Dass man seinen Problemen nicht alleine ausgeliefert ist, sondern in der Gruppe sein Leiden bewältigen kann, demonstrierten 14 Organisationen bei einer Informationsveranstaltung auf dem Paradeplatz.
Männer und Frauen schwingen grüne Ringe. Sie gehören zur Parkinson-Selbsthilfegruppe und zeigen Bewegungsmöglichkeiten auch bei erheblichen Einschränkungen. Sie sind eine der 14 Gruppen, die sich am Samstag auf dem Paradeplatz der Öffentlichkeit vorstellten. Und sie sind nur eine Auswahl der existierenden Gruppen.
"Besonders stark vertreten sind Gruppen für chronische Erkrankungen", sagt Gudrun Herderich. Von Rheuma, MS, Migräne oder eben Parkinson sind viele Menschen betroffen. Besonders möchte sie auf die Gruppe für Schlaganfallpatienten hinweisen. "Gerade hier kann man so viel tun", meint sie.
Zahlreich vertreten sind auch die "Klassiker": die Selbsthilfegruppen bei Suchtproblemen, insbesonder Alkohol - wie Guttempler, Kreuzbund oder die Anonymen Alkoholiker.
Weniger bekannt ist der "Freundeskreis für Suchtkrankenhilfe". Sein Spezialgebiet sind die Alltagsprobleme bei Betroffenen und Angehörigen, die
möglicherweise im Zusammenhang mit einem Suchtverhalten stehen. Die Gruppe trifft sich jeden Dienstag von 19 bis 21 Uhr im Untergeschoss des Kindergartens in Burk, Meisenweg 3.
Fettleibigkeit zu Leibe rücken
Ein auffälliges Banner weist auf die Adipositas-Selbsthilfegruppe hin. Hinter der Theke mit Infomaterial steht eine schlanke Frau neben anderen, die eindeutig mehr als nur ein paar Pfunde zuviel auf die Waage bringen. "Doch, doch, ich gehöre hier dazu - 2009 brachte ich es auf 150 Kilo; das war ein Body-Maß-Index (BMI) von 52", kommt sie einer verwunderten Frage zuvorkommend. Beate Kircheis ist Krankenschwester und hat sich nach ihrer Genesung von einer Magenbypass-Operation auch beruflich dem Thema krankhafte Fettleibkeit (morbide Adipositas) verschrieben. Sie führt heute die Erstgespräche im Klinikum
Forchheim, wenn jemand entschieden etwas gegen seine Zentner tun will.
Sie ging damals am Stock, berichtet sie von ihrem "Werdegang". Ihre Hüfte war kaputt und musste operiert werden. Doch bei ihrem Gewicht wagte kein Chirurg den Eingriff.
Da ihr Sport nicht möglich war, wählte sie die OP als "letzte Möglichkeit". Durch das gewandelte Essverhalten - der Magen kann nur mehr kleine Mengen aufnehmen - hat sie in einem Jahr sehr viel Gewicht verloren, so dass sie an der Hüfte operiert werden konnte.
Doch die insgesamt 76 Kilogramm schaffte sie nur durch ihren veränderten Lebensstil, durch eine konsequente gesunde Ernährung, ballaststoff- und eiweißreich. "Das ist für mich die große Ausnahme", sagt sie und beißt in kleinen Bissen von einer Butterbreze. "Sonst esse ich Vollkornbrot. Das hält länger vor."
Von Zucker und vor allem Süßstoff hat sie sich verabschiedet. "Früher gab ich vier oder fünf Süßstofftabletten in eine Tasse Kaffee.
Ich wusste gar nicht, wie eigentlich Kaffee schmeckt", meint sie. Was löst massives Übergeswicht aus? Für sich selbst muss sie da auf die Kindheit zurückgreifen. Ihre Mutte meinte es zu gut mit ihren Kindern. Große Portionen, zuckerhaltige Getränke und "wir mussten immer aufessen". Bis Beate Kircheis sich mit elf zur ersten Diät entschloss. Auf lange Sicht sinnlos.
Sie hat im Laufe der Jahre dabei 40 Kilo abgenommen, aber in der selben Zeit durch den Jojo-Effekt wieder drangefuttert.
"Ein Auslöser ist auch sehr unregelmäßiges Essen, den halben Tag nichts und dann eine dreifache Portion", nennt sie als gefährliche Lebensweise.
Nein, so hat Dominique K. nicht ihre 130 Kilo angesammelt. Die 26-Jährige gehört zu dem Typ, der zwischen den Mahlzeiten übermäßig weitergefuttert hat. Wenn es keiner sah.
Dabei musste sie in ihrem Elternhaus nicht auf Süßigkeiten und anderes Verlockendes verzichten, so dass sie sich heimlich was Gutes gönnen wollte.
Auf einmal hat es klick gemacht
"Letztes Jahr hat es klick gemacht", beginnt sie ihre Umstellung zu schildern. Sie setzt entschieden auf konservatives Abnehmen. Den ersten großen Schritt zur Normalisierung ihre Essgewohnheiten machte sie in einer Spezialklinik, die auf Essstörungen spezialisiert ist. In Kilogramm brachte ihr das "nur" neun Kilo, aber mental sehr, sehr viel. Ein halbes Jahr brauchte sie für die nächsten neun Kilo und ist jetzt bei einem Bodymassindex von 42 angelangt. "Normal ist ein BMI zwischen 19 und 25 - bis 30 spricht man von Übergewicht, bei weniger als 19 von Untergewicht; alle anderen Werte stehen für Fettleibigkeit oder Adipositas.
BMI von 42 - das heißt Dominque gehört auch jetzt noch zur Gruppe mit morbider Adipositas. Das bedeutet Krankheitswert. Deswegen springen auch die Krankenkassen ein für eine Therapie, wie bei Dominique oder einer OP, wie bei Beate. Doch für die lebenslange Nachsorge kommen sie nicht auf. Bei der jungen Frau heißt das konsequent regelmäßig essen und dreimal die Woche Sport. Das sind keine besonderen Mehrkosten. Für Leute nach der Magenoperation allerdings heißt das regelmäßige Laborkontrollen und Ernährungscheck-ups. "Diese Kosten sind nicht so schlimm, wenn sonst alles in Ordnung ist", sagt Kircheis aufgrund ihrer Erfahrungen.