Abstand halten fällt manchem schwer

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Marianne Geier vom Rewe-Markt in Stadtsteinach vor dem fast leergeräumten Regal mit Toilettenpapier. "Wir geben pro Person nur noch eine Packung ab", sagt sie.
Marianne Geier vom Rewe-Markt in Stadtsteinach vor dem fast leergeräumten Regal mit Toilettenpapier. "Wir geben pro Person nur noch eine Packung ab", sagt sie.
Alois Eberl (65) wäre nicht zum Baumarkt gefahren, wenn es nicht nötig gewesen wäre. Er muss dringend das Dach seines Bienenhauses reparieren. Fotos: Sonny Adam
Alois Eberl (65) wäre nicht zum Baumarkt gefahren, wenn es nicht nötig gewesen wäre. Er muss dringend das Dach seines Bienenhauses reparieren. Fotos: Sonny Adam
 

Einkaufen in Zeiten von Corona: Wir haben uns in Supermärkten umgeschaut - und dabei mitunter recht Seltsames gesehen.

Morgens um 8.30 Uhr im Kulmbacher Aldi-Markt. Eine Kundin weist einen hinter ihr stehenden Mann, der es offenbar sehr eilig hat und ihr ganz nah auf die Pelle rückt, zurecht: "Bitte halten Sie Abstand!" Sie tut dies freundlich, sachlich, aber bestimmt. Doch der Mann reagiert unwirsch und schimpft. Die Zeitung habe er schon abbestellt, weil er von der Pandemie nichts mehr hören wolle. Corona sei für ihn nicht wichtig.

Kein Einzelfall. Immer wieder werden Kassiererinnen, die auf die Einhaltung der Abstände pochen, beschimpft oder lächerlich gemacht. "Wir haben das jeden Tag. Vor allem die Älteren ziehen alles ins Lächerliche", sagt Marianne Geier vom Rewe-Markt in Stadtsteinach. "Ich habe zu Hause eine Mutter mit 82 Jahren. Natürlich sollte man vorsichtig sein. Die Regeln sind ja nicht umsonst", sagt sie.

Immer mehr Plexiglasscheiben

Auch die Abstände zu den Kassiererinnen werden nicht immer eingehalten. Aus diesem Grund werden in Supermärkten jetzt Plexiglasscheiben installiert. In vielen Apotheken gibt es sie schon. "Die Scheiben werden in den nächsten Tagen installiert, sie schützen die Mitarbeiterinnen ein bisschen vor direktem Kontakt", sagt Geier und appelliert an alle, doch die Aufrechterhaltung der Lebensmittelversorgung nicht zu gefährden.

Die Blumenabteilung bei Rewe ist bereits nur noch wenige Stunden am Tag geöffnet. Denn der Nachschub aus Holland kommt nicht mehr durch.

Mit Handschuhen und mit Karte

Ungebrochen hoch ist der Run auf Toilettenpapier. In nahezu allen Geschäften in Kulmbach ist es Mangelware. "Wir haben heute früh Lieferung bekommen. Doch jetzt ist schon wieder fast alles weg", sagt Geier und zeigt auf das Regal. Nur noch wenige Rollen Luxuspapier sind verfügbar. Bis zum Nachmittag wird auch das verkauft sein.

Die Supermärkte geben Toilettenpapier nur noch rationiert ab. "Bei uns kann man nur noch eine Packung kaufen. Alle sagen, dass sie für andere etwas mitnehmen würden", sagt Geier. "Ich mache keine Hamsterkäufe. Und jeder sollte das vermeiden", erklärt Hermanita Espig. Mit 68 Jahren gehört sie zur Risikogruppe. "Ich kaufe nur noch mit Handschuhen ein und ich bezahle mit Karte", sagt sie. Wenn jemand sie belächelt, stört sie das nicht. "Ich habe keine Angst. Aber ich schütze mich. Und ich wasche meine Hände öfters und halte die Hygieneregeln strikt ein", sagt Espig.

Insgeheim fragt sich die Stadtsteinacherin allerdings, wo denn der Nachschub an Desinfektionsmitteln bleibe. Denn im gesamten Landkreis seien derzeit keine solchen Mittel verfügbar.

Ortswechsel: In einem Supermarkt steht eine Gruppe Menschen zusammen und unterhält sich. Der Mindestabstand ist bei weitem nicht eingehalten. Auch kleine Kinder sind dabei. "Wir haben unser Verhalten nicht verändert. Warum auch. Wir sehen keine Notwendigkeit", sagt Jacqueline Gareis.

Und Ramona (35) und Tobias Stenglein (29) sehen das genauso. Natürlich dürfen Leni Gareis (4) und Finja Grimme (7) mit zum Einkaufen. "Wir haben keine Angst. Wir lassen uns nicht verrückt machen", sagt Tobias Stenglein - und Ramona Stenglein pflichtet ihm bei.

Viel mehr genervt sind die Eltern von der Tatsache, dass die Kinder nicht in die Schule gehen können. "In manchen Fächern kann man den Kleinen nicht helfen", klagen die jungen Paare. Die Sperrung der Spielplätze sei nervig. Eine Ausgangssperre wäre für sie undenkbar.

Baumärkte: Söder reagiert

Besonders gut frequentiert waren bis Freitag die Baumärkte. Volle Parkplätze, ein Riesen-Run auf Handwerkersachen. Alois Eberl (65) schiebt Dachabdeckungen auf einem Wagen aus dem Baumarkt. "Ich wäre nicht gekommen, wenn ich nicht dringend etwas reparieren müsste. Die Abdeckung meines Bienenhauses ist kaputt. Es würde reinregnen und meine Völker würden kaputt gehen", sagt er.

Aus diesem Grund fand es Alois Eberl sehr gut, dass die Baumärkte noch möglichst lange offengehalten wurden. "Für mich sind die Kassiererinnen sowieso die Helden des Alltags. Aber ich glaube, dass wir an einer Ausgangssperre nicht vorbeikommen", schätzt Eberl die Lage ein - auch mit Blick auf den Parkplatz und viele sicher nicht lebensnotwendige Einkäufe.

Eberl hatte die Lage ganz richtig eingeschätzt. Denn am Freitagmittag hat Ministerpräsident Markus Söder auf die Situation reagiert und die Schließung der Baumärkte angeordnet.

Bis zum Abend setzte hier in Kulmbach noch einmal ein regelrechter Run ein (siehe auch Burggeflüster auf Seite 7), dann waren die Baumärkte dicht.