Der ÖDP-Kandidat Klemens Albert aus Kraisdorf hat feste Vorstellungen, was er verändern möchte. Das fängt im Behörden-Tempel in Haßfurt schon an.
Er ist keiner der lauten Töne. Nicht einmal als Chorleiter haut er auf die Pauke. Klemens Albert bevorzugt die ruhige, sanfte Sprache, wählt aber klare Worte und bleibt in der Sache hart. Der Mann weiß, wovon er redet, was er will. Freilich kommt er damit nicht in die Schlagzeilen und immer durch, aber in persönlichen Gesprächen hat er schon viel bewegt, was ihn umtreibt.
"Ich möchte mitgestalten" lautet denn auch seine Zielsetzung, die ihn zur Landratskandidatur bewegt. Die Aufgaben und Projekte, die anstehen , seien vorgegeben. "Darin sind sich alle Kandidaten einig."
Wo sieht der Schulleiter Handlungsbedarf? Zunächst einmal in der Behörde selbst. "Im Landratsamt steht nicht alles zum Besten. Ich möchte mehr Einfluss auf die Mitarbeiter nehmen und das kann ich, denn ich denke, es ist schwieriger, 50 Lehrer zu führen als ebenso viele Beamte. Das ist ein wichtiges Moment, und ich denke, das blieb verwaist: Man muss sich um seine Mitarbeiter kümmern. Der hohe Krankenstand hat auch psychische Komponenten. Das ist ein Erfahrungswert, den ich gemacht habe."
Mehr Bürgernähe Damit einher geht die Erkenntnis, dass Verwaltungsabläufe transparenter und bürgerfreundlicher gestalten werden müssten.
Ein weites Feld tut sich für den ÖDP-Kandidaten mit der Energiewende auf: "Ich bin froh, dass sich der Landkreis unsere drei Ziele - erneuerbar, effizient und Einsparmöglichkeiten - zu eigen gemacht hat und gemäß unseren Anträge eine Vorreiterrolle eingenommen hat."
Dennoch ärgert sich Albert über das "ewige Rumgeeiere durch Mächte von oben". Der Einsetzung der Gesellschaft zur Umsetzung umweltfreundlicher Technologien (GUT) habe er, Albert, als Kreisrat zwar zugestimmt, aber "die tagt jetzt geheim", trauert der Kraisdorfer verpassten Chancen nach, da die ÖDP-Vertreter in den entsprechenden Gremien nicht berücksichtigt wurden.
Krankenhäuser erhalten Obgleich im Altlandkreis Ebern lebend hat Klemens Albert die EBN-Diskussion wegen der Einführung der Altkennzeichen mit Skepsis verfolgt. "Das trägt nicht zur Identifikation bei." Wobei er zugibt, dass "ich nicht weiß, wie lange der Landkreis in der jetzigen Form aufgrund der demografischen Entwicklungen noch bestehen wird?" Deshalb auch sein Appell: "Wem am Bestand des Landkreises gelegen ist, der soll hier bleiben und sich mehren. Dass wir Einrichtungen verkleinern oder aufgeben müssen", hält er für möglich.
Apropos sich mehren: Zur Situation der Haßbergkliniken wagt auch Albert einen Ausblick: "Der Kreis muss für die letzten Jahre drei Millionen zuschießen, aber das müssen uns die Krankenhäuser wert sein. Damit bin ich mit dem Landrat einig. Das Haus Ebern steht ja im Moment gut da, Probleme bereitet Haßfurt." Wichtig sei auch in den Krankenhäusern die Qualität der Arbeit, die abgeliefert werde. "Die Leute, die ich gesprochen habe, waren mit der Behandlung in Ebern sehr zufrieden. Über den Rest kann ich nichts sagen, weil dies nicht-öffentlich in den Gremien behandelt wird. Einen Krankenhausausschuss des Kreistages gibt es nicht mehr."
Zum öffentlichen Nahverkehr hat Albert auch sein Vorstellungen: "In die Taktung nach Bamberg und Schweinfurt muss der gesamte Landkreis reingebracht werden."
Der Kreistag, so auch Klemens Albert, war einer gigantischen Fehleinschätzung erlegen, die Altkennzeichen (zunächst) abzulehnen. Es bedurfte keiner Sternendeuterei, dass dies die betreffenden Bürgerinnen und Bürger auf Dauer nicht hinnehmen würden.
Schließlich hatte die Hassfurter Presse jahrzehntelang den ganzen Landkreis mit Kleinanzeigen überschwemmt, in denen HAS als Chiffre für Hassfurt und nicht für Hassberge benutzt wurde – und immer noch wird. Etliche Kommunalpolitiker haben das nicht nur bloß verkannt, sondern auch durch Unterlassungshandeln in Kauf genommen.
Schwierig auch, vom Kennzeichen zu sprechen. Wie sollte man es nennen? Hassberge-Kennzeichen, Hassbergler-Kennzeichen, H-A-S-Kennzeichen, HASS-Kennzeichen? Es gibt dafür keine stilistisch einwandfreie Ableitung. Es bot sich also an, nach der Kreisgebietsreform von 1972 weiterhin vom Hassfurter Kennzeichen zu sprechen.
Dass sich HAS für Hassberge etabliert hätte, dazu hat kaum jemand etwas beigetragen, schon gar nicht diejenigen, die gegen EBN und HOH gestimmt hatten und von Ende 2012 an plötzlich über ein Kreisidentifikationsgefühl fabulierten.
Identifikation ist etwas sehr Persönliches, ein innerer Vorgang. Und der misst sich an der inneren Einstellung, nicht an äußeren Formalien, die für juristische Prozesse bedingt taugen mögen, keinesfalls aber für innere.
Ein neuer Landrat sollte darüber noch einmal nachdenken. Clemens Albert wird sich diese Mühe voraussichtlich aber eher nicht machen müssen.
Ein Kreis, der seinen Bürgern den Wunsch nach Altkennzeichen verwehrt(e), trägt (trug) nichts zur Identifikation mit diesem Kreis bei. So rum wird ein Schuh draus. Das gleiche gilt für den Landratskandidaten. Die langanhaltende - zum Glück jetzt aufgegebene - Ablehnung von EBN und HOH bleibt prägend und wird so schnell nicht vergessen werden. Man darf nachtragend sein, insbesondere, wenn bei vielen Mandatsträgern immer noch keine Einsicht vorhanden ist.
Auch beim Thema Krankenhaus befürchte ich scheinheilige Diskussionen der Entscheidungsträger. Wenn das Haßfurter Krankenhaus Defizite schreibt, werden voraussichtlich Kapazitäten von Ebern und Hofheim nach Haßfurt verlagert. Die Stilllegung der Eberner Krankenhausküche ist das jüngste Beispiel dafür.
Die sogenannte "Kreisidentifikation" ist eine Erfindung des Landkreistags zur Bewahrung alter Besitzstände. Wer Kreisidentifikation wirklich fördern möchte, muss aufhören, Zentralismus zu betreiben und den dreigliedrigen Kreis als solchen anerkennen, wertschätzen und fördern.