Der Watzmann ruft - das skurrile Kult-Musical aus Österreich lockte 1700 Besucher ins Eyrichshöfer Schloss. Zumindest ein Paar wurde übermütig.
Groß und mächtig, schicksalsträchtig. Um seine Giebel jagen - Nebelschwaden. Was oft im Jahr für das Schloss Eyrichshof im Baunachgrund gilt, traf am Donnerstagabend auch für den Gipfel des Watzmanns zu. Der stand auf einer Meereshöhe von 267 Metern im Schlosshof auf einer großen Bühne. Die Plattform für seichte Musik und Texte, eine triviale Geschichte und so viele Blödeleien und Kalauer, dass der Mischmasch schon wieder die Grenzen der Genialität erreicht.
Der Watzmann ruft - das rustikale Kultstück, 1972 in einer vermutlich alkoholgeschwängerten Stunde von den Freunden Wolfgang Ambros, Joesi Prokopetz und Manfred Tauchen ersonnen, führt in einer Neuinszenierung nochmals in die Welt eines Bergbauernhofes, um den Beweis anzutreten, dass es auf der Alm doch mehr als eine Sünd' gibt. Wolfgang Ambros nannte sie als Erzähler eine "magische Nacht", aus der dies schaurig-schöne Geschichte erstand.
Paar hat vor den Augen anderer Besucher Sex im Gebüsch
Entsprechend lüstern und frivol geht es zu. In der Walpurgisnacht zieht eine der Tänzerinnen blank und hüpft barbusig über Stock und Stein. Was ein Pärchen im Publikum offenbar so erregte, dass es sich in der anschließenden Pause gleich in einen der vielen Büsche auf dem weitläufigen Schlossareal schlug, um - vor Zuschauern - den Liebesakt zu vollziehen, was vorher auf der Bühne nur angedeutet worden war. Aber die beiden bzw. die Frau im Dirndl wurde von der Lust sprichwörtlich übermannt. Aus dem Musical wurde ein Lustspiel
Auch eine Art von Publikumsbeteiligung. Die war auch anderen Stelle gefordert. Gleich zu Beginn beispielsweise, als das Hollaröhdulliöh aus 1700 Kehlen ertönte. Wie schallt"s aus dem Tal? Auch als Berg-Echo taugte der vielstimmige Chor im Auditorium.
Als Junge beim Zeltlager haben er und seine Freunde stets am Morgen die Lautsprecher aufgebaut und diesen Weckruf stets in Richtung Kuhherde gedonnert, hatte ein 50 Jahre alter Mann zuvor am Biertisch erzählt. Zusammen mit seiner Ehefrau war er eigens aus Hamm/Westfalen angereist, um den Watzmann zu erleben. Für ihn ist das ein Kult, weswegen beide bei der Abschiedstour unbedingt dabei sein wollten. "Und Schloss Eyrichshof klang irgendwie interessant." Sie haben es nicht bereut.
Die Alpen-Rocker rührten einen unterhaltsamen Eintopf an, ehe am Ende zunächst der Sohn (der geniale Christoph Fälbl, Österreichs Antwort auf den Ostfriesen Otto) und danach der Vater (Joesi Prokopetz) den Löffel abgeben. Angerührt mit viel Klamauk, Gstanzln, Schunkelliedern, Rock'n'Roll, Schuhplattler, Stepptanz und versteckten, wie hintergründigen Bezügen zu Faust (aufi oder nit aufi), Homer, religiösen Ausflüge, (Niemand braucht die Sünd", nur die, die sie vertreiben), wodurch der Watzmann zeitweise zum Berg Sinai wird. Auch christliche Doppelmoral wird zur Schau gestellt. Und aktuelle Entwicklungen kommen zur Sprache: "Wohin sollen wir flüchten? In die Türkei? Mir gefällt es schon daheim nicht."
Die Geschichte an sich ist schnell erzählt. Die hübsche Gailtalerin (Klaus Eberhartinger) hat mittlerweile alle Männer im Bergdorf durch und macht sich an den Sohn des Bergbauern ran, will sich ihm aber nur hingeben, wenn er nicht sie, sondern erst den Watzmann besteigt. Bei dem Versuch kommt der Sohn zu Tode und in der Verzweiflung darüber folgt ihm der Vater, der inmitten zuckender Lichteffekte fallt und fallt und fallt...
Panne souverän gemeistert
Zu unterhaltsamer Situationskomik führt ein Text-Aussetzer bei Prokopetz ebenso die technische Panne eines Mikrophons, die er zusammen mit Fälbl souverän und sehr amüsant meistert.
Obendrein werden noch sämtliche Klischee bedient, die man mit Österreichern verbindet. Selbstironie und Wiener Schmäh - eine köstliche Melange.
Melancholisch wurde es zum Schluss, als Ambros seine Band, die Number One vom Wienerwald mit "Peter Koller an der Gitarre" vorstellte und sich verabschiedete. "Wir werden uns nicht mehr wiedersehen. Gott schütze Euch, Gott schütze Euch", gab er den Besucher mit auf den Heimweg.
Vielleicht hätte er bei der Zugabe anstelle von "Skifoan" mitten im Sommer ein anderes seiner Meisterwerke (aus der Feder von Prokopetz) spielen sollen: Am Zentralfriedhof ist Stimmung. Beim Greifen mancher Akkorde ging Ambros die Kraft aus.
Am heutigen Freitag steht ab 20 Uhr Wolfgang Niedeckns BAP auf der Bühne (Einlass: 18.30 Uhr). Am Samstag folgt Martina Schwarzmann (Einlass: 18.30 Uhr) und am Sonntag kommt es bei Mark Forster mochmals zum Großansturm.
"... aufi oder nit aufi ... " klingt aber weniger nach "Faust" als nach "Hamlet": "sein oder nichtsein ..."
Na ja, das ganze Stückerl ist ohnehin ziemlich gequält; "zwangscool" ...
na da spricht wohl der blanke Neid
Bei einer Veröffentlichung machen Sie sich auch strafbar. Das wissen Sie schon, oder?
Und eine Fotografie ohne Veröffentlichung ist ja keine Drohung...