Bürger und Wind als Energiepartner

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Projektingenieur Markus Eichhorn (rechts) informierte die Mitglieder, hier vor dem Windrad 1, im Hintergrund weitere Windräder. Fotos: Günther Geiling
Projektingenieur Markus Eichhorn (rechts) informierte die Mitglieder, hier vor dem Windrad 1, im Hintergrund weitere Windräder. Fotos: Günther Geiling
Im Erdgeschoss ist die Technik für Umrichter, Trockentransformator und Schaltanlage untergebracht.Foto: Günther Geiling
Im Erdgeschoss ist die Technik für Umrichter, Trockentransformator und Schaltanlage untergebracht.Foto: Günther Geiling
 
 
Blick auf den "Bürgerwindpark Sailershäuser Wald" von Königsberg aus gesehen.
Blick auf den "Bürgerwindpark Sailershäuser Wald" von Königsberg aus gesehen.
 
Heike Appel (7. von links) von der Bürger-Energie-Genossenschaft (BEG) freute sich über das große Interesse der Mitglieder.
Heike Appel (7. von links) von der Bürger-Energie-Genossenschaft (BEG) freute sich über das große Interesse der Mitglieder.
 

So funktioniert alle: Die Mitglieder der "BürgerEnergieGenossenschaft Haßberge" besuchten die Windkraftanlage im Sailershäuser Wald.

Rund zwei Jahre gibt es nun die "BürgerEnergieGenossenschaft Haßberge" (BEG), der mittlerweile rund 450 Mitglieder angehören. Sie zeichneten Anteile im Wert von 3,2 Millionen Euro und leisteten damit eindrucksvoll ihren Beitrag an der Energiewende. In den letzten Wochen und Monaten strich ihr Blick sicherlich öfter über den Sailershäuser Wald auf die Rotoren der zehn Wind-räder, die ihren Betrieb inzwischen aufgenommen haben. Nun waren die Mitglieder auch zu einer Besichtigung ihres "Bürgerwindparks" eingeladen und erhielten dabei neueste Informationen über den Betrieb und antworten auf ihre Fragen.


Zweiter Termin

Das Interesse an der Besichtigung und am Betrieb der Windräder war so groß, dass der erste Termin sehr schnell ausgebucht war und nun für Donnerstag den 28. April ein weiterer Termin angesetzt werden musste. Heike Appel von der BEG, Projektingenieur Markus Eichhorn vom Stadtwerk Haßfurt sowie Ingenieur Gunther Häckner von GUT informierten die Mitglieder in zwei Gruppen ausgiebig über das Vorzeigeprojekt.


Aufwändige Voruntersuchungen

Dabei wurde noch einmal daran erinnert, dass der Landkreis umfangreiche Untersuchungen vorgeschaltet hatte, wo der größte zusammenhängende Standort für einen Windpark zu finden wäre. Windmessungen bis auf eine Höhe von 200 Metern, auch unterstützt mit Lasertechnologie, und drei unabhängige Gutachten, hätten eine entsprechende Grundlage geboten, auf die man aufbauen konnte.
Anschließend seien die zehn Standorte festgelegt worden, die sich alle auf öffentlichem Grund befänden: sechs Anlagen auf Flächen der Universität Würzburg, drei auf Flächen der Gemeinde Riedbach und eine Anlage auf dem Gebiet der Stadt Königsberg. Natürlich habe es bei der Festlegung auch Konflikte mit naturschutzrechtlichen Belangen gegeben. So habe man den Standort des zweiten Windrades insgesamt vier Mal verschoben und nur der "7er" sei auf dem Ursprungsort geblieben.


An die Natur gedacht

Ingenieur Markus Eichhorn betonte, dass alle Biotop-Räume kartiert und als Ausgleich andere Stellen oder Bäume unter dauerhaften Schutz gestellt wurden. Auch Höhlen für Spechte oder andere Lebewesen hätten dabei Berücksichtigung gefunden. Natürlich habe man für Biotope auch Flächenausgleich schaffen müssen, wie die rund sieben Hektar Waldausgleichsfläche, einen 14 Meter breiten Randbereich um den Wald, Heuflächen oder Eichelansaaten. Zusätzlich habe man eine Fläche von 1,5 Hektar ohne Bewirtschaftung herausgenommen. Der Flächenverbrauch für die Windanlagen betrage 7,8 Hektar, während man für den Wegebau zwei Hektar benötigte.
Auf reges Interesse stieß der Bericht über die Bauphase der einzelnen Windräder. Kaum zu glauben, dass für die hohen Windräder nur ein Fundament von 1,10 Meter Tiefe notwendig war, aber trotzdem 800 Kubikmeter Beton oder 100 LKW-Ladungen an Beton angefahren wurden.
Die Statik des Turms stelle eine besondere Herausforderung dar, hieß es. Der Aufbau sei als Hybridturm mit zwei verschiedenen Baustoffen entstanden. Dies habe im unteren Bereich begonnen mit Halbschalen aus Beton mit einem Durchmesser von neun Metern und dann mit 21 Ringen aus Beton, die einfach aufeinander gestapelt wurden. Darauf kamen zwei Stahlrohrteile bis hinauf auf die Nabenhöhe von 140,6 Meter.
Ingenieur Markus Eichhorn schilderte eindrucksvoll, wie diese Bündel aus je 16 Stahlseilen nach unten verspannt wurden. Extra für das Spannungssystem sei ein Keller unter dem Turm notwendig gewesen. Der Übergang zum Maschinenhaus in luftiger Höhe, das schon in der Größe einem Omnibus entspreche, erfolgte dann mit einem großen Zahnkranz mit Elektromotoren, welche die Ausrichtung in die entsprechende Windrichtung übernehmen.
Die Gewichte der einzelnen Bauteile brachten die Besucher immer wieder zum Staunen. Das Gewicht der Rotornabe betrage 27 Tonnen, das der Hauptwelle zehn, und das des Getriebes 23 Tonnen. "Obwohl die drei Rotorblätter aus Glasfaser bestehen, wiegt ein Blatt allein 11,5 Tonnen und alle drei zusammen somit 35 Tonnen.
Die Blattwurzel hat dabei noch einen Durchmesser von 2,50 Meter und leicht können sich dort drei Personen bewegen", erfuhren die Mitglieder.
Zur Technik insgesamt sei der Anlagentyp "Nordex" speziell für Schwachwindgebiete auf Binnenstandorten entwickelt worden. Die Nabenhöhe von 140 Metern sowie der große Rotordurchmesser mit 117 Metern und mehr als 10 000 Quadratmeter "überstrichener Rotorfläche" in Kombination mit einem relativ kleinen Generator mit 2400 kW gewährleisteten eine hohe Auslastung.


