Simons Welt steht kopf

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Constanze Wald
Constanze Wald
 
 

Kunst  Simon fällt gerne auf. Der Eltmanner ist Artist, bisher allerdings nur in den Schulferien. Der 15-Jährige will zum Zirkus und macht dort eine Ausbildung zum Jugendübungsleiter.

von unserem Redaktionsmitglied Katja Müller

Eltmann — Nicht jede Mutter würde auf den außergewöhnlichen Berufswunsch ihres Sohnes so gelassen reagieren. Doch Constanze Wald (47 Jahre) aus Eltmann unterstützt ihren Sohn Simon Schwemmlein, der mit 17 Jahren zum Zirkus will. Noch ist er 15 und besucht die Eltmanner Realschule. Doch die Chance, dass er es sich in den kommenden zwei Jahren noch anders überlegen wird, ist verschwindend gering.
Denn wenn alles klappt, wird Simon Ende dieses Jahres seinen Trainerschein als Zirkus-Jugendübungsleiter in den Händen halten - ein europaweit anerkannter Abschluss. "Wenn ich die Mittlere Reife habe, mache ich ein soziales Jahr beim Zirkus Pimparello und wenn ich 18 bin, lasse ich mich dort zum Zirkustrainer ausbilden", erzählt der Schüler.

Selbstbewusst und bunt

Der Kinder- und Jugendzirkus Pimparello in Rappenhof bei Gschwend (Baden-Württemberg) betreibt ein Ferien- und Erlebnisdorf und einen Freizeithof für Bewegungskünste. 2010 hat Simon dort zusammen mit seinen Eltern und Schwester Greta (elf) eine Familienfreizeit verbracht. Mittlerweile fährt er alleine mit dem Zug in den Ostalbkreis.
"Im Zirkus gibt es kein ,Das kann ich nicht'", erzählt Simon. "Wer mit drei Bällen nicht jonglieren kann, nimmt eben zwei. Und wenn einem für ein Kunststück die Körperspannung fehlt, macht man eines, bei dem man sie nicht braucht. Das Publikum klatscht genauso", sagt Simon. Jedes Jahr kommen über 3800 Kinder, Jugendliche und Erwachsene in das Ferien- und Erlebnisdorf.
Seit einem halben Jahr trägt der Jugendliche neben einem dünnen, geflochtenen Zopf im Nacken auch zweifarbige Hosen - Ausdruck seines "Andersseins". "Beim Zirkus ist keiner besser als der andere. Wenn einer etwas nicht kann, wird er mitgezogen. Es wird ihm solange beigebracht, bis er es kann. Und man kann anziehen, was man will", sagt er.
Dieses Lebensgefühl möchte er nicht nur bei seinen Besuchen im Ostalbkreis, sondern auch in Eltmann leben. Doch das kommt bei seinen Altersgenossen im Kreis Haßberge nicht immer gut an. Darauf angesprochen, zuckt Simon nur mit den Schultern. "Die Zirkusleute sind schon toleranter", meint er.
"Viele halten Zirkusleute für Rumtreiber, die von Ort zu Ort ziehen", wirft Simons Vater Georg Schwemmmlein (47) ein. Sein Sprössling dagegen wirkt sehr verantwortungsvoll, als er erzählt, was zu seiner Ausbildung als Zirkus-Jugendleiter gehört: "In der Ausbildung lernt man, wie man mit Kindern umgeht, was man macht, wenn sie Heimweh haben und wie ein Training aufgebaut ist."

Auf dem Einrad in die Schule

Er redet so ausführlich über das Miteinander der Zirkusleute, dass man fast vergessen könnte, dass er auch artistisch einiges drauf hat. Unter den vielen verschiedenen Zirkusdisziplinen hat Simon sich auf Luft- (Trapez und Tuch) sowie Partnerakrobatik spezialisiert. Ein Küchenstuhl als Hilfsmittel genügt, um den Schulterstand vorzuführen.
Das Fahren auf dem Hocheinrad hat der Schüler binnen einer Stunde gelernt. "Davor habe ich aber eineinhalb Jahre gebraucht, bis ich gut Einrad fahren konnte", erzählt Simon. Und Mutter Constanze Wald erinnert sich mit einem Lächeln daran, wie ihr Sohn auf dem Einrad über den Feldweg in die Schule holperte.
Die Familie lebt in Eltmann ähnlich ländlich und naturverbunden wie die Zirkusgemeinschaft in Schwaben. Hier gibt es Kühe, Hühner, Katzen, Hund "Flash", Fische und Zebrafinken. "Ich habe ein gutes Gefühl, weil ich weiß, dass Simon sich dort wohlfühlt", sagt Constanze Wald.