Heimatkunde Ein prägendes Anwesen am Eberner Marktplatz nahm Kreisheimatpfleger Günter Lipp unter die Lupe.
von unserem Redaktionsmitglied ralf Kestel
Ebern — Das Geschäft mit der Hausnummer 40 am Marktplatz bemüht die Dekaden: Es war das Haus des "Peter Fuchzich", wie der Eigentümer in ganz Ebern genannt wurde, weil er seine Preise stets mit einem "Fuchzgerla", einem Fünfziger, auswies. Jahrzehnte lang war es in einen Dornröschenschlaf versunken, dämmerte vor sich hin. Sorgte auch für Ärger im benachbarten Heimatmuseum, als die Dachrinnen verstopft waren und Regenwasser in den nächsten historischen Bau lief. Jetzt zeichnet sich für das einstmals schmucke Anwesen eine bessere Zukunft ab, wie Kreisheimatpfleger Günter Lipp beim heimatkundlichen Gesprächskreis verhieß, als er die Geschichte des Anwesens beleuchtete.
Fahrräder und Nähmaschinen, welch eine Kombination, gab es dort zu kaufen, hat Lipp bei seinen Recherchen herausgefunden.
Auf dem 480 Quadratmeter großen Anwesen, das vom Marktplatz bis zur Hirtengasse, reicht, boten Wohnhaus, Hof, Scheune und Werkstatt ausreichend Platz.
Zwei Einfahrten "Durch die zwei Einfahrten direkt in den Hof und durch das Vorderhaus war sogar eine Einbahn-Regelung möglich", weiß Lipp aus Besuchen, die bisher nur einem handverlesenen Publikum möglich waren. Selbst Stadtarbeiter hatten da schon Probleme, da sie mit Leitern in den Hof klettern, als Gefahr in Verzug schien.
"Ein Schmitt verkauft nicht", hatte Peter Schmitt, der zuletzt in einem Altenheim in Bamberg lebte, stets alle Interessenten abgewimmelt.
"Das Tor ist sehr alt, das erkennt man an den Beschlägen", hat Heimatkundler Lipp herausgefunden. Fasziniert hat ihn auch der barocke Stuck an den Decken des Wohnhauses.
"Auch der Hof ist sehr schön, obwohl eine dominierende Altane mittlerweile eingelegt wurde."
Das einstige Gerber-Anwesen mit Zugang zum Bleichanger und Mühlbach verzeichnete Lipps Aufzeichnungen zufolge 2000 einen großen Wasserschaden und diente in Kriegszeiten als Luftschutzbunker. In diesem Gerber-Haus hat Lipps Forschungen zufolge um 1600 ein Rehgerber namens Ludwig Schmitt gelebt, der aus Münnerstadt nach Ebern gekommen war.
Wohnstätte für Amtsrichter Ab 1887 hat darin auch der königliche Amtsrichter gewohnt und Mitte des 19. Jahrhunderts Dr. Ernst Schmidt, der als Präsident des Komitees fungierte, das "den Geist der Bildung in Ebern und Umgebung vorbereiten sollte". Sozusagen der erste VHS-Vorsitzende.
Der Mediziner Ernst Schmidt, geboren am 2.
März 1830 in Ebern, Arzt und Revolutionär, Dichter und Schriftsteller, wurde bekannt als der "Rothe Doktor von Chicago" und hat einen außergewöhnlichen Werdegang aufzuweisen.
In den Vereinigten Staaten, im Mittleren Westen, wurde er zur Legende.
Er war Arbeiterführer, setzte sich aktiv für die Sklavenbefreiung ein, war Wahlkampfhelfer für Abraham Lincoln, Bürgerkriegsteilnehmer als Generalstabsarzt, Bürgermeisterkandidat von Chicago. Er war ein Literat von Bedeutung, und er war vor allem Arzt und Menschenfreund. 1908 taucht Peter Schmitt in dem Haus nahe dem Grauturm auf, wo er anfangs mit Waffen handelte.
Im Alter von 71 Jahren verstorben, fiel das Anwesen an eine Erbengemeinschaft. Mittlerweile gibt es laut Lipp aber einen Interessenten, der anstelle der Rückgebäude etwas Neues einfügen möchte.
"Das kann wie nebenan bei der Apotheke durchaus ansprechend gelingen", ist der Denkmalschützer überzeugt. In Stadtratskreisen ist die Rede von seniorengerechten Wohnungen in der Altstadt. "Hoffen wir, dass in den nächsten zwei Jahren daraus ein Schmuckstück wird", sagt Lipp, der sich im weiteren Verlauf des Abends noch der Fahnenkunden und den Hochstraßen rund um Ebern widmete.