Der Informatiker und die Tauben

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Taubenküken wie dieses werden in den Taubenstationen in Erlangen aufgepäppelt. Fotos: privat
Taubenküken wie dieses werden in den Taubenstationen in Erlangen aufgepäppelt. Fotos: privat
Das eine Foto zeigt die Taube Moritz, die mit einen Armbrustpfeil durchstoßen war.
Das eine Foto zeigt die Taube Moritz, die mit einen Armbrustpfeil durchstoßen war.
 
Helmut Wolff ist seit 2015 Bayerischer Landesvorsitzender der Tierschutzpartei.
Helmut Wolff ist seit 2015 Bayerischer Landesvorsitzender der Tierschutzpartei.
 

Helmut Wolff kümmert sich um die Stadtvögel, die meist ihrem Schicksal überlassen werden - in seiner Taubennothilfe in Nürnberg und den Taubenstationen in Erlangen unter der Regie des Tierheims.

Ein Schaschlikspieß steckte in der Brust einer Taube, eine andere war mit einem Armbrustpfeil durchbohrt. Diese Tauben mussten eingefangen und operiert werden. Helmut Wolff organisierte und bezahlte den Eingriff aus eigener Tasche. Das war 2015 und mit Moritz, so wurde die Taube genannt, begann die Taubennothilfe so richtig.

Allein vergangene Woche ist Wolff an einem Tag 500 Kilometer gefahren, um die vielen Notfälle auf verschiedene Pflegestationen zu verteilen. Sogar bis Regensburg fährt er, um für jede Vogelart die richtige Betreuung zu finden. Denn inzwischen befinden sich nicht nur Tauben auf dem Beifahrersitz.

Jeder Päppler ist auf eine andere Vogel- oder Tierart spezialisiert. In Kartons untergebracht hatte Wolff vor wenigen Tagen drei Wildtauben, ein Rotschwanzküken, einen Spatzenästling, drei Mauersegler und ein vermeindliches Marderbaby, das sich später aber als Rattenbaby entpuppte. Von Bürgern wird er angerufen, die verletzte Vögel entdeckt haben und diese vor den Fressfeinden schützen möchten. Wenn die Tiere nicht gebracht werden können, holt sie Wolff ab.

Etwas Sinnvolles tun

Das Projekt Stadttaubenhilfe hat er mit Heidi Hierl-Schulze in Nürnberg ins Leben gerufen. Sie ist ebenso wie Wolff eine Taubennärrin. Und das nicht ohne Grund. Vor einigen Jahren, als für den heute 65-Jährigen Informatiker das Rentenalter näher rückte, überlegte er sich einen sinnvollen Inhalt für die bald anstehende freie Zeit. "Ein Leben im Schaukelstuhl mit Chips und Bier konnte ich mir nicht vorstellen", sagt Wolff.

Für die Tierrechte steht der gebürtige Nürnberger ein, ist seit 2015 bayerischer Landesvorsitzender der Tierschutzpartei und betreut seit eineinhalb Jahren ebenfalls ehrenamtlich die Taubenstationen in Erlangen, ein Projekt, das Margrit Vollertsen-Diewerge vor über 20 Jahren ins Leben gerufen und betreut hat. Dafür wurde sie sogar mit dem deutschen Tierschutzpreis ausgezeichnet.

Helmut Wolff pendelt hin und her, zwischen der Stadttaubenhilfe und den Stadttaubenschlägen in Erlangen. Einer ist im Dachgeschoss des Erlanger Bahnhofs, einer im Dachgeschoss des Stadtmuseums und einer auf der Heinrich-Lades-Halle. Diese Taubenschlagbetreuung findet unter der Regie des Erlanger Tierheims statt.

Helmut Wolffs Herz schlägt für die Tauben, die zu Unrecht ein schlechtes Image haben. Gerade die Stadttauben. "Es sind obdachlos gewordene Haustauben", erklärt Wolff. Und egal ob Zuchttaube oder Taube aus der Massentierhaltung - sie stammt von den Felsentauben ab und würde sich freiwillig nie in der Stadt niederlassen. Dort sind sie dann aber ihrem Schicksal überlassen, werden verscheucht, mit Brotkrumen auf Bahngleise oder viel befahrene Straßen gelockt, damit sie überfahren werden oder wie eingangs geschildert noch ärger malträtiert.

Kritik am Taubensport

"Die Bürgermeister oder Veranstalter lassen gerne symbolträchtig für den Frieden eine Taube in den Himmel steigen und eröffnen so manches Fest. Oder die Tauben werden als Hochzeitstauben fliegen gelassen", kritisiert Wolff. Diese Tauben sind oft auf Farbe gezüchtet und verlieren dadurch ihren Orientierungssinn. Sie landen in der Stadt, als obdachlose, ungeliebte Stadttauben.

Nicht nur solche Tiere, auch die Tauben aus der Taubenzucht. Diese "Sportart" missfällt dem Tierschützer. "Eine Taube entfernt sich normalerweise nie weiter als zwei Kilometer. Nun werden sie hundert Kilometer von ihrem Schlag entfernt freigelassen", erzählt Wolff. Eine Taube, die in Paris freigelassen und nach Stuttgart zurück fliegen sollte, landete in Nürnberg. Völlig erschöpft und am Verhungern. "Das ist nur die Spitze des Eisbergs. Der Züchter rechnet mit hohen Verlusten", erklärt der Tierschützer.

Die anderen fristen ihr Leben als Stadttaube, ungeliebt und zu Unrecht verrufen als "Ratten der Lüfte." Dabei sind alle Anklagepunkte vom Gebäudeschädiger bis hin zum Krankheitsüberträger wissenschaftlich widerlegt, betont der Tierschützer.

Der Mensch ist gefragt

In Erlangen sind wenige Tauben zu sehen, was mit dem Taubenprojekt erklärbar ist. Dort werden die Tauben gefüttert, erhalten frisches Wasser, der Schlag wird gereinigt und die Eier gegen Gipseier ausgetauscht, um eine Vermehrung zu verhindern. Dass es trotzdem immer mehr werden, dafür sorgt der Mensch. Also sollte sich im Fall der Tauben die Kommunen dann um die Tiere kümmern. Angemessen. Wie in Erlangen, unter der Regie des Tierheims.