Lichtenfels — "Wie, Sie haben wohl gar kein Strafgesetzbuch daheim? Jeder Koch hat ein Kochbuch und Sie begehen Straftaten ohne ein Strafgesetzbuch daheim?" In gespielter Verwunder...
Lichtenfels — "Wie, Sie haben wohl gar kein Strafgesetzbuch daheim? Jeder Koch hat ein Kochbuch und Sie begehen Straftaten ohne ein Strafgesetzbuch daheim?" In gespielter Verwunderung hielt gestern Richter Armin Wagner einem Angeklagten vor Augen, was er angerichtet hatte. In dem Jugendschöffenprozess um Diebstahl, Sachbeschädigung und Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion kam einer von zwei Heranwachsenden glimpflich davon. Nein, an die Konsequenzen seines Tuns habe er nicht gedacht, so der 21-jährige arbeitslose Lichtenfelser, der einen Zigarettenautomaten aufsprengte. Am 16. Dezember 2013 richtete er damit einen Sachschaden im Wert von 230 Euro an und entwendete Zigaretten im Wert von 320 Euro. Sein Mitangeklagter, ein 17-jähriger Küpser, ging weniger rabiat vor. Er machte sich mit einem Akku-Schrauber und einem Hebelwerkzeug am Automaten zu schaffen. Der Schaden, den er hinterließ, beziffert sich auf über 300 Euro.
Damit nicht genug, die beiden jungen Männer klauten im Februar in einem Lichtenfelser Baumarkt noch Sprühfolie und Farbdosen - und wurden erwischt. "Ein Metallrohr mit Gewinden links und rechts und Schwarzpulver aus Krachern vom Vorjahr" - so nüchtern beschrieb der Lichtenfelser, woraus er seine "Bombe" gefertigt hatte. Die, so der junge Mann, hätte zuerst für eine Art von Trockenübung dienen sollen. "Ich wollte sie an einem Schneemann testen, aber dann habe ich mich zum Zigarettenautomaten umentschieden", ließ der mitunter belustigt wirkende Angeschuldigte hören. 186 Chinakracher vom Vorjahr und weitere Böller habe er noch übrig gehabt, ihnen entnahm er das Schwarzpulver. Dass das der erste Versuch gewesen ist, mochte Staatsanwalt Gillot dem Lichtenfelser nicht abnehmen.
Er hielt wenig auf die Besserungsabsichten des Angeschuldigten und noch weniger auf dessen Beteuerungen, abends um 21 Uhr im Bett zu sein und gegen 7 Uhr aufzustehen. In seinem Plädoyer sollte sich der Ton verschärfen, als er auf "schädliche Neigungen" zu sprechen kam. Die hielt er dem jungen Mann, der bislang nur als Hilfsarbeiter tätig war und sich zwischen unterstützender Großmutter und unterstützendem Onkel laviert, ebenso zugute wie eine "Kein-Bock-Haltung". Relativ ratlos zeigte sich die Jugendgerichtshilfe in Person von Angelika Kornprobst. "Er lebt planlos in den Tag hinein, er braucht a mal an Arrest, aber ich glaub', den sitzt er ab und es passiert nix", sagte sie. Während sein Mitangeklagter zu 60 Arbeitsstunden und einer Teilnahme an einem sozialen Programm verurteilt wurde, erhielt der Bombenbauer eine achtmonatige Jugendstrafe auf Bewährung, "garniert" mit 900 verpflichtenden Arbeitsstunden.