stephan herbert fuchs

Zum Internationalen Tag des Erinnerns an die Opfer des Holocaust und zum Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau haben die Vereinten Nationen einen eigenen Gedenktag eingeführt. Mit einem ganz besonderen Konzert beteiligte sich der Bayreuther Zamirchor an diesem Gedenken. Das Konzert am Sonntagabend in der Zamirhalle bildete gleichzeitig den Auftakt zu einer internationalen Konzertreise des Bayreuther Chores. Die Sängerinnen und Sänger werden in den kommenden Tagen unter anderem bei der offiziellen Gedenkstunde der Vereinten Nationen in Genf, im neuen Kulturzentrum im schweizerischen Lugano sowie im französischen Faverges auftreten.
Auf dem Programm standen die drei zeitgenössischen Kompositionen "Mount Sinai", "Vaetchanan" und "Nachamu Ami" des israelischen Komponisten, Dirigenten und Pianisten Isaak Tavior. Der Musiker wird den Chor auch auf seiner Reise nach Genf begleiten. Taviors Musiksprache ist schwer einzuordnen, sie bewegt sich zwischen traditionellen und zeitgenössischen Klängen, ist voll von überraschenden Dynamik- und Tempowechseln, langen rhythmischen Chorpassagen sowie lyrisch-melodiösen Zwischenspielen. Weitere Programmpunkte waren unter anderem einige Chöre des österreichischen Komponisten Viktor Ullmann, der 1944 in Auschwitz ermordet wurde, und die Arie "Du sollst der Kaiser meiner Seele sein" von Robert Stolz, gesungen von der erst 15-jährigen Sopranistin Scarlet Rani Adler.
Das Gedenken an den Holocaust müsse seinen festen Platz haben, denn nur aus der Erinnerung heraus könne auch Versöhnung entstehen, sagte der Bundesbeauftragte für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, der Bayreuther Bundestagsabgeordnete Hartmut Koschyk. Eine Kollektivschuld gebe es nicht, aber auch die junge Generation stehe in der Verantwortung, dass sich so etwas wie der Massenmord an den Juden und anderen Bevölkerungsgruppen niemals wiederholt. Koschyk appellierte an die gesamte Gesellschaft, nicht zuzulassen, dass auf leisen Sohlen Intoleranz, Hass und Fanatismus wieder Raum gewinnen.
Auch Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats der deutschen Sinti und Roma, rief die Menschen dazu auf, keine Spaltung der Gesellschaft zuzulassen. "Lassen wir nicht durch Hetzer unsere Herzen vergiften und unsere Köpfe vernebeln", sagte Rose. Die Gesellschaft werde von Rassismus und Populismus gespalten, das Fundament unseres Zusammenlebens werde damit zerstört. Dagegen stehe das demokratische Wertesystem für mehr als 70 Jahre Frieden, für die deutsche Wiedervereinigung und für eine Zukunft für alle Menschen. Zu Wachsamkeit rief schließlich Peter Jacobi, Präsident des Deutschen Sängerbundes auf. Die Verhöhnung von Menschen, die unsägliches Leid erlitten haben, dürfe keinen Platz in einer freien Gesellschaft haben.
Der Zamirchor ist nach 2011 und 2014 bereits zum dritten Mal eingeladen worden, die offizielle Gedenkstunde der Vereinten Nationen zum Internationalen Holocaust-Gedenktag in Genf musikalisch zu gestalten. Für den kleinen Laienchor aus Bayreuth ist es einer seiner bisher größten Auftritte, wenngleich der Zamirchor bereits mehrfach in Israel, 2010 sogar vor der UN-Vollversammlung in New York, aber auch immer wieder in der Region aufgetreten ist.
Der Zamirchor engagiert sich seit 2006 für die israelisch-deutsche Beziehung. Die rund 30 Chormitglieder im Alter zwischen 15 und 80 Jahren sehen ihr Engagement auch als Beitrag zum Frieden.