Bei der Cold Water Challange fordern sich Feuerwehren zu lustigen Aktionen heraus. Während der ursprünglich karitative Sinn längst in den Hintergrund getreten ist, sorgt sich mancher inzwischen auch um den guten Ruf der Wehren.
Die Videos sorgen derzeit für einiges Aufsehen im Internet. Auf Youtube oder Facebook sind die nur wenige Minuten langen Filme zu sehen. Gedreht haben sie Feuerwehrler aus dem Landkreis Forchheim. Die Hauptrollen haben sie praktischerweise auch gleich übernommen.
Da lassen sich dann zum Beispiel Männer in Hartschalenrettungstragen schnallen, mit einem Seil in einige Meter Höhe ziehen oder solange mit Wasser aus Feuerwehrschläuchen bespritzen, bis sich die Trage immer schneller um die eigene Achse dreht. Plötzlich fliegt ein Helm davon.
Das eine oder andere Bier Auf anderen Videos springen Feuerwehrler aus schwindelerregender Höhe. Was die meisten dieser Videos gemeinsam haben: Die Protagonisten kippen das eine oder andere Bier hinunter, und mit Wasser wird ebenfalls kräftig gespritzt.
Cold Water Challenge nennt sich dieses Spiel, dessen filmische Dokumentation auch Unbeteiligte später im Internet verfolgen können. In Grundzügen geht es darum, dass die Feuerwehrler lustigen Quatsch machen, sich gegenseitig nass spritzen - und anschließend drei weitere Feuerwehren nominieren. Die müssen sich dann ganz ähnlichen Herausforderungen stellen und dürfen anschließend selbst wieder drei Wehren nominieren. So geht das immer weiter. 48 Stunden Zeit haben die nominierten Wehren, um sich eine Aktion auszudenken und diese auf Video zu dokumentieren. Leistet man der Nominierung nicht Folge, soll man der Wehr, von der man vorgeschlagen worden ist, ein Grillfest spendieren.
Logik der Eskalation Das Spiel gehorcht dem Prinzip der schrittweisen Eskalation: Die anfangs eher harmlosen Filmchen haben sich inzwischen in eine Richtung entwickelt, bei der manche Wehren auch vor riskanteren Aktionen nicht zurückschrecken. Es geht schließlich auch immer darum, die anderen Wehren zu übertrumpfen.
Es gibt Landkreise, die ihren Wehren die Teilnahme an dem Spiel inzwischen verboten haben. Der Landkreis Forchheim gehört nicht dazu. "Grundsätzlich ist gegen das Spiel nichts zu sagen", sagt Florian Burkhardt. Ganz wohl ist dem Pressesprecher des Kreisfeuerwehrverbands Forchheim trotzdem nicht. Zum Beispiel auch deshalb, weil die Feuerwehrler dabei nicht versichert sind. Denn in Aktion trete da nicht die Feuerwehr, sondern immer nur Privatpersonen.
Die Cold Water Challenge mag den Beteiligten eine Menge Spaß machen und auch die Zuschauer im Internet zum Schmunzeln bringen. Mit dem eigentlichen Spiel das das dennoch nicht mehr viel zu tun. Burkhardt erinnert sich daran, dass die Wehren anfangs ins Wasser springen mussten. Gelang ihnen dies aus welchen Gründen auch immer nicht, mussten sie an Paulinchen e.v. spenden. Der Verein kümmert sich um Kinder mit Brandverletzungen. "Das war eine Sache, die durchaus dem Geist der Feuerwehr entspricht", sagt Burkhardt.
Allerdings war von dem edlen Zweck schon bald keine Rede mehr. Irgendeine Wehr muss damit begonnen haben, die Sache mit dem Spenden aufzugeben. Stattdessen ging es jetzt darum, im Fall des Scheiterns der anderen Wehr ein Grillfest zu bezahlen.
Plantschen in voller Montur Auch die Feuerwehr in Pommer nahm an der Challenge teil.
