Coronavirus: Schulen schließen? Das klingt nach Aktionismus - ein Kommentar

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Der Coronavirus breitet sich derzeit rasant aus. Symbolfoto: Marijan Murat/dpa
Der Coronavirus breitet sich derzeit rasant aus. Symbolfoto: Marijan Murat/dpa

Über 300 Menschen in Deutschland sind bereits mit dem Coronavirus infiziert. Deshalb wird die Forderung nach "Corona-Ferien" laut: Das schreit nach Aktionismus - ein Kommentar von Johannes Görz.

Der Coronavirus breitet sich in Deutschland aus, täglich werden neue Fälle und Verdachtsfälle gemeldet. In Italien, wo bereits über 100 Menschen an der Lungenkrankheit "COVID-19" gestorben sind, werden nun drastische Maßnahmen ergriffen: Schulen und Universitäten werden zwei Wochen lang geschlossen.

In Deutschland gibt es vereinzelt Forderungen nach "Coronaferien", etwa durch den Virologen Alexander Kekulé, Direktor am "Institut für Medizinische Mikrobiologie" der Universität Halle. Außerdem seien laut ihm alle Großveranstaltungen abzusagen und der Reisen innerhalb Deutschlands seien zu vermeiden.

Panik vor Coronavirus: Vorsorgemaßnahmen sind vernünftig

Es ist vernünftig, Vorsorgemaßnahmen zu treffen, die Bevölkerung zu informieren und zu sensibilisieren, aber jetzt alle Schulen und Kitas schließen für zwei Wochen - was soll das bringen? Dieser Vorschlag, den der Virologe aus Halle macht und ihn damit begründet, dass bisher zu wenig getan worden sei, ist aus verschiedenen Gründen falsch.

Zum einen ist es absolut halbherzig, nur Schulen und Kitas zu schließen (in Nürnberg wurden am Freitag zwei Schulen sowie Kinderhorte geschlossen). Als ob dort die einzigen Orte wären, an denen sich Menschen anstecken. Natürlich: Gerade Kindergärten sind oft ein wahres Paradies für Krankheiten. Wer Kinder hat und die Aushänge in den Einrichtungen kennt, weiß, wovon ich rede.

Aber wäre wirklich geholfen, wenn nur Schulen und Kitas zu wären? Was ist mit den Arbeitsstätten der lohnarbeitenden Bevölkerung? Dort kommen täglich viele Menschen zusammen, die sich Toiletten, Besteck oder Tastaturen teilen. Hier werden Menschen ebenfalls leicht zu Überträgern von Viruserkrankungen wie Grippe oder eben dem Coronavirus.

Mir will nicht eingehen, worin die eindämmende Wirkung liegen sollte, nur einige Einrichtungen (Schulen und Kitas) zu schließen, Büros und Fabriken aber offen zu lassen. Entweder man fordert drastische Maßnahmen oder eben nicht.

"Corona-Ferien" eine hohe Belastung

Was bedeutet diese Forderung an Belastung für Eltern, die dann Kleinkinder und Kinder zu Hause sitzen haben - in der Mehrzahl gesund, gelangweilt und unbetreut. Arbeitnehmer können nicht einfach zwei Wochen zuhause bleiben und Mobile Office ist nicht für alle zugänglich, gerade in Branchen mit Kundenkontakt, wie dem Verkauf. Alle Lebensmodelle jenseits der klassischen Alleinverdiener-Familie dürften durch "Coronaferien" stark überfordert sein. Die geforderte Maßnahme ist zu kurz gedacht und riecht doch arg nach Aktionismus.

Darüber hinaus: Täglich steigt die Anzahl der geheilten Menschen stärker als die Zahl der Neuerkrankungen. In Deutschland gibt es bei 349 gemeldeten Fällen keinen einzigen Todesfall. Das heißt nicht, dass wir die Gefahr einer grassierenden Viruserkrankung nicht ernst nehmen sollten. Für Risikogruppen wie Menschen in hohem Alter und chronisch Kranke ist sie absolut gefährlich und Gesunde sind zwar nicht gefährdet, aber eben doch Überträger.

Aber deshalb das zivile Leben quasi komplett zu stoppen, erscheint doch etwas übertrieben und würde, steht zu befürchten, die Panik, die viele dazu bringt, sinnlos Vorräte zu kaufen, noch anheizen.

Was bleibt, ist das, was die zuständigen Behörde auch bisher mitteilen: Vorbeugen durch angemessene Hygiene, Sensibilisierung und das Vermeiden von unnötigen Risiken. Ein ganzes Land in Quarantäne zu schicken gehört nicht zu dem, was jetzt ansteht.

Autor Rupert Mattgey ist anderer Meinung: Im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus gibt es nur eine Option: Schulen und Kindergärten schließen, und zwar jetzt.Das ist nicht "drastisch", sondern vernünftig - ein Kommentar.

Hinweis: Es handelt sich um einen Kommentar. Ein Kommentar spiegelt immer eine Einzelmeinung wieder, nicht notwendigerweise die Meinung der gesamten Redaktion.