Auf ganz ungewöhnliche Art und Weise wurde Pfingsten in der Schlosskirche in Eyrichshof gefeiert. Der Pfarrer fuchtelte mit den Händen umher, die Besucher hörten nichts. Manfred Greinke zelebrierte den ersten Gebärden-Gottesdienst.
Kunterbunt und laut war es am Pfingstmontag beim Gartenfest auf Schloss Eyrichshof. Ein ruhiges Plätzchen war kaum zu finden. Aber doch, das gab es auch. In der Schlosskirche fand mitten im ganzen Gartentrubel ein Gottesdienst mit Gebärdensprache statt. "Es war eine Initiative von Pfarrer Manfred Greinke", erzählt Katharina Mußmächer, Mitglied im Kirchenvorstand der evangelischen Kirchengemeinde Eyrichshof-Fischbach, "wir im Kirchenvorstand mussten dann nur noch zustimmen." Aber sie boten damit einer ganz außergewöhnlichen Veranstaltung Platz im Kirchenjahr.
Es war ein Pfingstgottesdienst ganz ohne Orgel und Musik. Aber um den Heiligen Geist ging es trotzdem. Denn dieser erreicht schließlich alle Menschen - unabhängig davon, mit welcher Zunge sie sprechen. Viele der Besucher in der Schlosskirche in Eyrichshof kannte Manfred Greinke. "Ich freue mich, dass ihr gekommen seid.
Aus Meinigen, Suhl, Coburg, Arnstadt und Sonneberg", begrüßte Greinke die Gläubigen aus seiner alten Gehörlosen-Gemeinde im Kreis Meiningen, wo er bis Ende letzen Jahres als Seelsorger tätig war. Zwischendrin saßen aber auch Hörende von überall her.
Besondere Atmospäre Letzeren versprach Manfred Greinke: "Bei diesem Gottesdienst wird alles ganz anders aussehen." Die Atmosphäre des Gottesdienstes war mit Worten kaum beschreibbar. Die Hörenden hatten viel zu sehen und achteten auf die Aussagen von Greinke: "Wir Gott danken!", "Du alles gut machst!" oder "Ich euch alle das von Herzen wünsche!"
Recht "falsch" hörte sich es an, als Greinke die Gebärden mit seiner eigenen Sprache begleitete. Aber der Satzbau folgte der Gebärdensprache: Zuerst die Zeit, dann der Ort. Es folgen das handelnde Subjekt, das Objekt und das Prädikat.
Das Verb steht immer am Schluss, wobei es das Wörtchen "sein" in der deutschen Gebärdensprache nicht gibt. Viele Gebärden waren für hörenden Gottesdienstbesucher leicht zu erkennen. Denn. "Wie es Sprach- oder Wortspiele gibt, gibt es diese auch in der Gebärdensprache."
"Wie die Jungfrau zum Kind" ist Manfred Greinke vor vielen Jahren zur Gebärdensprache gekommen. In Meiningen, wo er als Pfarrer im Jahr 1998 tätig war, war die Zusatzaufgabe der Betreuung der Gehörlosen-Gemeinde frei geworden und man suchte nach einem Nachfolger. In der Runde der Mitbrüder wurde bei einem Treffen ein Gebärdensprachenlied ausprobiert und im Nachgang fuchtelte Greinke noch etwas mit seinen Händen herum. Prompt hatte sich der damalige Superindentant für einen Nachfolger entschieden: "Bruder Greinke, Sie scheinen Feuer gefangen zu haben. Da liegt das Gebärdensprachbuch.
Nehmen Sie sich der Sache an!" Greinke erinnerte sich weiter: "Ich hatte damals keinen Gehörlosen-Hintergrund. Ich bin ja eher Musiker. Also ganz gegensätzlich."
Heute hat er fundiertes Wissen durch seine langjährige seelsorgerische Tätigkeit in Thüringen. Manfred Greinke hat spezielle Ausbildungen gemacht, Gebärden gelernt und Bildungsreisen nach Kreta, Malta und Zypern mit den Mitgliedern von Gehörlosengemeinden unternommen. "In der Seelsorge von Gehörlosen gibt es andere Schwerpunkte. Kommunikationsprobleme zum Beispiel", erklärt Manfred Greinke im Gespräch. "Gerade bei Mischfamilien von Hörenden und Gehörlosen ist das Verstehen oft ein Problem.
Außerdem wurde die Gebärdensprache auch erst in den letzten Jahrzehnten so richtig in den Schulen akzeptiert."
"Etwas zum Schauen" An seiner alten Wirkungsstätte in Unterkatz/Thüringen, die Greinke Ende letzten Jahres verließ, um in die Gemeinde Eyrichshof-Fischbach zu wechseln, war Greinke so richtig mittendrin in der Gehörlosenseelsorge. "In der hiesigen habe ich noch nicht so Fuß gefasst wie damals", informierte Manfred Greinke am Pfingstmontag in Eyrichshof. "Ich muss sagen, ein bisschen aufgeregt bin ich schon. Ich habe ja jetzt seit fast einem halben Jahr nicht mehr gebärdet", meinte Greinke.
Mit diesem Gottesdienst hat der Pfarrer einen ersten Schritt zum Aufbau der Gehörlosenseelsorge im Haßberge-Raum gemacht. In einem Jahr soll es den nächsten Gottesdienst geben.
Dankbar ist Greinke Baron Hermann von Rotenhan: "Den Gottesdienst während des Gartenfestes zu machen, ist eine schöne Sache. Die Gehörlosen brauchen ja auch etwas zum Schauen." Zudem spricht er vom besonderen Einsatz für Menschen am Rande der Gesellschaft: "In der Kirche ist das ja leider nicht immer so."