Weil er nach einem Unfall einfach weiterfuhr, stand ein 42-Jähriger vor Gericht. Er erläuterte, den Anstoß an eine Scheune in Michelau nicht bemerkt zu haben. Am Ende stimmte er einer Geldstrafe von 1500 Euro zu.
Kann ein Berufskraftfahrer eine Scheune schrammen, ohne dies zu bemerken? Mit dieser Frage konfrontiert, nahmen im Amtsgericht Lichtenfels zwei Parteien ihre Positionen ein. Staatsanwältin Franziska Winkler verneinte und plädierte auf Fahrerflucht. Der 42-jährige Angeschuldigte hingegen brachte seine körperliche Unpässlichkeit ins Spiel, um Staatsanwaltschaft und Richter Stefan Hoffmann von seiner Unschuld zu überzeugen.
Die finanzielle Seite des Michelauer Vorfalls vom 20. Juni 2016 war schon geklärt worden. Der 42-Jährige aus dem Bamberger Landkreis, der als Zustellfahrer unterwegs ist, kam längst für den 2900 Euro hohen Schaden auf. Nun aber sollte noch das juristische Nachspiel folgen, verbunden mit der Frage, ob er seine Fahrerlaubnis behält, die er zur Ausübung seines Berufs braucht, für den er eigentlich weit überqualifiziert ist.
Einen ordentlichen Dachschaden hatte es an besagtem Juninachmitttag gegeben. Drei Zeugen des Vorfalls bot die Staatsanwaltschaft auf. Demnach habe es einen lauten Knall gegeben, Anlieger seien aus ihren Häusern gekommen. Wenn sie also den Zusammenstoß des Autos mit der Scheune mitbekamen, weshalb der Fahrer nicht?
Erklärungsversuche
Im Grunde waren es zwei Erklärungsmodelle, die der Angeklagte anbot. Der Untergrund habe in der Nähe des Unfallortes gewechselt - Asphalt zu Pflaster. Das so einsetzende "veränderte Abrollgeräusch", wie sich der 42-Jährige ausdrückte, mochte den Anstoß eventuell "übertönt" haben.
An dieser Stelle ging Richter Hoffmann in sich und erwog die Hinzuziehung eines Sachverständigen, um zu klären, ob die Einlassungen schlüssig seien. Staatsanwältin Winkler hielt fest, dass der Anstoß "enorm" gewesen sei, auch weil Ziegeln vom Dach gefallen seien.
Zum Zeitpunkt des Unfalls habe er zudem unter einer Ohrenentzündung gelitten, so der 42-Jährige weiter. Vielleicht habe ihn die Einschränkung seines Gehörs den Knall nicht wahrnehmen lassen. Glaubwürdig versicherte er, dass er sich damals auch in Behandlung befunden habe.
Nicht unerwähnt ließ Staatsanwältin Winkler, dass der Fahrer keine Vorstrafen hat. Sie signalisierte, dass sie sich eine Verfahrenseinstellung vorstellen könnte, sofern sich der Beschuldigte zur Zahlung eines Geldbetrags von 1500 Euro bereit erkläre. Auf diese Höhe lautete auch der Strafbefehl, der dem Fahrer zugegangen war. Wohl auch, weil er dadurch einem Führerscheinentzug entging, nickte der Beschuldigte zustimmend mit dem Kopf.