Stephan Herbert Fuchs Im Prozess gegen sechs Mitglieder des Motoradclubs "Grave Diggers" aus dem Raum Bayreuth/Wunsiedel wegen versuchten Totschlags deutet ...
Stephan Herbert Fuchs
Im Prozess gegen sechs Mitglieder des Motoradclubs "Grave Diggers" aus dem Raum Bayreuth/Wunsiedel wegen versuchten Totschlags deutet sich eine Wende an. Das mit Spannung erwartete Gutachten über die Jacke ("Kutte") des Angeklagten hat am 5. Verhandlungstag keinerlei eindeutige Spuren zu Lasten der Angeklagten ergeben.
Es gebe keine Hinweise auf DNA-Spuren der sechs Vergleichspersonen, also der Angeklagten, so die Gutachterin von der Universität Erlangen. Es sei nichts gefunden worden, was als Tatnachweis gewertet werden könnte, hieß es von Seiten des Gerichts. Der Prozess hatte im Juni und im Juli des vergangenen Jahres schon einmal stattgefunden. Die sechs Angeklagten standen damals kurz vor einem Freispruch, als der Rechtsanwalt des Opfers wenige Minuten vor der Urteilsverkündung den Beweisantrag stellte, die "Kutte" seines Mandanten auf DNA-Spuren zu untersuchen.
Wären nun eindeutige Spuren gefunden worden, so wäre dies ein Hinweis auf eine Tatbeteiligung der Angeklagten gewesen.
Man habe zwar sehr ausgeprägte Erbsubstanzmischungen von mehreren Personen gefunden, eine konkrete Zuordnung sei damit aber nicht möglich, sagte die Gutachterin. Auch hinsichtlich der Angeklagten, die sich alle sechs freiwillig eine Speichelprobe nehmen ließen, gebe es keine eindeutige Zuordnung. Auch nicht auf der "Kutte" des Sohnes des Opfers, der bei dem mutmaßlichen Übergriff ebenfalls verletzt wurde.
Der 52-jährige Mann aus Wunsiedel, Präsident der Motorradfreunde "Free Easy Riders Gold City", war bei einer Feier im Clubheim in Goldkronach durch ein Rollkommando brutal zusammengeschlagen und lebensgefährlich verletzt worden. Unter anderem erlitt der Mann einen komplizierten Bruch eines Halswirbels und musste sich einer schwierigen Operation unterziehen.
Er hatte seitdem nie mehr richtig Fuß fassen können, auch beruflich nicht.
Schuld daran sollen angeblich Mitglieder des Motoradclubs "Grave Diggers" gewesen. Zunächst wurden einige Mitglieder vor dem Amtsgericht angeklagt, dann wurde der Fall an das Landgericht verwiesen. Mittlerweile ermittelten Polizei und Staatsanwaltschaft weiter und klagten im vergangenen die sechs Männer im Alter zwischen 29 und 54 Jahren aus Bayreuth, Erbendorf, Kirchenlamitz, Röslau, Thierstein und Untersteinach an. Weil der Prozess im Juli 2015 wegen der geforderten Gutachten geplatzt war, kam es jetzt, fünfeinhalb Jahre nach der Tat, erneut zum Prozess.
Die Wende hatte sich schon am 4. Verhandlungstag angedeutet, als der Veranstalter eines Motorradtreffens ein Alibi für fünf der sechs Angeklagten hatte. Alle fünf seien bei ihm auf dem Treffen gewesen, sagte der Mann.
Der sechste Angeklagte hatte von Anfang an angegeben, dass er Zuhause bei seinen Eltern war. Ein weiterer Zeuge am 5. Verhandlungstag war der Chefermittler der Kripo. Er räumte ein, dass die Sache anfangs als "ganz normale Schlägerei" eingestuft wurde, bis ein halbes Jahr nach der Tat die lebensgefährlichen Verletzungen des Opfers bekannt wurden.
Der Prozess wird am Montag fortgesetzt. Unter Umständen könnten dann sogar schon die Plädoyers gesprochen werden.