Stephan Herbert Fuchs "Love-Scamming" nennt man das Phänomen des Internetbetruges mit vorgetäuschter Liebe, um an das Vermögen eines anderen zu kommen. Die Masche ist immer die gleiche: Über soziale M...
Stephan Herbert Fuchs
"Love-Scamming" nennt man das Phänomen des Internetbetruges mit vorgetäuschter Liebe, um an das Vermögen eines anderen zu kommen. Die Masche ist immer die gleiche: Über soziale Medien wird eine Art Liebesverhältnis aufgebaut. Ist das Vertrauen erst einmal erschlichen, wird eine Notlage vorgetäuscht und um Geld gebeten. Fast 120.000 Euro hat ein Unbekannter mit dem Namen "Fred" auf diese Art von mehreren Frauen aus Holland und aus Osteuropa erschwindelt. "Geldbote" soll dabei ein 34-jähriger Mann aus dem Landkreis gewesen sein, der aus Afrika stammt. Er muss sich derzeit wegen Geldwäsche vor dem Amtsgericht verantworten.
Irgendwann waren die Banken, bei denen der Mann seine Konten hat, stutzig geworden. Binnen nicht einmal eines Vierteljahres waren von Mai bis Anfang Juli 2019 auf den Konten in mehreren Dutzend Überweisungen exakt 116.669,15 Euro aus dem Ausland eingegangen. Meist noch am selben Tag, aber spätestens am Folgetag, hatte der Angeklagte, der derzeit eine Lehre macht, das Geld in bar abgehoben. Da wurde die Kriminalpolizei aktiv. Die Geschichte mit dem "Love"-Scamming" ("Liebesbetrug") kam ans Licht. "Fred", der wohl nicht wirklich so heißt und aus Kamerun stammt, gab sich bei den Damen, die er über Single-Börsen kennenlernte mal als Pilot, mal als Bodybuilder aus, der urplötzlich in Schwierigkeiten steckte. Der eine sitzt unschuldig im Gefängnis und benötigt angeblich Geld für Lebensmittel, der andere kommt nicht an dringend notwendige Arzneimittel heran, wenn ihm die "Dame seines Herzens" nicht gleich Geld schickt.
Hohe Summen übergeben
Offensichtlich schaltet die Aussicht auf die große Liebe den Verstand ab. Anders ist es nicht zu erklären, dass, ohne den anderen je zu Gesicht bekommen zu haben, hohe Summen überwiesen werden. Der höchste Betrag im vorliegenden Fall lag immerhin bei einer Einzelüberweisung von fast 40.000 Euro. Überwiesen wurde das Geld freilich nicht direkt an "Fred", sondern an den Angeklagten. Der hatte die Aufgabe den Betrag im Umfeld des Nürnberger Hauptbahnhofes an den angeblichen Bruder von "Fred" in bar zu übergeben.
Von all dem will der Angeklagte nichts gewusst haben. Ihm habe "Fred", den er nach seiner Flucht aus Nigeria 2014 in Italien kennengelernt habe, erzählt, dass er immer mal Autos von Deutschland nach Afrika verkaufe. Nachdem weder er noch sein angeblicher Bruder "Ben" ein Bankkonto in Deutschland besäßen, habe der Angeklagte ausgeholfen und seine Bankverbindung zur Verfügung gestellt. Ein Fehler.
"Ich war zu blauäugig"
"Ist Ihnen denn das Ganze nicht irgendwann einmal komisch vorgekommen?" wollte Richterin Sieglinde Tettmann vom Angeklagten wissen. "Nein", sagte der 34-Jährige. Er habe seinem Freund "Fred" vertraut und niemals gedacht, dass er etwas Böses im Schilde führt. "Ich war zu blauäugig und hätte nie geglaubt, dass der mich so missbrauchen würde."
Deutlicher wurde der ermittelnde Sachbearbeiter der Kripo in Bayreuth. "Da hätte man schon draufkommen können, dass da ein krummes Ding dahinter steckt", sagte der Beamte. "So mega-seriös war das ja nun wirklich nicht."
Nachdem die Verhandlung am Nachmittag bereits deutlich länger lief als geplant, das Gericht aber noch einmal alle Kontoauszüge überprüfen möchte, wurde die Verhandlung kurzerhand unterbrochen. Zusammen mit der für Wirtschaftsdelikte zuständigen Staatsanwaltschaft in Hof sollen nun weitere rechtliche Fragen abgeklärt werden, ehe die Verhandlung diese Woche fortgesetzt werden soll.