Die Situation auf dem Ausbildungsmarkt im Kreis Haßberge ist derzeit hervorragend für die Bewerber, wie die Zahlen der Agentur für Arbeit belegen. Bei der Berufswahl zeigen sich weiterhin klassische Rollenmuster.
Andreas Lösch
Der "Girls' Day" dürfte vielen Lesern eine Begriff sein: Medial stark unterstützt, bekommt die Kampagne, die Mädchen für technische Berufe begeistern soll, seit Jahren deutschlandweit viel Aufmerksamkeit. Laut der offiziellen "Girls' Day"-Internetseite startete die Aktion im Jahr 2001, seitdem haben deutschlandweit insgesamt "etwa 1,8 Millionen Mädchen" daran teilgenommen.
Einer der Kooperationspartner des Aktionstages ist die Agentur für Arbeit. In der Zweigstelle
Haßfurt der Arbeitsagentur Schweinfurt wurde gestern über die Situation am hiesigen Ausbildungsmarkt informiert. Hat sich nach über 15 Jahren "Girls' Day" nun auch das Verhältnis männlicher und weiblicher Bewerber bei den als "männertypisch" eingestuften Berufen nennenswert geändert?
Nein, im Kreis Haßberge folgt die Berufswahl junger Menschen laut Statistik der Arbeitsagentur weiterhin klassischen Rollenmustern. Bei männlichen Bewerbern steht der Industriemechaniker auf Platz eins, gefolgt vom Kfz-Mechatroniker, weiterhin finden sich Informatiker-Berufe auf der Top-10-Liste.
Weibliche Bewerber favorisieren dagegen den Beruf "Medizinische Fachangestellte", es folgen unter anderem Bürokauffrau, Verwaltungsfachangestellte oder Friseurin. "Trotz vieler Versuche wie dem Girls' Day oder MINT (
steht für Mathematik, Ingenieurwissenschaften, Naturwissenschaften, Technik, die Red.), die klassischen Berufsbilder zu öffnen", bilde das sich in der Berufswelt kaum ab, sagte Peter Stretz. Der Berufsberater stellte gemeinsam mit Agentur-Geschäftsführer Klaus Seebach die Ergebnisse der Ausbildungsmarkt-Analyse 2016/17 vor.
Stretz sagte auch, dass das den Girls' Day nicht in Frage stelle, er hält ihn für eine sehr sinnvolle Aktion, zumal es auch um die berufliche Gleichstellung von Mann und Frau geht und generell in diesem Bereich Aufklärungsarbeit notwendig sei. Ebenso sei festzustellen, dass Frauen, die "Männerberufe" wählen, darin sehr erfolgreich sind. Aber gesellschaftlich verfestigte Muster aufzubrechen geschieht offenbar, wie das Zahlenwerk der Agentur nahelegt, nicht über Nacht und auch nicht nach über 15 Jahren.
Gut für Bewerber
Insgesamt betrachtet ist die Situation am Ausbildungsmarkt aus Bewerbersicht so gut wie lange nicht. "Seit Jahren berichten wir ja schon von einem guten Arbeitsmarkt. Und das verbessert sich weiterhin", sagte Klaus Seebach. Differenziert betrachtet, wird aber auch klar, dass im Jahr 2017 die Zahl der gemeldeten Ausbildungsstellen (591) zwar fast der Zahl der Bewerber (587) entspricht, aber 118 Stellen dennoch nicht besetzt werden konnten. Das sich annähernde Verhältnis von Bewerbern zu Ausbildungsstellen dürfe nicht zu der Vermutung verleiten, "dass jeder Jugendliche in seinem Wunschberuf" unterkommt, sagte Seebach.
In der Statistik zeigt sich das etwa bei den unter "Kaufmännische Dienstleistungen, Handel" zusammengefassten Stellen: Hier gab es im Kreis Haßberge 158 Ausbildungsplätze, aber nur 98 Bewerber. Im Bereich "Büro, Organisation, Verwaltung" dagegen stehen 71 Ausbildungsplätze 113 Bewerbern gegenüber.