin depressiv geworden und in eine Isolation hineingerutscht", sagt der junge Mann. Auf dem Zeilberg ging es aufwärts, trotz einiger Rückschläge, sagt Maximilian. "Ich lernte mit Höhen und Tiefen zurechtzukommen, und mein festes Ziel ist es, wieder in die Selbstständigkeit zu kommen."
Wenn es soweit ist, wird er dem Zeilberg den Rücken kehren, dankbar dafür, dass ihm hier geholfen wurde. Sein Betätigungsfeld ist vor allem die Küche im Biergarten, also die Gastronomie. Etwa vier Stunden beträgt gegenwärtig sein Arbeitstag. Spaß macht es ihm, wenn im Sommer vor allem am Wochenende das Geschäft im Biergarten gut läuft. Neben seiner Arbeit ist er auch für sein Zimmer in der WG voll verantwortlich. Ob er, so er wieder selbstbestimmt sein Leben führen kann, in der Gastronomie arbeitet, kann er heute noch nicht sagen, eine Option wäre es aber.
Das Projekt "Arbeitsreif" setzt bei jungen Menschen an, die in ihrem bisherigen Leben aufgrund verschiedenster Umstände gescheitert sind und aufgrund psychischer Erkrankung eines besonderen Schutzraumes bedürfen, um wieder Fuß fassen zu können, erläutert Andrea Wolfer. Die jungen Leute, für die das Projekt ins Leben gerufen wurde, sind mit den Anforderungen der Arbeitswelt überfordert. Ziel ist es, die Menschen in Absprache mit dem Jobcenter Haßberge in die Arbeitswelt zu integrieren, bei wenigen Arbeitsstunden in das Zuverdienstprojekt aufzunehmen und ihnen damit wieder Lebensmut und Perspektiven für ein berufliches Leben zu geben. "Vorrangige Ziele sind, ihnen dabei zu helfen, ein gesundes Selbstvertrauen zu entwickeln und eine geregelte Tagesstruktur zu erlernen, sie zu befähigen, soweit wie möglich ihre eigenen Fähigkeiten einzusetzen", sagen Andrea Wolfer und Olaf Betz. Das spezifische Wissen aller, die dabei helfen, ergänze sich in besonderer Weise.
Yvonne Jahnke ist seit März 2017 auf dem Zeilberg und ist 39 Jahre alt. Bevor sie "aus der Bahn geworfen" wurde, hat sie den Gastronomieberuf erlernt und auch einige Zeit in diesem Beruf gearbeitet. "Wegen Problemen mit meinem damaligen Arbeitgeber gab ich den Beruf auf", sagt Yvonne. Mehrere Jahre arbeitete sie anschließend in einer Fabrik im Zweischichtendienst. Hier habe sie Mobbing erfahren, was letztlich bei ihr im Jahr 2008 zu einem ersten Zusammenbruch führte.
Auf dem Zeilberg habe sie nach und nach wieder zu sich gefunden. "Es hat mir gutgetan, und ich möchte auch hier bleiben und wenn möglich in ein geregeltes Arbeitsverhältnis übernommen werden", sagt die 39-Jährige. Beschäftigt ist sie gegenwärtig im Secondhand-Laden der Einrichtung in Maroldsweisach mit Heidi Müller-Gärtner, die beim Diakonischen Werk arbeitet. Aber auch beim Flohmarkt auf dem Zeilberg hilft sie mit.
Maximilian Eisele und Yvonne Jahnke sind zuversichtlich, dass es ihnen gelingen wird, wieder selbstbestimmt leben und arbeiten zu können. Auch Allroundhandwerker Richard Ebert, Rentner aus Unterpreppach, ist öfters auf dem Zeilberg zu finden. In der dortigen Holzwerkstatt können ihm interessierte Menschen über die Schulter schauen und von seinen Fertigkeiten profitieren, oder sich möglicherweise für die kreativen Produkte der Holzwerkstatt begeistern.
Eine Besonderheit des Diakonischen Werkes ist es, in die Zukunft junger Menschen zu investieren, ohne sämtliche Kosten wieder refinanziert zu bekommen. "In unserem Regierungsbezirk ist unser Konzept einzigartig", schwärmt Andrea Wolfer und hebt die enge Zusammenarbeit mit dem Jobcenter und der Sozialpsychiatrie hervor. "Vielleicht könnte diese Idee auch Beispiel für andere Inklusionsfirmen sein", überlegt sie. Sie freut sich, dass das Jobcenter Bamberg die Idee des Zeilbergs aufgegriffen hat und auch von dort junge Menschen begleitet werden. Nicht ohne Stolz erwähnt sie: "Wir haben mit unserem Projekt ,Arbeitsreif? den Inklusionspreis im Bereich Arbeit des Bezirkes Unterfranken gewonnen." Das war auch Anlass für die Marktgemeinde Maroldsweisach die Betreuer dieses Projektes zu ehren, wie bei der Jahresschlusssitzung Bürgermeister Wolfram Thein sagte. Er zeigte sich stolz darauf, dass in seiner Gemeinde dieser Erfolg erzielt wurde.
Der Start verlief erfolgreich, ist Andrea Wolfer überzeugt und freut sich darüber, dass bereits zwei junge Mitarbeiter, die "arbeitsreif" sind, in der Einrichtung arbeiten. Der Ausbau der Gastronomie auf dem Zeilberg sei in Planung, um gute Arbeitsbedingungen für die "Zuverdienstler" zu schaffen. Auch der Secondhand-Laden, der in Maroldsweisach angemietet wurde, wäre ein Schritt, das Projekt erfolgreich weiterzuführen.