"Runtergehauen wie noch nie": Feuerwehr und Anwohner erleben in Franken "kriegsähnliche Zustände"

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Zu hunderten Einsätzen mussten Feuerwehr und THW während des starken Unwetters am Donnerstag ausrücken. Vollgelaufene Keller und Blitzeinschläge wurden immer wieder gemeldet. Anwohner berichten, dass sie solche Zustände noch nie erlebt hätten.

Update vom 09.06.2023, 6.50 Uhr: Fränkische Feuerwehren ziehen nach Unwetter erste Bilanz

Gewitter, Starkregen und Blitze haben am Donnerstag (8. Juni 2023) in Teilen Frankens einen Ausnahmezustand und mehrere Einsätze ausgelöst. Ab ca. 15.30 Uhr entlud sich über dem Stadtgebiet Nürnberg ein starkes Gewitter mit heftigen Blitzen, Donner, Regenfällen und starkem Hagel. In Weißenohe (Landkreis Forchheim) kippte ein morscher Baum auf eine Familie - ein Kind starb nach dem Unglück. 

Der Schwerpunkt des Unwetters lag über dem Nürnberger Nord-Westen, die Stadtteile Boxdorf und Großgründlach waren besonders schwer betroffen, berichtet die Nürnberger Berufsfeuerwehr. In diesem Bereich mussten demnach rund 150 Unwettereinsätze bewältigt werden. "Um dies zu bewerkstelligen, wurden durch die Integrierte Leitstelle (ILS) Nürnberg sämtliche Freiwilligen Feuerwehren im Stadtgebiet zum Einsatz gerufen", berichtet die Feuerwache 4.

Auch die Einsatzkräfte der fünf Wachen der Berufsfeuerwehr waren phasenweise komplett in verschiedenen Einsätzen eingebunden. Zu den typischen Unwettereinsätzen wie vollgelaufenen Kellern und Tiefgaragen kamen noch zahlreiche ausgelöste Brandmeldeanlagen und Feuermeldungen nach Blitzschlägen hinzu. Diese seien aber allesamt glimpflich verlaufen, gibt die Feuerwehr Entwarnung.

Zwischen 15 Uhr und 18 Uhr gingen in der Leitstelle 556 Notrufe über die 112 ein. Bis 21.30 Uhr wurden 231 Einsätze im Stadtgebiet von Nürnberg, 11 in der Stadt Fürth, 12 in der Stadt Erlangen, einer im Landkreis Erlangen-Höchstadt, acht im Nürnberger Land und acht im Landkreis Fürth durch die zuständigen Feuerwehren abgearbeitet. In Cadolzburg schlug bei dem Unwetter ein Blitz in ein Einfamilienhaus ein.

Im besonders stark betroffenen Norden von Nürnberg waren auch zahlreiche Kräfte der THW-Ortsverbände Nürnberg und Erlangen im Einsatz. Sie unterstützten mit besonders leistungsstarken Pumpen und Sandsäcken und bei der Beurteilung der Statik von Gebäuden oder Baugruben. Insgesamt waren alleine in Nürnberg etwa 250 Einsatzkräfte von THW und Feuerwehr im Einsatz.

Kurz vor 22 Uhr konnten die Einsatzkräfte schließlich wieder in den Normalbetrieb zurückkehren. Nach aktuellem Kenntnisstand wurden im Nürnberger Raum keine Personen verletzt. Zur Höhe des entstandenen Sachschadens liegen der Pressestelle der Feuerwehr Nürnberg derzeit noch keine Informationen vor.

Etliche Einsätze im Raum Würzburg und Main-Spessart wegen Unwetter

Binnen weniger Minuten herrschte auch in der Region Würzburg "Land unter", wie die Berufsfeuerwehr der Stadt Würzburg mitteilt. Bis 21 Uhr wurden etwa 150 Einsätze für die örtlichen Feuerwehren gemeldet und mussten von der Integrierten Leitstelle koordiniert werden. "Dabei liegt die tatsächliche Einsatzzahl vermutlich deutlich höher – da Einsätze teilweise direkt im Laufe des Unwetters von den Bürgern an die im Einsatz befindlichen Feuerwehren gemeldet wurden", gibt das Amt für Zivil- und Brandschutz zu bedenken.

