"Treffen Sie eine Entscheidung!"

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Das Trikot ist Programm: Mit ihrer Radtour machen die Teilnehmer Werbung für Organspenden. Fotos: ks
Das Trikot ist Programm: Mit ihrer Radtour machen die Teilnehmer Werbung für Organspenden.  Fotos: ks
Über den Osttangente-Radweg fuhren die Radler zur Haßfurter Klinik.
Über den Osttangente-Radweg fuhren die Radler zur Haßfurter Klinik.
 

Die "Radtour pro Organspende" machte Station in Haßfurt. Die Gruppe ließ erkennen, dass ein Spenderorgan nicht nur neues Leben schenkt, sondern auch Lebensfreude.

Klaus Schmitt

Der Wind blies am Montagnachmittag kräftig aus Richtung Westen. Das bedeutete für die 30 Radfahrer, die auf dem Weg von Bamberg nach Haßfurt waren: Gegenwind. Die Radler meisterten diese Hürde, wie sie in ihrem Leben - im übertragenen Sinne - schon viel Gegenwind ausgehalten und überwunden haben.
30 Menschen sind derzeit auf dem Fahrrad von Bayreuth nach Frankfurt unterwegs. Sie waren am Samstag in Bayreuth gestartet und wollen am kommenden Samstag ihr Ziel Frankfurt erreichen. Am Montag legten sie knapp 100 Kilometer auf ihrer dritten Etappe von Coburg über Bamberg nach Haßfurt zurück. Am späten Montagnachmittag trafen sie im Haus Haßfurt der Haßberg-Kliniken ein.
Die Radler sind Teilnehmer der Aktion "Radtour pro Organspende". Sie wollen dafür werben, dass sich Menschen als Organspender zur Verfügung stellen, und sie wollen den Institutionen Danke sagen, die sich dafür stark machen, dass Menschen durch eine Organspende die Chance auf ein neues Leben bekommen. Deshalb liegen an der Strecke viele Kliniken und andere Gesundheitsinstitutionen. Zum elften Mal bereits findet die Radtour statt, die der Verein TransDia Sport Deutschland veranstaltet. Schirmherr ist der Bundesgesundheitsminister.


Fröhlich und zufrieden

Nach der Ankunft in Haßfurt versammelten sich die Radler im Foyer des Krankenhauses. Es waren fröhliche, zufrieden wirkende Menschen. Viele von ihnen haben ein Spenderorgan bekommen. Eine Frau ist dabei, die eine Lebendspende ihres Ehemannes (Niere) bekommen hat. Die Transplantierten sind Empfänger von Herz, Lunge, Niere, Leber oder Bauchspeicheldrüse - in einem Fall sogar von zwei Organen. Kann man da noch lachen und fröhlich sein, wenn man ein solches Schicksal hat?
Man kann, wie die Gruppe deutlich machte, und sie bestätigte damit eine Aussage von Sabine Dittmar. Eine Organspende schenke nicht nur neues Leben, sagte die SPD-Bundestagsabgeordnete und Ärztin aus Maßbach (Kreis Bad Kissingen). Ein neues Organ gebe auch Lebensqualität und Lebensfreude. Eine dringende Bitte richtete Sabine Dittmar, die auch Schirmfrau der Interessengemeinschaft (IG) Niere Schweinfurt/Haßberge ist: "Treffen Sie eine Entscheidung!" Auch wenn es ein Nein sei. Das heißt konkret: Sie bittet die Menschen, rechtzeitig zu sagen und zu dokumentieren, ob sie im Falle ihres Todes als Organspender infrage kommen wollen oder nicht. Die Ärztin schilderte, dass sie drei Mal als Medizinerin Diskussionen mit Angehörigen führen musste, ob ein Schwerkranker als Organspender infrage kommt oder nicht. Eine solche Situation sei für alle Beteiligten extrem belastend, und sie könne verhindert werden, indem man rechtzeitig eine Entscheidung trifft. Eine solche Entscheidung mit einem Ja, die ein Organspender einst getroffen hatte, hat Bernd Hilpert geholfen. Der 56-Jährige hat die "Radtour pro Organspende" organisiert und fährt selbst mit. 2011 erhielt der heute 56-Jährige aus Fürth nach vier Jahren Dialyse eine neue Niere. "Seitdem bin ich stabil und kann mich auch wieder sportlich betätigen", sagt der zweifache Vater.


Hochachtung

Landrat Wilhelm Schneider (CSU) zollte den Radlern seine Hochachtung für ihr Bemühen, für die Organspende zu werben und dafür Hunderte von Kilometern mit dem Fahrrad zurückzulegen. Rund 12 000 Patienten warten nach seiner Darstellung aktuell auf eine Organspende. Etwa ein Drittel kann im Jahr versorgt werden.
Aber: Laut den Veranstaltern der "Radtour pro Organspende" sterben jeden Tag drei Patienten, die auf der Warteliste für ein Spenderorgan stehen.
Schneider versuchte wie Sabine Dittmar und die Teilnehmer der Radtour-Aktion, die Bedenken vor einer Organspende zu zerstreuen - mit Blick auf den Transplantationsskandal vor einigen Jahren. "Ich denke, wir dürfen darauf vertrauen", sagte Wilhelm Schneider, "dass sehr sorgfältig vorgegangen wird."