Schützen ist gar nicht so leicht

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Blühende Flächen sind schön anzusehen und ein Segen für Insekten, Kleintiere und Vögel. Doch moderne Bauhöfe sind oft nicht mehr dafür ausgestattet, sie zu pflegen. Foto: Josef Schröder
Blühende Flächen sind schön anzusehen und ein Segen für Insekten, Kleintiere und Vögel. Doch moderne Bauhöfe sind oft nicht mehr dafür ausgestattet, sie zu pflegen. Foto: Josef Schröder
 

Kommunen wollen Insekten Lebensräume bieten und Grünflächen spät und selten mähen. Doch damit stellen sie ihre Bauhöfe vor Probleme, weil geeignete Technik nicht immer vorhanden ist.

Das Bewusstsein für den Verlust an Insekten wächst. Kommunen sollten da mit guten Beispiel vorangehen, wenn es um Gegenmaßnahmen geht, fand die Stadt Rödental und beschloss, einen Teil der Grünflächen nicht so oft wie bisher zu mähen. Doch Naturschützer horchen auf, wenn es um die Frage des Mähens geht.

In Rödental sind es stattliche 1,5 Hektar vom städtischen Grün, die insektenfreundlich werden sollen, erklärte Bauhofleiter Gerhard Eller bei der jüngsten Sitzung des Stadtrats auf Anfrage. Auch dort, wo das Grün aufwachsen und blühen darf, wird trotzdem ein Streifen entlang der Gehwege gemäht. "Damit auch nach einem Regen dort gegangen werden kann, ohne sich die Hosen nass zu machen", erläuterte Gerhard Eller.

Doch irgendwann, spät in der Vegetationsphase, müssen auch die Blühflächen gemäht werden. Sie würden sonst verbuschen und mit der Zeit den gedachten Zweck, Raum für Insekten zu schaffen, nicht mehr erfüllen. "Das geht mit dem normalen Mäher nicht mehr, da kommen wir nicht mehr durch", beschreibt Gerhard Eller das Problem. Die Flächen sollen daher abgeschlegelt oder gemulcht werden.

Das allerdings würde den Zweck der Blühflächen ins Gegenteil verkehren, warnen Naturschützer. "Mulchmäher vernichten Insekten, Kleintiere und seltene Blumenarten", warnt etwa der Landesbund für Vogelschutz in einer Mitteilung aus aktuellem Grund. Der LBV fordert Mulchverzicht und sieht die Kommunen in der Pflicht.

Mulchmäher zerkleinern das Mähgut und verteilen es wieder auf der Fläche. Die Sorge: Insekten und Kleintiere werden von den blühenden Flächen angelockt, finden dort Nahrung und Schutz vor Feinden. Bis die Mähmaschine kommt. "Wo Artenvielfalt herrschen könnte, hinterlassen die Mulcher wahre Todeszonen", sagt LBV-Vorsitzender Norbert Schäffer.

Er ruft daher alle Kommunen auf, auf Mulchen und Schlegeln zu verzichten. Stattdessen sollen die Blühflächen gemäht und das Mähgut abtransportiert werden.

Außerdem rät er zu einem Pflegekonzept für alle kommunalen Grünflächen. Dabei geht es ihm darum, dass nicht überall gleichzeitig sondern zeitlich versetzt gemäht wird, damit immer etwas stehen bleibt, das Insekten und Kleintieren oder Vögeln zugute kommt.

Gerhard Eller betont, dass er stets gewillt ist, mit der Natur zu arbeiten, nicht gegen sie. "Ich werde versuchen, im Herbst einen Landwirt dafür zu gewinnen, dass er die Flächen mäht", versichert er. Doch das gestalte sich schwierig, weil städtische Flächen oft durch Hundekot verschmutzt seien und Landwirte das Gras dann nicht verwerten können.

Balkenmäher oft nicht vorhanden

Dass sich ein Landwirt findet, der die Blühflächen mit dem Balkenmäher schneidet, hält Gerhard Eller für illusorisch. "Das hat doch keiner mehr", ist er überzeugt. Der städtische Bauhof selbst hat übrigens ebenfalls keine Maschine mit Balkenmäher. Landwirtschaftliche Maschinen und ihre Mähwerke eignen sich aber meist schon wegen der Größe nicht, um kleine Flächen zu mähen.

Der gute Wille zum Artenschutz stößt also unter Umständen an technische Grenzen. Und es gibt noch andere. Hohes Gras, in Bereichen wo Kinder spielen, weckt die Furcht vor Zecken, die gefährliche Krankheiten übertragen.

Hilfe für die Bauhöfe kann auch der Landschaftspflegeverband Coburger Land (LPV) bieten, wie dessen Geschäftsführer Frank Reißenweber bestätigt. Allerdings geht das nicht überall. "Innerorts können wir nicht tätig werden, aber wenn es um Flächen geht, die außerhalb liegen, können wir durchaus nach Absprache unterstützen", sagt er. Außerdem erinnert er an den Maschinenring, der nicht nur für Landwirte Dienstleistungen anbietet.

Nicht einheitlich arbeiten

Von einer einheitlichen Lösung für alle Flächen rät Frank Reißenweber ab. "Ein Mosaik aus verschiedenen Formen in der Bearbeitung ist am besten", sagt er. Das heißt, es sollte Flächen geben, die "eine frühere Form der Bewirtschaftung simulieren" also einmal im Juni und einmal im August oder September gemäht werden. So wie früher einmal für Heu und einmal für Grummet gemäht wurde. Andere vielleicht schwer zugängliche Flächen könnten dafür nur einmal im Herbst gemäht werden oder auch ein Jahr gar nicht und erst im zweiten Jahr. Dafür gebe es andererseits Arten, die davon profitieren, wenn Teilflächen schon zeitig gemäht werden.

Wichtig ist aus Frank Reißenwebers Sicht, dass an den meisten Stellen das Mähgut auch entfernt wird. Das könne eine Nutzung durch einen Landwirt sein, wenn sich die Fläche dafür eignet. Andernfalls aber müsste der Grasschnitt eben kompostiert werden, damit es nicht zu einer Nährstoffkumulation im Boden kommt. Nur so entstünden dauerhaft die gewünschten Blühflächen. Wo sich eine Fläche eignet, sei auch eine Beweidung als Nutzungsmöglichkeit denkbar, die ebenfalls der Artenvielfalt dienlich wäre, sagte Frank Reißenweber.