Alle Landkreise des Leitstellengebietes waren durch das Unwetter betroffen. Schwerpunkt des Unwetters bildete jedoch der Kreis Main-Spessart im Bereich Marktheidenfeld. Ein Video zeigt apokalyptische Szenen aus Unterfranken. Hier gab es allein binnen zwei Stunden rund 100 Einsätze. Ab etwa 17 Uhr zog analog der Meldung des Deutschen Wetterdienstes ein Unwetter über das Einsatzgebiet der Integrierten Leitstelle Würzburg hinweg.

Innerhalb weniger Minuten gingen zahlreiche Notrufe bei der 112 ein: Überschwemmte Straßen, vollgelaufene Keller oder umgestürzte Bäumen wurden am häufigsten durchgegeben. Aber auch Verkehrsunfälle auf der A3 oder ein eingestürztes Dach wurden der Leitstelle gemeldet. Die Leitstelle wurde mit zusätzlichem Personal verstärkt, um die zahlreichen Notrufe anzunehmen und die Einsatzkräfte von Feuerwehr, Rettungsdienst und Technischem Hilfswerk zu koordinieren.

Feuerwehr und Anwohner berichten von Folgen des Gewitters

Von "kriegsähnlichen Zuständen" berichtete Benedict Rottmann, Pressesprecher der Kreisbrandinspektion Marktheidenfeld. "Die Straßen waren total überflutet mit Schlamm, Hagel, Geröll. Es hat wirklich katastrophal ausgesehen." Auch ein Anwohner aus Tiefenthal beschrieb die Lage im Gespräch mit News5 als "Chaos". "Es hat heute runtergehauen wie noch nie." Die Regenrinne sei übergelaufen und das Wasser somit ins Haus eingedrungen. "So was habe ich noch nicht erlebt", bestätigte Wilhelm Schwerthöfer, der ebenfalls in Tiefenthal wohnt. Sein Auto sei von einer regelrechten Flutwelle mehrere Meter zurückgeschoben worden, als er mit seiner Familie am Nachmittag unterwegs war. Etliche Nachbarn hätten sich aber gegenseitig geholfen, die Wassermassen so gut wie möglich abzuwehren.

Erstmeldung vom 08.06.2023, 19 Uhr: Unwetter trifft auf Franken - volle Keller und Straßen überflutet

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) erweitert am Donnerstag fast stündlich seine Unwetterwarnungen für zahlreiche Regionen für Franken. Besonders Mittelfranken ist von der angespannten Wetterlage voll getroffen worden. So berichtet unter anderem die Deutsche Presse-Agentur von überfluteten Straßen und Blitzeinschlägen. Auch die Nürnberger Feuerwehr informiert auf ihrem Twitter-Kanal über zahlreiche Einsätze.

Immerhin, dem Polizeipräsidium wurden laut Bericht und nach Angaben eines Sprechers zunächst keine Verletzten gemeldet. Allerdings seien im Südosten von Nürnberg und am Plärrer, Ampeln und der Straßenbahnverkehr ausgefallen.

Feuerwehr Nürnberg spricht von 200 Einsatzstellen - Blitz sorgt für Brand in Fürth

Die Feuerwehr schrieb zwischenzeitlich von rund 200 Einsatzstellen. Inzwischen hätte sich die Lage aber wieder etwas entspannt. Ursache für den Ausfall der Ampeln sei vermutlich ein Blitzeinschlag in einen Stromkasten gewesen.

Blitze schlugen, so heißt es weiter, auch in Häuser ein. In Cadolzburg (Landkreis Fürth) brannte deshalb der Dachstuhl eines Wohnhauses. Die Löscharbeiten dauerten nach Angaben der Polizei am Donnerstagnachmittag zunächst an. Beim Kirchentag in Nürnberg sei alles in Ordnung, hieß es im Tweet der Feuerwehr.

Insgesamt gibt es vom DWD aber noch keine komplette Entwarnung. Es muss weiter örtlich mit Unwettern mit Hagel, Sturmböen und Starkregen gerechnet werden. Erst in der Nacht zu Freitag sollten die Schauer und Gewitter dann nachlassen.

Vorschaubild: © NEWS5/Höfig