Die Sache mit dem Wind

Die immer wieder von aufmerksamen Beobachtern gestellte Frage, warum die Windräder öfter auch stillstehen, fand auf einfache Weise ihre Beantwortung. "Die Rotoren laufen bei einer Windgeschwindigkeit von drei Metern in der Sekunde bis hin zu 20 Meter Wind in der Sekunde. Davor und danach schalten sie sich ab. Bei einer Windstärke von drei bis zehn Metern pro Sekunde steigt die Rotorgeschwindigkeit, ab zehn Metern bleibt die Umdrehung konstant mit 13 Umdrehungen pro Minute." Wenn nur ein teil der Windräder laufe, dann lege dies an der unterschiedlichen Windhöffigkeit der Standorte.


"Power-to-gas"

Dass die Vergütung aber weiter laufe, wenn die Anlage aus anderen Gründen abgeschaltet wird und sich die Windräder nicht drehen, beruhigte die Anteilseigner, die sich ja auch eine entsprechende Rendite aus ihren Einlagen erhoffen. In diesem Zusammenhang lenkte Ingenieur Eichhorn den Blick auf das neue Projekt "power-to-gas", mit dem sich die Stadtwerke in jüngster Zeit befassten, gemeinsam mit der Fachhochschule Schweinfurt der Siemens AG, Linde AG und anderen Dienstleistern. Ziel sei es, mit Hilfe von überschüssigem Strom durch eine Elektrolyse Wasser in Wasser- und Sauerstoff zu trennen. Der gewonnene Wasserstoff könne gespeichert oder ins Erdgasnetz gespeist werden. Und mit dem gespeicherten Wasserstoff werde bei Bedarf durch ein BHKW wieder Strom erzeugt.
Erträge nach Prognosen

Die Stromerzeugung interessierte die Mitglieder besonders. Kernstück sei dafür der Umrichter unten im Turm. Von diesem gehe es in den Trockentransformator, wo die Spannung auf 20 000 Volt umgesetzt werde. Dann werde der Strom zur Schaltanlage und ins Netz eingespeist. Markus Eichhorn meinte, dass man eigentlich sogar zwei Windparks habe, denn die Windräder 1 und 2 speisten mit 4,8 Megawatt direkt zu den Stadtwerken ein. Die übrigen 19,2 Megawatt der übrigen Windräder würden nach Sylbach und Haßfurt und zu den Stadtwerken und zum Bayernwerk in die 110-KV-Ebene weitergeleitet.
"Diese Aufteilung war nötig, um sich ein eigenes Umspannwerk zu sparen. Dies hätte nämlich noch einmal Investitionskosten von zwei Millionen Euro bedeutet. So haben wir unsere Investitionen bei rund 45 Mio Euro halten können."
Zur großen Zufriedenheit der Mitglieder der Bürger-Energie-Genossenschaft teilte der Projektingenieur mit, dass die Anlage bisher ihre Sollwerte erfülle und mit ihr 52 bis 55 Millionen Kilowatt-Stunden Strom im Jahr erzeugt werden könnten. Alle zehn Windräder liefen noch im Probebetrieb und stünden kurz vor der Abnahme mit dem Hersteller.


Schattenabschaltautomatik

In der Diskussion kamen auch neuerliche Presseberichte und angebliche Belästigungen von Anwohnern zur Sprache. Eichhorn meinte hierzu, dass jeder Bürger Energie haben wolle. Die Windenergie biete auf jeden Fall im Vergleich zu Kohlekraftwerken und anderen Anlagen die verträglichste Sicht. Im Übrigen spiele die persönliche Überzeugung, Wahrnehmung und Grundtoleranz eine wichtige Rolle.. "Bei starkem Wind ist der Wald bestimmt lauter als das Windrad", bemerkte er.
Man habe auch noch dazu eine Schattenabschaltautomatik eingebaut. "Wenn die Sonne scheint und ein Schattenschlag auf irgendein Gebäude trifft, dann wird das Windrad abgeschaltet. Diese Abschaltung sei meist nur für acht bis zehn Minuten notwendig", dann sei der Schatten wieder weg und dann werde automatisch wieder zugeschaltet. Wenn sich aber jemand auf dem Acker befinde und es hier zu einem Schattenschlag komme, dann schalte sich die Anlage natürlich nicht ab.
Zur schnellen Abschaltung des Windrades gebe es sogar eine Anlagenbremse als aerodynamische Bremse.
Schließlich hätten auch die roten Ringe am Turm für den Flugverkehr eine Bedeutung und es gebe auch eine rote Beleuchtung, die nachts blinke, bei Nebel volle Leuchtkraft entfalte und bei normaler Sicht in der Lichtstarke reduziert werde.