Ein Geistlicher aus dem Landkreis Haßberge musste sich um wiederholten Mal wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verantworten. Er bekam eine allerletzte Chance. Zeitweise wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen.
Fahren ohne Fahrerlaubnis gehört eher zu den Peanuts im deutschen Strafrecht. Der jüngste Fall am Haßfurter Amtsgericht war eigentlich nur aus einem einzigen Grund interessant: Bei dem Angeklagten handelt es sich um einen amtierenden Pfarrer aus dem Kreis. Auf dessen Antrag hin wurde die Öffentlichkeit zeitweise ausgeschlossen, erst beim Plädoyer des Staatsanwalts und zur Urteilverkündung durften die Zuhörer wieder im Gerichtssaal Platz nehmen. Weil er zur Tatzeit unter laufender Bewährung stand, wurde der Geistliche zu einer dreimonatigen Bewährungsstrafe verurteilt.
Vor einem Jahr schon einmal einschlägig verurteilt Vor gut einem Jahr saß der 60-Jährige schon mal auf der Anklagebank. Damals wie jetzt ging es darum, dass er hinter dem Steuer seines Wagens erwischt wurde, obwohl er keinen gültigen Führerschein besitzt.
Die Fahrerlaubnis wurde dem Pater bereits vor Jahren entzogen, weil er sein Punktekonto in Flensburg überstrapaziert hatte. Etliche Male hatten die Blitzer teure Fotos von dem Mann im Talar geschossen, weil der zu tief aufs Gaspedal getreten hatte.
Ordentlich bekleidet mit Jackett und Krawatte, auf seine auf dem Tisch ausgebreiteten Unterlagen konzentriert, hatte sich der Angeschuldigte bereits eine Viertelstunde vor Verhandlungsbeginn eingefunden. Nachdem die in Haßfurt neue Strafrichterin Ilona Conver in einem nüchtern-sachlichen Stil die Personalien aufgenommen und Staatsanwalt Ralf Hofmann die Anklageschrift verlesen hatte, ergriff der Pfarrer das Wort.
Privates Geheimnis Zwar sei er bereit, sich zur Sache zu äußern. Zuvor jedoch, trug der reumütige Verkehrssünder vor, solle die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden.
Er begründete sein Anliegen damit, dass in dem Prozess eine gutachterliche Stellungnahme zur Sprache komme. Und in dieser Sachverständigenschrift werde sein höchstpersönlicher Lebensbereich thematisiert. Er sprach dabei sogar von einem "privaten Geheimnis", das niemanden etwas angehe.
Nachdem der Vertreter der Anklage keine grundlegenden Einwände gegen dieses Ansuchen vortrug, verfügte die Richterin den Ausschluss der Öffentlichkeit. Fest steht die Tatzeit: Es war Samstag, der 7. September 2013, nachmittags um halb vier, als die Polizei ihn ertappte. Über die Hintergründe, Tatumstände und das Motiv kann indes nur spekuliert werden. In dem Gutachten ging es offensichtlich auch um gesundheitliche Fragen.
Die von der Staatsanwaltschaft geforderte viermonatige Bewährungsstrafe reduzierte die Amtsrichterin auf ein Vierteljahr.
"Trotz Bedenken", führte sie bei der Urteilsbegründung aus, habe sie den Vollzug der Freiheitsstrafe zugunsten einer "allerletzten Chance", die drei Jahre währt, ausgesetzt. Dass Hochwürden bei der letzten Tat bereits unter offener Bewährung stand, sei "gewissermaßen ein Hammer", unterstrich die Juristin.
Das ist keine Lappalie mehr Nur einem glücklichen Zufall, führte sie weiter aus, sei es zu verdanken, dass bei den zahlreichen Verstößen bislang nichts Gravierendes passiert sei. Keineswegs handele es sich bei den Vorfällen um Lappalien. Als zusätzliche Auflage des Gerichts muss der Verurteilte 1800 Euro an die Organisation terre des hommes zahlen. Der Richterspruch ist rechtskräftig.
Es sind doch immer wieder denkwürdige Entscheidungen, die die Öffentlichkeit aus der Kreisstadt ereilen. Oder kam die Nachricht aus dem Amtsgerichtsstädtchen Geisbach?
"Die Chancen für einen Freispruch, eine Einstellung des Verfahrens oder jedenfalls ein milderes Urteil sind um so höher, je näher der Angeklagte mit seinem sozialen Status dem des mehrheitlich der oberen Mittelschicht entstammenden Richters kommt."
Zitat aus: Rechtssoziologie, Ein Lehrbuch von Prof. Dr. Klaus F. Röhl, Ruhr-Universität Bochum
Kapitel 8, Seite 368
www.ruhr-uni-bochum.de/rsozinfo/pdf/Roehl-RS-Kap8.pdf
Dazu fällt mir die rasende Nonne in einem Film mit Louis de Funès als Gendarm von St. Tropez ein.
Jetzt fehlen eigentlich nur noch die unbelehrbaren Nudisten.
Mal zur Relation:
Bei Oma Gerti (87) aus Ennepetal klickten die Handschellen, weil sie mit der Bahn schwarz gefahren ist. Der Richter hat sie ins Kittchen geschickt. Schwarz gefahren ist sie, weil sie nicht mehr gut zu Fuß ist und sich von ihrer 560-Euro-Rente keine Fahrkarte leisten konnte.
http://www.welt.de/print/welt_kompakt/print_politik/article123648436/Kann-denn-Vatikan-Suende-sein.html