Die Gewerkschaftler Sandy Koppitz und Helmut Buld geben Einblick in ihre Arbeit, mit der sie vor allem Gerechtigkeit in der Arbeitswelt erreichen wollen.
Unser Wochenthema zum Jahresauftakt ist vielseitig: Gleichberechtigung ist nicht nur ein Ding zwischen Mann und Frau, es betrifft die ganze Gesellschaft und zieht sich durch viele Lebensbereiche. Sandy Koppitz (41 Jahre), Vorsitzender des Kreisverbands Haßberge des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), und sein Stellvertreter Helmut Buld (67 Jahre), sprechen im Interview mit dem Fränkischen Tag über faire Löhne, ungleiche Bildungschancen und warum es aus ihrer Sicht in manchen Betrieben gut läuft und andere nur jammern über gesetzliche Vorgaben wie den Mindestlohn - oder beim Thema Tarif. Fränkischer Tag:Sind wir beim Thema Gleichberechtigung in der Arbeitswelt schon an einem Punkt, an dem man sagen kann: Das läuft gut? Helmut Buld: Wir sind noch ein ganzes Stück weit davon entfernt, dass man sagen könnte, das läuft gut. Aber die Richtung passt. Es kommt natürlich darauf an, ob ein Unternehmen tarifgebunden ist oder nicht. Tarif sorgt für gerechten Lohn, das erhöht die Zufriedenheit der Mitarbeiter und intern gibt es weniger Reibereien.
Also wäre alles gut, wenn sämtliche Unternehmen im Land Tarif zahlen würden?
Helmut Buld (lacht): Es ist nie alles gut. Aber Gleichberechtigung fängt schon viel früher an, nämlich bei der Bildung. Jeder hat zwar ein Recht auf Bildung, aber es haben hier nicht alle die gleichen Chancen. Auch Bildung kostet Geld. Wenn zum Beispiel jemand aus einer finanziell schwächeren Familie studieren will, und er muss zu seinem Studienort 500 Kilometer zurücklegen und sich dort eine Wohnung suchen und bezahlen, dann kann das sehr schwierig werden.
Sandy Koppitz: Dazu kommt noch: Die Ungleichheit zwischen Land und Stadt ist enorm. Die Stadt hat weniger Probleme mit der Infrastruktur, aber dafür mit dem bezahlbaren Wohnraum, die Mieten sind oft extrem hoch. Auf dem Land ist es umgekehrt: Da hast du zwar bezahlbaren Wohnraum, aber dafür ist die Infrastruktur nicht gegeben. Deswegen hat der DGB bei den vergangenen Bundes- und Landtagswahlen die regierenden Parteien darauf aufmerksam gemacht, dass die Infrastruktur auf dem Land und die Situation auf dem Wohnungsmarkt in der Stadt verbessert werden müssen.
Und, haben die Parteien dieses Problem ernst genommen? Koppitz: Es kam ja dann auch die Idee auf, die der DGB unterstützt, dass man auf dem Land öffentliche Verkehrsmittel umsonst anbietet oder billiger. Das müsste halt gefördert werden. Und, wie bereits erwähnt, ist eine bessere Bildungspolitik notwendig.
Weil man mit Abitur und Studium mehr Geld verdient? Braucht es nicht auch normale Leute, die normale Arbeit machen?
Koppitz: Sicher, deswegen würde es auch schon zu wesentlich mehr Gleichberechtigung führen, wenn man anständige Gehälter bezahlt. Zum Beispiel: Jemand, der als Frisör oder Frisörin oder auf dem Bau oder im Einzelhandel arbeitet, verdient als einfacher Angestellter sehr wenig. Dass die Gewerkschaften einen Mindestlohn für wichtig erachten, hat genau damit zu tun, weil sonst in manchen Branchen noch weniger gezahlt werden würde. Die Unternehmen haben vor der Einführung des Mindestlohnes gejammert, dass können sie sich nicht leisten. Aber durch die Mindestlöhne sind die Sozialleistungen verbessert worden, weil ja mehr eingezahlt wurde, und die Kaufkraft ist gestiegen. Das hat den Binnenmarkt gestärkt, die Produktion im Land ist gestiegen, weil die Nachfrage höher war. Der Mindestlohn ist ein echter Erfolg. Arbeitsplätze sind dadurch nicht weggefallen, im Gegenteil, es sind sogar welche entstanden.