Allerdings trieben sie das Ganze nicht auf die Spitze. Sie spritzen sich zwar nass, nahmen das Wasser aber nicht aus dem Hydranten, sondern aus dem fließenden Bach im Ort.
Die Hiltpoltsteiner Wehr rückte ihrerseits aus, um eine junge Frau aus einem privaten Swimmingpool zu retten. Die Gräfenberger Feuerwehrler stellten ein Planschbecken auf und setzen sich anschließend hinein. In voller Montur, versteht sich. Wasser sei nicht mehr als unbedingt, verbraucht worden, Schläuche oder andere Geräte unbeschädigt geblieben. Darauf legen die Wehren Wert: "Man sollte nicht vergessen, dass es sich hier um Gemeindeeigentum handelt. Die Ausrüstungsgegenstände und die Fahrzeuge sind Eigentum der Kommunen", sagt Burkhardt. Kurzum: "Es wird mit aus Steuergeldern beschafftem Material gespielt."
Ganz so einsichtig waren aber nicht alle Wehren im Kreis.
Ihre Videos im Internet legen davon Zeugnis ab, heißt es in Feuerwehrkreisen. Wer es besonders bunt getrieben und dabei auch Geräte missbraucht hat, möchte aber keiner sagen. Das gehöre sich unter Kameraden nicht.
Lieber ein Glas Wasser Burkhardt will ebenfalls keine Namen nennen, wenngleich er durchaus wütend über das ist, was er zum Teil sehen musste: "Aus einem C-Rohr kommen pro Minute 100 Liter Wasser mit acht Bar Druck heraus", schüttelt er über das seiner Ansicht nach fahrlässige Verhalten den Kopf. Zudem fürchtet Burkhardt, dass die Videos dem Image der Freiwilligen Feuerwehren nicht unbedingt zuträglich sein könnten. Darum sei es ohnehin nicht bestens bestellt: "Das bringt uns nie von dem Vorurteil weg, die Feuerwehr sei in Wahrheit eine Feierwehr."
Die Gosberger Feuerwehrler hatten wohl ein Gespür für derlei Fallen.
Deshalb haben sie bei ihrer Aktion auch kein Bier getrunken: "Wir haben uns lieber für ein kühles Wasser mit Limettenscheiben entschieden", sagt Andreas Greif. Er ist Gruppenführer der Gosberger Feuerwehr. Überhaupt haben die Gosberger die Cold Water Challenge auf ihre ganz eigene Weise interpretiert. Wer auf eine feucht-fröhliche oder riskante Handlung hofft, wartet vergebens. "Die teilweise gefährlichen Videos untergraben die hervorragende Arbeit, die täglich von den Wehrleuten geleistet wird", ärgert sich Greif.
Die Gosberger machten es anders: Sie bauten d mit eigenen Händen fast ein komplettes Feuerwehrhaus. "Das wollten wir mit der Challenge verbinden", erklärt Greif.
Wurzeln der Unschuld Im entsprechenden Videofilmchen sind die Gosberger Feuerwehrleute dabei zu sehen, wie sie mit Holzplatten, Zeichenstift und Hammer hantieren.
"Dabei waren auch noch alle versichert", fügt Burkhardt an. Das ungewöhnliche Video der Gosberger Wehr hat es bislang immerhin auf 1100 Klicks bei Youtube und viele weitere positive Kommentare auf Facebook gebracht.
Auf diese Weise sind die Gosberger dem eigentlichen Sinn der Cold Water Challenge näher gekommen als viele
andere. Jeder, der bei der Aktion mitgemacht hat, zahlte zwei Euro. "Das Geld erhält die Lebenshilfe, ebenso wie die Wehr, die uns nominiert hat", sagt Greif. Das war die Feuerwehr in Kirchehrenbach. Sie hat das Spiel damit vielleicht zu seinen unschuldigen Wurzeln zurückgeführt.