Der Kreis Haßberge ist Teil des Verkehrsverbunds Nürnberg, will aber auch dem Verkehrsverbund Mainfranken angehören. Die geografische Lage macht die Kreiskommune zum Spezialfall. Darüber sprach gestern der Kreisausschuss.
Auch, wenn die Teilnahme an nur einem Verkehrsverbund günstiger käme als die Mitgliedschaft in zwei (unabhängigen) Verbünden, ist für Landrat Wilhelm Schneider (CSU) nur ein Weg denkbar: Der Weg hin zu zwei Verkehrsverbünden, denen der Landkreis Haßberge angehört.
"Unser Landkreis bildet dieses Bindeglied" in die eine Richtung nach Bamberg beziehungsweise in den Großraum Nürnberg und in die andere Richtung nach Schweinfurt, Würzburg beziehungsweise in die Region Mainfranken. "Von den Pendlern her haben wir sowohl in die eine Richtung als auch in die andere Bewegungen", sagte der Landrat gestern bei der Sitzung des Kreisausschusses des Kreistages Haßberge. "Deswegen war es klar, dass wir, wenn wir zu dem einen ,ja' sagen, auch zu dem anderen ,ja' sagen werden."
Ebern ist schon länger dabei
"Ja" gesagt hat der Kreis Haßberge längst in Richtung Ober- und Mittelfranken: Er ist seit 2010 Mitglied im Verkehrsverbund Großraum Nürnberg (VGN). Allerdings wurde damals laut Landratsamt nur "die Schienenstrecke Bamberg-Ebern in den VGN integriert, gemeinsam mit den Buslinien in ihrem Einzugsbereich". Zum 1. Januar 2018 erfolge nun die tarifliche Integration des restlichen Teils des Landkreises Haßberge.
Nun will der Landkreis auch in Richtung Mainfranken einheitliche Tarife ermöglichen, deshalb soll eine Erweiterung des aktuellen "Verkehrsunternehmensverbunds Mainfranken" erfolgen, indem die neue "Verkehrsverbund Mainfranken GmbH" gegründet wird. Deren Gebiet würde sich gegenüber dem alten Verbund sowohl in Bezug auf Fläche als auch auf Einwohnerzahl "in etwa verdoppeln", wie der Landrat bei der Sitzung am Mittwoch in der Stadthalle Haßfurt darlegte. Kurzum, der Stand der Dinge: "Beim VGN sind wir voll im Verbund drin, beim VVM ist es der erste Schritt dahin", sagte Schneider.
Ein Verkehrsverbund ermöglicht den Nutzern öffentlicher Verkehrsmittel einheitliche Fahrtarife, zudem gibt es Sonderaktionen, die im Verbund greifen können. Ein Beispiel: Wer etwa eine Eintrittskarte für ein Heimspiel des 1. FC Nürnberg erwirbt, dem wird auch am Spieltag die kostenlose Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel im Einzugsbereich des Verkehrsverbunds Nürnberg eingeräumt. Wer bislang etwa von Haßfurt oder Zeil aus im Zug mit Stadion-Eintrittskarte gen Nürnberg gefahren ist, musste noch ein Ticket lösen bis zum Bahnhof in Oberhaid (Landkreis Bamberg), weil erst ab hier der VGN begann. Wer von Ebern aus losfuhr, musste nichts draufzahlen, weil Ebern schon seit 2010 zum Einzugsbereich des VGN gehört. Das erübrigt sich nun, weil der Landkreis komplett integriert wird.
In Richtung Mainfranken ist dies aber noch lange nicht der Fall. Es sei eine "ganz schwierige Materie" und auch eine langwierige Anglegenheit, sagte Schneider. "Der Prozess dauert mit Sicherheit drei, vier oder fünf Jahre." Die Planungen derzeit sehen vor, zum 1. Januar 2018 die neue Gesellschaft zu gründen, deren Gesellschafter laut Sitzungsunterlagen "die neun Aufgabenträger der Planungsregionen 2 und 3" sind, die da wären: die Städte Schweinfurt und Würzburg sowie die Landkreise Haßberge, Bad Kissingen, Kitzingen, Main-Spessart, Rhön-Grabfeld, Schweinfurt und Würzburg.
Wenn es ums Geld geht...
Am Mittwoch stellte Christopher Alm die Planungen näher vor. Alm ist ÖPNV-Koordinator im Landratsamt Schweinfurt und in Zusammenhang mit der VVM-Neugründung auch zuständig für die Planungsregion 3, zu der der Kreis Haßberge gehört. Derzeit stünde man vor der Aufgabe, den VVM neu zu oraganisieren, die Struktur ändere sich gravierend durch die Erweiterung. Die Ermittlungen der Einmalkosten und der laufenden Kosten für die Planungsregion 3 sowie die Neuregelung der Einnahmenaufteilung unter den Verkehrsunternehmen im Verkehrsverbund seien Kernpunkte der Arbeit.
Die Verkehrsunternehmer bereiteten sich auf die Verhandlungen bereits vor, "bis Ende des nächsten Jahres dürfte es klappen, sich einig zu werden", sagte Alm. Weiter: "Ich denke schon, dass die Verhandlungen schwierig werden, vor allem, wenn's ums Geld geht." Alm glaubt dennoch, dass eine Lösung gefunden wird, "ich bin da zuversichtlich".
Über die Kosten des neuen VVM könne Alm nichts Konkretes sagen, angestrebt sei jedoch eine Mischfinanzierung, bei der die kommunalen Aufgabenträger als Gesellschafter vorerst mit einer Pauschale von 25 Cent pro Einwohner rechnen und die Verkehrsunternehmen mit einer noch festzulegenden Pauschale aus den Fahreinnahmen.
Landrat Schneider merkte dazu an: "25 Cent ist der erste Schritt. Wenn es dabei bliebe, wäre es schön. Aber man muss da realistisch sein." Die Pauschale dürfte also noch einmal nach oben angepasst werden. Nichtsdestotrotz sprachen sich alle Ausschussmitglieder für die Teilnahme des Kreises Haßberge am Verkehrsverbund Mainfranken aus und in Hinblick auf den Verkehrsverbund Großraum Nürnberg eben auch dafür, in dieser Sache zweigleisig zu fahren: "Wir wussten von Anfang an, dass es mit doppelten Kosten verbunden ist", sagte etwa Holger Baunacher (Junge Liste), "aber es ist einfach notwendig." Oder wie Birgit Bayer (Wählergemeinschaft) es ausdrückte: "Wir brauchen beide Verkehrsverbünde. Das muss es uns wert sein."