Tausende Besucher genossen die entspannte Festival-Stimmung in Forchheim - und viele spielten auch selber mit.
Ekkehard Roepert
Zirkuskunst und die Kunst, ein Festival zu organisieren, haben etwas gemeinsam: Es steckt knochenharte Arbeit dahinter und das Ergebnis sieht im Idealfall sehr mühelos aus.
So war es auch bei der dritten Edition des ZirkArt-Festivals am Wochenende. Festival-Leiter Lorenz Deutsch und dem 70-köpfigen ehrenamtlichen Helferteam war es gelungen, dass sich das Geschehen entspannt entwickeln konnte. Lorenz Deutsch schien am Sonntagnachmittag selbst etwas verblüfft: "Wenige Dinge fallen vor, wo man eingreifen muss."
Spagat mit Kafka
Von einigen Ton-Pannen und einigen Klagen über fehlende Stühle abgesehen, war es eine makellose Veranstaltung. Über 2000 Besucher ließen sich bereits bei der Gala fesseln, die am Freitag (bei freiem Eintritt) einen Ausschnitt aus dem Programm darbot.
Am Samstag dann, trotz großer Hitze, schon am frühen Nachmittag volles Haus vor den Bühnen am Rathaus und an der Kaiserpfalz. "5134 Besuchende" seien an den drei Eingängen am Samstag gezählt worden, freute sich Mitorganisatorin Annika Gloystein. Auch in Künstlerkreisen eile dem ZirkArt-Festival mittlerweile "ein großer Ruf voraus".
Doch wer bei einem Festival auftreten will, muss zuvor "viele Jahre harter Arbeit bewältigen", erzählt die Berliner Trapezkünstlerin Jana Korb. In Forchheim schaffte sie den Spagat zwischen Körperkunst und Literatur: Einige Meter über dem Rathausplatz schwebend, rezitierte sie Kafka, während sie den Text in Akrobatik übersetzte.
Protest gegen den Jugendwahn
Am Rande ihrer Auftritte sprachen einige der 45 Künstler über die Entbehrung hinter der so mühelos wirkenden Zirkus-Kunst.
Jana Korb sagt, dass ihre Trapeznummer auch als Gleichnis für alle Künstler stehe: "Kompromisslos produzieren" zu müssen, das sei "harte Arbeit". Vor allem in einer Gesellschaft wie der unsrigen, die dem "Jugendwahn" huldige. Sie hoffe, auch im hohen Alter noch Trapezkunst machen zu können.
Vergleichbar auch der Elan des Berliner Künstlers Klaus Lang. Seit 1987 ist die Straße seine Bühne. Daher habe er die Gala am Freitag nicht vollkommen genießen können, erzählt er. Da stand er auf der Rathausbühne und hatte das Licht im Gesicht. "Ich mag nicht, wenn ich die Leute nicht sehe." Dafür lief er dann am Samstag zur spektakulären Form auf. Mehrere hundert Zuschauer umringten ihn in der Sattlertorstraße. Sein Ansatz: Interaktion.
Der 53-jährige ist ein Energiebündel, der den Zuschauern im wahrsten Sinne die Bälle zuwirft und dessen schräge Trapeznummer auf dem Hochrad permanent mit dem Nervenkitzel des Absturzes spielt. "Aufregung lässt sich nicht vermeiden", scherzt Klaus Lang. Und meint nicht nur das eigene Lampenfieber, sondern auch die Aufregung seiner Zuschauer. Am Samstag traf es den Forchheimer Sebastian Bongartz, der Langs Assistent herhalten musste. Bongartz assistierte mit Bravour. "Jetzt hab ich einen neuen Namen", sagte er nach dem Auftritt. Denn jeder, der mit Klaus Lang spielt, erhält den Künstlernamen "Horst".
Spiel mit der Schüchternheit
Auch der Name "Shiva" des irischen Artisten Grings klingt wie ein Künstlernamen. Und warum tritt die mit atemberaubenden Verdrehungen Bücher lesende Spanierin Olaizola mit dem Vornamen "Shakti" auf? Bei beiden sei es der echte Name, verrät Shiva Grings.
Beide seien sie Kinder von Hippie-Eltern, "die nie in Indien waren".
Dafür spielt Shiva Grings nun auf der ganzen Welt. "Performance-Jazz" nennt er seine Spielkunst. Wie ein Jazzmusiker improvisiert er fortwährend. Die Welt sei seine Bühne, sagt Grings. "Alle Zuschauer sind meine Mitspieler. In Forchheim hat er auch einen vierjährigen Jungen zum Mitspielen bewegt. "Irgendwie geht es immer", sagt Shiva Grings: "Wenn jemand schüchtern ist, dann spiele ich mit seiner Schüchternheit."