Der Kampf ist endgültig verloren

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Die mächtige, über 200 Jahre alte Maurerseiche hat ihren Geist aufgegeben. Foto: Gerd Fleischmann
Die mächtige, über 200 Jahre alte Maurerseiche hat ihren Geist aufgegeben.  Foto: Gerd Fleischmann
Ein Foto aus den besseren Tagen des Baumes: Die Verwandten und Ehrengäste bei der Primiz von Peter Ochs, Sohn von Lehrer Johann Ochs (Mitte sitzend), reihten sich 1912 im Lehrersgarten zu einem Erinnerungsbild auf. Im Hintergrund die damals schon imposante Maurerseiche von Neukenroth. Repro: Gerd Fleischmann
Ein Foto aus den besseren Tagen des Baumes: Die Verwandten und Ehrengäste bei der Primiz von Peter Ochs, Sohn von Lehrer Johann Ochs (Mitte sitzend), reihten sich 1912 im Lehrersgarten zu einem Erinnerungsbild auf. Im Hintergrund die damals schon imposante Maurerseiche von Neukenroth.  Repro: Gerd Fleischmann
 

Die über 200 Jahre alte Maurerseiche in Neukenroth hat keine Blätter mehr. Ihr Tod kam langsam.

Seit gut zehn Jahren bangen die Neukenrother um ihre Maurerseiche. Es war ein langsames Dahinsiechen des Baumriesen. Die extremen Sommer 2018 und 2019 haben ihm nun den Rest gegeben. Das über 200 Jahre alte Naturdenkmal hat endgültig den Kampf verloren. Die einst mächtige Krone wirkt geradezu anklagend und gespenstisch zugleich.

Jeder Einheimische kennt die Maurerseiche und sie gehört zum Ortsbild wie die Kirche St. Katharina. Bereits seit 1937 steht sie unter Naturschutz. Das Erscheinungsbild war bis dato imposant. Immerhin hat die Eiche eine Höhe von 25 Metern und einen Stammumfang von 4,50 Meter. Man schätzt so an die zwanzig Festmeter Holz.

In den letzten 200 Jahren hat dieses Naturdenkmal allerhand miterlebt. Nach der Völkerschlacht von Leipzig fiel ein Trupp russischer Husaren im Dorf ein. Ab August 1885 führte die Eisenbahnstrecke nach Ludwigsstadt in Sichtweite an der Eiche vorbei. Und im Dezember 1906 vernichtete ein mutwillig gelegter Großbrand von zwei 19-jährigen Neukenrothern das Schulhaus, den Theatersaal, das Pfarrhofnebengebäude und fünf Scheunen. Das Gotteshaus konnte gerade noch gerettet werden. 50 Meter neben der Eiche erhielten die Neukenrother im Jahre 1908 eine neue Schule. 1912 bildete der Baum eine prächtige Kulisse zu dem Erinnerungsbild im Lehrersgarten anlässlich der Primiz von Peter Ochs. Und im Frühjahr 1945 richteten amerikanische Truppen ihren Kommandostützpunkt in dieser Schule ein.

Natürlich rätseln die Neukenrother über die Gründe des langsamen Absterbens. Hans Maurer erinnert sich daran, dass ein Blitz vor einigen Jahren in die Eiche eingeschlagen habe. Im Stamm ist ein tiefer Riss zu sehen. Und der ehemalige Gartenbaukreisvorsitzende Ernst Knobloch gibt zu bedenken, dass die Wurzelfläche eines Baumes doppelt so groß ist wie die Krone. Seit den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts ist im Bereich der Wurzelfläche der Kirchenweg geteert worden.

Im Landratsamt hat die Eiche im Anwesen des Bauern Hans Maurer sogar eine eigene Akte, die sich auf die Unterschutzstellung im April 1937 (Reichsnaturschutzgesetz) bezieht. Wie Sachbearbeiter Engelbert Singhartinger von der Unteren Naturschutzbehörde dazu informierte, sei dieser Baum in der Liste der Naturdenkmäler in Bayern geführt. Derzeit gebe es im Kreis Kronach lediglich 18 Naturdenkmäler. Das Absterben sei mehr als bedauerlich.

Auch der Ehrenvorsitzende des Volkstrachtenvereins Zechgemeinschaft Neukenroth, Edmund Sprenger, sieht in der Maurerseiche ein Stück Heimat. "Dieses Naturdenkmal ist so etwas wie das Wahrzeichen von Neukenroth." Allerdings wird man nicht umhin kommen, die Säge anzusetzen. Die Untere Naturschutzbehörde, die Gemeinde Stockheim sowie Grundstückseigentümer Robert Maurer wollen sich um eine einvernehmliche Lösung bemühen. Schließlich hat die Sicherheit Priorität. Engelbert Singhartinger kann sich vorstellen, dass ein Baumtorso stehen bleibt, und zwar der Tierwelt zuliebe.