Vom "Jungspund" und unkonventionellen Liedgut: Chorleiter berichten

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von unserer Mitarbeiterin JOhanna Blum

Adelsdorf — Markus Stubenvoll wurde beim 25. Jubiläum zum Ehrenchorleiter der Songgruppe ernannt. Er erinnert sich zurück:
"Damals bin ich gleich nach den ersten Singstunden für zwei Wochenenden auf Chorleiterschulung nach Kronach gefahren. Das war kurz nach meiner Führerscheinprüfung und noch ganz ohne Navi. Dort wollte ich mir die Grundkenntnisse des Dirigierens - von denen ich damals noch keine Ahnung hatte - aneignen.


Überzeugungsarbeit war nötig

Als ich dann hoch motiviert zur nächsten Singstunde antrat und in Form von Stimmbildungs übungen mein neu erworbenes Wissen an den Mann und die Frau bringen wollte, wurde ich mit der harten Realität konfrontiert: Gestandene Adelsdorfer Sänger brauchen keine solchen Einsingübungen - und ein 18-jähriger "Jungspund" wie ich hat ihnen schon gar nichts zu sagen!
Es war auch nicht ganz so einfach, die Songgruppe im eigenen Verein zu etablieren. Hier mussten wir die Bedenken so mancher älteren Sänger zerstreuen und harte Überzeugungsarbeit leisten. Aber im Lauf der Zeit und mit wachsendem Erfolg wurde allen klar, dass die Songgruppe eine gute Ergänzung und sogar eine Bereicherung des MGV ist und wahrhaftig keine Konkurrenz zu Gemischtem Chor und Männerchor bildet.
Nach dem ersten Auftritt 1992 mit der Band "Reißnagel" folgten weitere Auftritte auf Landkreisebene. Wir fielen langsam auf mit unserem unkonventionellen Liedgut und der damals neuen Art, Auftritte zu gestalten. Mit Keyboard-Begleitung, Bewegung und kleinen Showelementen haben wir Akzente gesetzt. Auch in der Presse wurden wir aufmerksam verfolgt und Schlagzeilen wie "Songgruppe aus Adelsdorf brachte junge Gesichter" oder "Mit der Songgruppe wird die Jugend angesprochen" machten auf uns aufmerksam.


Ständerla zum 40. Geburtstag

Da ja fast alle Sänger jünger sind als der Rest des MGV, beschlossen wir, nicht erst im "biblischen Alter" von 65 Jahren, sondern schon zum 40. Geburtstag unseren Mitgliedern ein Ständerla zu bringen. Dabei ahnten wir damals nicht, dass wir alle schneller als gedacht bald dieses Alter erreichen! Ganz so jung wie damals ist unser Chor zwar nicht mehr, aber wir sind gemeinsam "in Würde" gealtert.
Nach zwölf Jahren, genau im Jahr 2003, habe ich dann den Dirigentenstab an Yves Boutelant, einen gebürtigen Franzosen, der seit Dezember 1986 mit seiner Familie in Adelsdorf wohnt, übergeben. Ich stand nicht mehr vor dem Chor, sondern inmitten der Songgruppe. Unser Yves war seit 1999 ein aktiver und guter Sänger im Gemischten Chor und im Männerchor, war flexibel und begleitete die Chöre je nach Bedarf mit der Gitarre oder am Klavier - und ab und zu sang er sogar solo. Ich war erleichtert. Die Zukunft der Songgruppe war gesichert."


"In die Höhle des Löwen"

Yves Boutelant, der aktuelle Chroleiter, erzählt:
Ich kam damals zur Chorleitung wie die Jungfrau zum Kind! Markus Stubenvoll wollte aus familiären und beruflichen Gründen die Leitung abgeben und fragte Rudolf Kießling, den damaligen Leiter des Gemischten Chores und des Männerchores, ob er auch die Songgruppe übernehmen könnte.
Rudolf, dem drei Chöre definitiv zu viel wären, verwies an mich, denn ich hatte beide Chöre bereits öfter am Klavier begleitet. Als mich Markus eines abends anrief und fragte, ob ich die Songgruppe übernehmen wolle - nicht ahnend, was es bedeuten würde - habe ich meine Gattin Catherine um Rat gebeten. Sie ermunterte mich, mir das doch zuzutrauen. Also stürzte ich mich "in die Höhle des Löwen".
Während der ersten Singstunde war ich schon etwas nervös, aber der Chor war sehr nett. Seitdem hat sich meine Nervosität ziemlich gelegt, außer vielleicht beim Proben von neuen, schweren Liedern. Aber der Chor ist immer noch sehr nett zu mir, wenn auch kritisch bezüglich meiner Liedauswahl.
Als Kind und Jugendlicher nahm ich bis zum Alter von 19 Jahren Klavierunterricht und mit 18 Jahren lernte ich Gitarre, denn ich wollte die Beatles-Lieder beim Singen begleiten können. In meiner Heimat im Elsass habe ich in einer Band Bassgitarre und Klavier gespielt und dabei auch eigene Lieder geschrieben.
Die Chorleitung mache ich "instinktiv". Ich habe genau zugeschaut, wie meine Chorleiter das mach(t)en. Das war Markus Stubenvoll, Rudolf Kießling und der Kantor der Lorenzkirche in Nürnberg, wo ich jedes Jahr eine Bachkantate mitsinge. Und hiermit schließt sich der Kreis meiner musikalischen Leidenschaften: Bach, Beatles, MGV Adelsdorf!"


Gewinn für beide Seite

Vorsitzende Barbara Martin meint: "Yves war ein Gewinn für beide Seiten. Wir halfen ihm, sein Deutsch und vor allem sein Fränkisch zu verbessern. Im Gegenzug brachte er neue Akzente und Ideen und vor allem sein enormes musikalisches Talent mit. Mit ihm an der Spitze erlebte unsere Songgruppe einen zweiten Schub und heute sind zu Spitzenzeiten bis zu 50 Sänger und Sängerinnen bei den Singstunden anwesend."