Lebensräume So trocken wie in diesem Jahr darf es nicht mehr oft werden, wenn das Rottenbacher Moor ein Moor bleiben soll. Die Dürre ließ das Moos an der Oberfläche austrocknen, dadurch droht dem Moorkörper die Zersetzung.
von unserem Redaktionsmitglied Rainer Lutz
Rottenbach — Ein Moor ist ein empfindlicher Lebensraum. Gerade einen Millimeter wächst es in einem Jahr. Jahrtausende sind nötig, damit es entstehen kann. Ein paar trockene Sommer können all das in Gefahr bringen. Trockene Sommer wie der von 2015. Er hinterließ schlimme Spuren im Rottenbacher Moor - dem größten in der Region. Denn heuer fiel kaum die Hälfte der rund 750 Millimeter Niederschlag, die das Coburger Land im Durchschnitt abbekommt.
"Der Regen der vergangenen Wochen hat schon wieder viel gut gemacht", sagt Biologe Frank Reißenweber. Er bückt sich und zupft ein Stück von einem Moospolster ab. Es ist bleich. "Das war im Sommer noch viel schlimmer", sagt er. In den Randbereichen konnten Flächen betreten werden, die normalerweise viel zu nass dafür sind. Es fehlte einfach das Wasser.
Damit sich Torf bilden kann, muss das Eindringen von Luft in den Moorkörper verhindert werden. Wenn die Vegetationsschicht an der Oberfläche austrocknet, kann genau das passieren. Dadurch wird ein Zersetzungsprozess eingeleitet, der das Moor schädigt.
Heuer trocknete das Moospolster aus. "Das sonst sattgrüne Moos wird dann ganz hell, richtig bleich", beschreibt das Frank Reißenweber. Kommt wieder genug Niederschlag, erholt sich das Moos. "Es kann bis zum Siebenfachen seines eigenen Volumens an Wasser aufnehmen", erklärt der Biologe. Ein wichtiger Speicher.
Bedeutendes Moorgebiet
Neben ein paar kleineren Moorflächen ist das Rottenbacher Moor das bedeutendste im Coburger Land. Erst in der Rhön oder dem Fichtelgebirge finden sich größere Moore.
Würde es austrocknen, wäre das ein schmerzlicher Verlust an Vielfalt der Lebensräume in der Region.
Die innerdeutsche Grenze wäre dem Rottenbacher Moor beinahe zum Verhängnis geworden. Es war 1982 als erstes Naturschutzgebiet des Landkreises gewidmet worden. Doch auf der DDR-Seite störte die Grenztruppen die sumpfige Stelle im Todesstreifen. Sie begannen ein Rohr zu vergraben, das für Entwässerung sorgen sollte. Naturschützer und Behörden im Landkreis waren entsetzt. "Das musste damals direkt zwischen Bonn und Berlin geregelt werden", schildert Frank Reißenweber. Schließlich einigte man sich auf höchster Ebene. Wenig später wurden die Arbeiten gestoppt. Das Rohr haben die Grenzer aber nicht wieder mitgenommen. Es steckt noch immer im Boden. Zwar wurde es leidlich abgedichtet, doch wenn es viel Wasser gibt, fließt ein Teil davon trotzdem noch über das Rohr ab.
"Mit dem Naturschutzgroßprojekt das Grüne Band haben wir die Möglichkeit, es entfernen zu lassen und dafür zu sorgen, dass kein Wasser mehr abgezogen wird", versichert Frank Reißenweber.
Das Gebiet wird ein besonderer Bereich des Grünen Bandes sein. Die Moorbereiche hinter Rottenbach, die Heide, die auf dem ehemaligen Grenzstreifen entstanden ist, und das weiträumige Gebiet um den Thüringer Röstenteich bilden schon jetzt einen einzigartigen Lebensraum.
Um ihn zu erhalten, muss der Mensch eingreifen. "Die Heidelandschaft ist hier ebenso wie in Norddeutschland ein Sekundärlebensraum, der durch den Einfluss des Menschen entstanden ist", erklärt Frank Reißenweber.
Damit die Heide nicht in wenigen Jahren mit Büschen und Bäumen zuwächst, wird sie mit Ziegen beweidet. Dafür sorgt die Stiftung Naturschutz Thüringen.
Bei der Stiftung sieht man die Görsdorfer Heide, wie sie offiziell heißt, als "Naturkleinod von europäischer Bedeutung". Daher die Ziegen. Doch selbst sie scheitern am inzwischen dicht wuchernden Ginster. "Da wird man wohl mal mit Maschineneinsatz helfen müssen", sagt Reißenweber. Auch das wird durch das Naturschutzgroßprojekt ermöglicht.
Eine Frage des Wandels
Ob die Bemühungen um den Erhalt dieser besonderen Lebensräume erfolgreich sein können, wird am Ende auch davon abhängen, wie sich der Klimawandel in unserer Region auswirkt. Zu viele trockene heiße Sommer wie den in diesem Jahr kann das Moor nicht ab. Es würde wohl nicht gleich austrocknen.
"Wahrscheinlich würde es einfach zu einem sumpfigen Gebiet werden", vermutet Reißenweber.
Noch reichen die jährlichen Niederschläge einigermaßen, um den Deckel aus Moosen und anderen Pflanzen auf dem Moor dicht zu halten. Wollgräser bilden im fruchtenden Zustand weiße Teppiche. Die Moosbeere als Verwandte der Heidelbeere wächst und das Weiße Schnabelried ebenso. Es gilt in allen Bundesländern heute als gefährdet, in einigen als vom Aussterben bedroht. Ein Gutachten zum Schutzgebiet erwähnt noch die Kreuzotter, die allerdings seit vielen Jahren nicht mehr beobachtet wurde. Früher führte ein Holzsteg über das Moor. Er wurde von Grenzschützern genutzt. Auf ihm soll manchmal eine Kreuzotter beim Sonnen gesehen worden sein. Aber seit den 90er-Jahren wurde sie ebenso wenig beobachtet wie die Birkhühner, die es früher hier gegeben hat.
Ein lautes "Croak Croak" lässt Reißenweber nach oben schauen: "Dafür ist der Kolkrabe wieder da", sagt er. Auch der ist willkommen.