Nicht nur den guten Luther sehen

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Pfarrerin Anne Salzbrenner schätzt den Reformator und sein Werk. Schimpfen könnte sie zu manchen Punkten trotzdem mit ihm.
Pfarrerin Anne Salzbrenner schätzt den Reformator und sein Werk. Schimpfen könnte sie zu manchen Punkten trotzdem mit ihm.
Zuschauen, entspannen, nachdenken - so wie der Betrachterin soll es künftig mehr Menschen gehen. Fotos: Markus Häggberg
Zuschauen, entspannen, nachdenken - so wie der Betrachterin soll es künftig mehr Menschen gehen.  Fotos: Markus Häggberg
 

Eine Schau im Stadtmuseum Lichtenfels zeigt den Reformator von vielen Seiten. Sie ist grafisch sehr ansprechend gestaltet worden und gibt einen guten Überblick über Leben und Schaffen.

Wollte man gedanklich durchsteigen, was die am Freitagabend eröffnete Ausstellung zu Martin Luther im Stadtmuseum bietet, man wäre beschäftigt. Auf gerade mal 80 Quadratmetern begegnen dem Betrachter ein Leben, Konflikte, Politisches, Sprachschöpfungen, Abgründe und selbst noch eine Frauenbewegung. Die Vernissage gelang erwartungsvoll, die Exponate eindrucksvoll.
"Here I stand" lautet der erste Halbsatz des Ausstellungstitels. Man könnte ihn auch mit "Hier bin ich (endlich)" übersetzen und das würde zu einem Wunsch aus dem Vorjahr führen. Schon 2016 habe Christine Wittenbauer, Leiterin des Stadtmuseum, zu dieser Schau recherchiert, sich umgeschaut und zugesagt. Doch an Land gezogen hat sie das Evangelische Bildungswerk der Dekanatsbezirke Kronach-Ludwigsstadt-Michelau, namentlich sein Leiter Joachim Wegner.
Ihm, ergriffen vom Thema und sichtlich erfreut über die Resonanz der Ausstellung, sollte im Laufe des Freitagabends ein lutherscher Fehler unterlaufen, der ein freudscher Fehler war. Er machte in seiner Begrüßungsrede aus Christine Wittenbauer eine Christine Wittenberger, eine Vermählung aus Stadtmuseum in Person und dem Geburtsort der Reformation überhaupt.
Schulleiter, die vertretende Bürgermeisterin Sabine Rießner und auch Landrat Christian Meißner waren gekommen, einem Lutherwort zu folgen. Dem, dass es besser sei, mit eigenen Augen zu sehen. Was dem Betrachter aber auf die Netzhaut kommt, sind interessant aufbereitete Plakate, grafisch so einfach wie raffiniert unterhaltsam und pädagogisch mit Verweisen und Bezügen.
Und diese erstrecken sich in alle möglichen Ecken von Martin Luthers Leben, der Reformation und den Folgen. So lautet auch der zweite Halbsatz des Ausstellungstitels. Welches sind die Lutherorte? Wie könnte eine Luftaufnahme von Wittenberg zu Zeiten Luthers ausgesehen haben? Wie war eine Ablasstruhe beschaffen und wie die Ständeordnung um 1500? Und könnte es nicht sogar sein, dass eine Auswirkung der Reformation erste Wurzeln der Emanzipation begossen? Mitunter in erfrischendem Comic-Stil wird Wissenswertes dem Betrachter vor Augen geführt. So wie die Geheimschrift einer Elisabeth von Rochlitz während des Schmalkaldischen Krieges. Vielleicht ist aber auch die Schaustelle am interessantesten, an der Luthers Dimension als Sprachschöpfer und Sprachgestalter gezeigt wird. Ähnlich Shakespeare war auch er auf diesem Feld säend. Gewissensbisse, Lockvogel, im Dunkeln tappen, - alles Begriffe und Früchte seiner Bibelübersetzungsarbeit.
"Als amtierende Dekanin freue ich mich die Ausstellung hier zu haben. Als Vorsitzende des Evangelischen Bildungswerkes bin ich stolz", erklärte Pfarrerin Anne Salzbrenner. Doch auch sie kennt und bekennt sich zu den dunklen Seiten in Luthers Leben. Die gab es, denn der Mann hatte nichts übrig für eine Umwälzung bestehender Machtverhältnisse von unten nach oben. Auch er glaubte an Hexen und verdammte sie. Dass diese Seiten seines Wesens auch zur Sprache kommen, macht die Ausstellung nicht zu einer bloßen Lutherschmeichelei. "Uns war das wichtig, dass auch eine wissenschaftliche Objektivität dabei ist", sagte Salzbrenner.
Der Aufbau der Ausstellung ist nicht neu und hat mit Lichtenfels nichts zu tun. Das Projekt "Here I stand" ist Aushängeschild deutscher Kultur und wurde mit Unterstützung des Auswärtigen Amtes für die USA konzipiert.
Darum gibt es auch eine Betrachtung zu Verbindungen zwischen Martin Luther und Martin Luther King. Zu sehen ist die Ausstellung zwischen dem 3. Februar und 24.Februar. Mehr unter www.here-i-stand.com