Gericht Zwei Angeklagte aus Nürnberg und Forchheim sollen im Juli in Herzogenaurach eine Nürnbergerin strafbar belästigt haben. Der Staatsanwalt fordert Freispruch, der Rechtsanwalt fordert Freispruch. Das Urteil des Erlanger Amtsgerichtes sollte daher eigentlich keine Überraschungen bieten. Wirklich nicht?
von unserem Redaktionsmitglied
Michael Busch
Herzogenaurach/Erlangen — Ganz von vorne: Die Anklage war schnell verlesen. Die beiden Angeklagten aus Nürnberg und Forchheim sollen im Juli 2015 in Herzogenaurach eine Nürnbergerin mit exhibitionistischen Handlungen strafbar belästigt haben. Der Ältere der beiden, 27 Jahre alt, arbeitete in einer Herzogenauracher Bar bei seinem Freund, einem mitangeklagten Forchheimer. Dort zu Besuch sei das 22-jährige Opfer gewesen. Zum einen, um die neue Bar kennenzulernen, zum anderen, um dem 27-Jährigen zu erklären, dass in deren Kurzbeziehung etwas schief gelaufen sei.
Der junge Mann habe nämlich erst nach einem Wochenende gemerkt, dass die vermeintliche Liebe zu der Nürnbergerin doch nicht so groß ist, wie er zunächst dachte. Denn seine "eigentliche" Freundin und ein Kind würden ihn genug in Anspruch nehmen.
Doch genau an diesem Punkt gehen die Schilderungen gegenüber dem Richter Hagen Förster nun auseinander.
Laut der Anklage sei das Opfer in der Herzogenauracher Bar von dem Besitzer irgendwann in einen Nachbarraum gerufen worden. Dort habe die Liebelei der Woche zuvor mit heruntergezogenen Hosen und freier Männlichkeit vor ihr gestanden.
Der Freund habe sie noch in Richtung des entblößten Mannes gedrängt und erst ein Tritt mit dem Stöckelschuh gegen das Schienbein des Helfers, habe ihr den Fluchtweg freigemacht, um der unangenehmen Situation zu entfliehen. Die beste Freundin und deren Partner hätten schließlich dafür gesorgt, dass die Herzogenauracher Polizei sich des Falles annahm.
Vor Gericht wollten sich die Angeklagten zunächst nicht äußern. Der vermeintliche Exhibitionist ließ lediglich über seinen Rechtsanwalt erklären, dass die Schilderung so nicht stimme.
Richtig sei, dass er etwas mit der Frau gehabt habe, richtig sei, dass er in Rücksicht auf eine bestehende Partnerschaft und ein Kind, diesen Fehltritt bereute und beenden wollte. Die Anzeige selber sei lediglich die "Revanche für sein Verhalten".
In der Aufklärung und den Zeugenvernehmungen wurde es dann spannend. Das vermeintliche Opfer schilderte, dass sie an diesem Abend mehrfach in das Nebenzimmer gebeten wurde, meist durch den Mitangeklagten. Der habe immer wieder gesagt, dass der "besorgte Vater" ihr noch etwas mitteilen wolle. Sie selber habe, obwohl sie die Trennung und das Vergessen des Geschehenen für den richtigen Weg gehalten habe, vor allem wissen wollen, was den Nürnberger bewegt habe.
Im Nebenzimmer selber habe dieser, obwohl er ja wollte, dass die Mutter seines Kindes nicht mehr erfährt, sie dann doch immer wieder körperlich bedrängt. "Erst nur Küssen, da habe ich auch noch mitgemacht", gibt sie vor Gericht zu.
Dann sei der gehörnte Liebhaber aber zudringlicher geworden. "Er griff mir an den Po, an die Brüste", schilderte sie die Besuche in dem Nebenzimmer, die niemand ihrer Freunde beobachten konnte. Der Staatsanwalt gab zu, dass er das nicht wirklich verstehen könne, warum sie trotz dieser Belästigungen immer wieder ins Nebenzimmer verschwand.
Er konnte auch nicht verstehen, dass die Aussage der vermeintlich "besten Freundin" so gar nicht zu den Schilderungen passte. Diese habe nämlich gar nicht bemerkt, dass die Freundin immer wieder aufgefordert worden sei, ins Nebenzimmer zu kommen. "Sie hat dort einfach nur Getränke für uns geholt", gab das Mädchen an. "Weil sie die beiden Jungs kannte und die Beziehung nutzen wollte", erklärte sie weiter.
Und ergänzte: "Zwischenzeitlich wechselte sie sogar ihre Halbschuhe in Stöckelschuhe, um den Ex-Lover aufzuheizen."
Eine Aussage, die für die Plädoyers völlig unterschiedlich aufgenommen wurde. Rechts- und Staatsanwalt sahen durch diese Aussage starke Widersprüche zu den Aussagen des Opfers. Der Richter attestierte allerdings einen gewissen Belastungseifer der vermeintlich besten Freundin. "Die junge Dame kannte den Täter auch schon seit einiger Zeit, das habe ich aus den Aussagen herausgehört." Opferbelastung und Täterschutz als Schlussfolgerung.
Wenig Beachtung beim Urteil fand damit auch die Aussage der Freundin, dass sie und ihr damaliger Freund die Schilderungen des Opfers so gar nicht glauben wollten. Letztlich habe man die Polizei gerufen, um zu bluffen.
Frei nach dem Motto: "Wenn die Polizei kommen soll, dann wird sie schon erklären, dass alles gar nicht so passiert sei." Die beste Freundin schiebt noch hinterher: "Sie ist ja sogar mit einem Grinsen gegenüber dem vermeintlichen Täter weggefahren."
Wenig Aufklärung gab es durch die Schilderungen des Whatsapp-Verkehrs. Das Opfer konnte sich an manche Mail nicht mehr erinnern, angeblich wurden Teile der digitalen Unterhaltung vom Täter gelöscht, ein Teil von einer weiteren Freundin, die sogar mit dem Angeklagten noch länger gechattet haben soll. Das wiederum bestritt diese Freundin und erklärtem, dass die Mails alle von dem angeblichen Opfer selber stammen würden.
Verwirrung und letztlich keine leichte Aufgabe für den Richter die richtige Entscheidung zu treffen. Rechts- und Staatsanwalt forderten Freispruch für die Angeklagten aufgrund der Beweislage. Richter Hagen Förster sprach die beiden allerdings schuldig und verhängte hohe Geldstrafen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.