Für die Prozession herausgeputzt

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Das ehemalige Altarbild vom Anwesen des Schreiners Konrad Biermann (jetzt Erhard, Hauptstraße 1) befindet sich heute im Stadtmuseum. Foto: Manfred Welker
Das ehemalige Altarbild vom Anwesen des Schreiners Konrad Biermann (jetzt Erhard, Hauptstraße 1) befindet sich heute im Stadtmuseum. Foto: Manfred Welker

An Fronleichnam wird die leibliche Gegenwart Jesu Christi im Sakrament der Eucharistie gefeiert. Die Herzogenauracher bereiteten sich auf dieses Hochfest der katholischen Kirche wochenlang vor.

In seiner Chronik hat der Herzogenauracher Heimatforscher Andreas Fischer das Fronleichnamsfest des Jahres 1926 beschrieben. Fischer vermerkt bei der Aufzählung der Honoratioren das Fehlen der SPD-Stadträte in diesem Jahr.
Dies könnte mit Differenzen zusammenhängen, die aufgrund der Kreditvergabe der Stadtsparkasse Herzogenaurach an die Schuhfabrik Noris aufgekommen waren. Diese Firma ging wie einige andere pleite und hinterließ der Stadtsparkasse einen Schuldenberg. Da der Bürgermeister als Vorsitzender des Sparkassenausschusses für die Vergabe einzustehen hatte und nach Meinung der Bevölkerung die Ermittlungen nicht energisch genug vorantrieb, musste Heinrich Weiß am 18. August 1926 von seinem Amt als Bürgermeister zurücktreten.
Andreas Fischer hat den Ablauf des Fronleichnamsfestes vom 3. Juni 1926, das in der hiesigen Pfarrei als "Kränzlestag" tituliert wurde, akribisch in seiner Chronik aufgeführt. Schon in den Wochen davor merkt man, dass es auf ein großes Fest zugeht. Besonders in den Hauptstraßen wurden die Häuser instand gesetzt. Die Aktivitäten steigerten sich noch in den letzten Tagen vor dem Fest. Alles wetteiferte darin, diesen Tag besonders festlich zu gestalten.


Böllerschüsse als Weckruf

Am Vorabend des hohen Festes verkündeten Böllerschüsse (In diesem Jahr von Herrn Batz junior) und ein Zapfenstreich den Beginn desselben. Im Anschluss wurden eine kurze Andacht in der Pfarrkirche und danach eine Prozession um die Kirche abgehalten. Zwischen einer Seitentür und der Sakristei wurde das Evangelium gelesen.
Am Fronleichnamstag selbst weckten um 5 Uhr Böllerschüsse die Schläfer. Damit begann ein geschäftiges Treiben auf den Straßen. Es wurden die Altäre aufgebaut, die Häuser am Prozessionsweg wurden mit Fahnen, Bildern und Altärchen geschmückt. Zusätzlich erhielten die Häuser Kränze und wurden mit Laub und Blumen "geputzt". Auf dem Prozessionsweg waren sämtliche Straßen mit Gras bestreut.
Der erste Altar stand am Haus von Baptist Hildel, Prinz-Ludwig-Ferdinand-Straße (jetzt Hintere Gasse 71). Der zweite Altar am Anwesen des Schreiners Konrad Biermann (jetzt Erhard, Hauptstraße 1). Der dritte Altar war am Haus des Brauereibesitzers Zimmerer, Hauptstraße 71 errichtet und der vierte Altar am Anwesen der Witwe Hildel, Schillerstraße (jetzt Hintere Gasse 51).


Auch der Turm war geschmückt

Von der Straßendekoration fielen besonders die zahlreichen schön hergerichteten Herz-Jesu-Altärchen auf. Auch so manches historische Stück sah man hinter Bildern und Statuen hervorlugen. Besonders positiv erwähnte Fischer die Schmückung des Museumsturms (heute Vehnturm genannt).
"Punkt 8 Uhr tritt der eucharistische Heiland seinen Triumph- und Segenszug durch die Straßen an", notierte Andreas Fischer. Den Zug eröffnete die große Kirchenfahne (getragen von Fabrikarbeiter Franz Jordan), es folgten die Schuljugend mit ihren Lehrern und Lehrerinnen, die Kinder des Liebfrauenhauses mit Fahne, die Statue des Jesuskindes (getragen von Erstkommunikantinnen), die Kindheit-Jesu-Fahne, die Statue der Heiligen Agnes, die Leidenswerkzeuge, die Herz-Jesu-Statue (getragen von Schülern der 1. Fortbildungsschule), die Herz-Marien-Statue (getragen von Schülerinnen der 1. Sonntagsschule), die Anstaltskinder (= Kindergarten), die Buben mit Fähnchen, die Mädchen Blumen streuend, die Statue des Heiligen Sebastian (getragen von Mitgliedern des katholischen Gesellenvereins, nunmehr Kolpingsfamilie), der katholische Gesellenverein (= Kolpingsfamilie), der katholische Arbeiterverein, der katholische Jugendverein, der Turnerbund mit Fahne, die alten Zunftfahnen und Zunftstäbe, das Haundorfer Bild, die Statue der unbefleckten Empfängnis (getragen von Haundorfer Bauernburschen), der Radfahrerverein Concordia Haundorf mit Standarte, das Bild der Gößweinsteiner Wallfahrt, das Hammerbacher Bild, das Bild der Dettelbacher Wallfahrt, die Muttergottesstatue (getragen vom Verein weibliche Jugend), der katholische Mädchenverein, der Arbeiterinnenverein mit Figur, die Männer, die Musikkapelle, der Kirchenchor unter der Leitung der Herren Jakob Schramm und Fritz Maier, die Schwestern aus dem Liebfrauenhaus und die Krankenschwestern (sog. Mallersdorfer Schwestern, eigentlich Religiöse Genossenschaft der Armen Franziskanerinnen in Mallersdorf), das Kruzifix (getragen von Heinrich Maier, genannt Bember Heiner), das Sanktissimum, getragen von H.H. Dechant und Stadtpfarrer Joseph Müller, assistiert von H.H. Kaplan Thomas Walter und H.H. Benefiziat Carl Plazotta sowie dem Hausgeistlichen des Liebfrauenhauses, H. Dr. Heinrich Pezold, flankiert von kreuztragenden, weiß gekleideten Mädchen sowie einer Abordnung der freiwilligen Feuerwehr.
Dann kamen die Vertreter des Stadtrats, die Bürgermeister Heinrich Weiß und Peter Herbig sowie die Stadträte Heinrich Galster, Andreas Kießling, Ernst Peetz, Franz Zimmerer, Peter Schacher und Hans Heller. Die sozialdemokratischen Stadträte nahmen nicht teil. Es folgten die Vertreter der Kirchenverwaltung, Michael Daßler, Michael Bergler, Friedrich Drebinger, Jakob Krumm und Baptist Breun (Galgenhof), die Militärvereine mit Figuren, der Vorstand der freiwilligen Feuerwehr und die Frauen.